Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Verhältnis sollte gewahrt bleiben

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OBERALLGÄU (sz) - Jemand lässt seinen Anhänger sichtbar auf seinem Privatgrun­dstück stehen. Die Polizei fährt vorbei und erkennt, dass der TÜV des Anhängers bereits seit längerer Zeit abgelaufen ist. Daraufhin erhält der Besitzer einen Bußgeldbes­cheid sowie einen Punkt in Flensburg. Ist das rechtens?

Ja, sagt Holger Stabik, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West in Kempten. Tatsächlic­h passierte genau das im Oberallgäu. Die Polizeibea­mten hätten vollkommen richtig gehandelt, sagt der Pressespre­cher.

Anders sieht das Andreas Schwarz, der Halter des betreffend­en Anhängers. „Mein Anhänger war weder im öffentlich­en Straßenver­kehr unterwegs noch war er in diesem Bereich abgestellt“, sagt der Sonthofene­r. Das sei allerdings auch nicht nötig, so Stabik. „Der TÜV soll nachweisen, dass ein Fahrzeug oder in diesem Fall ein Anhänger verkehrssi­cher ist.“Da spiele es keine Rolle, ob sich das Objekt auf öffentlich­em oder privatem Gelände befinde.

Andreas Schwarz sieht zwar ein, dass die Polizei hier nur das Gesetz befolgt hat. Er kritisiert aber das fehlende Fingerspit­zengefühl der Beamten: „Für einen Autofahrer mit Handy am Ohr gibt’s dieselbe Strafe.“Nämlich 100 Euro Bußgeld plus Bearbeitun­gsgebühr und einen Punkt in Flensburg. „Wo ist da die Verhältnis­mäßigkeit?“, fragt sich Schwarz.

Für die Polizei jedoch sei das ein „Allerwelts­delikt“. Die Beamten sind laut Stabik geschult, abgelaufen­e TÜV-Plaketten schnell zu erkennen. Dass Polizisten in Gärten rumschnüff­eln würden, um nach Fahrzeugen und dergleiche­n mit abgelaufen­em TÜV zu schauen, dementiert Stabik vehement: „Das ist nicht unsere Aufgabe und ohne Grund auch gar nicht erlaubt.“

Doch was hätte Andreas Schwarz tun müssen, um nicht bestraft zu werden? „Es ist nicht verboten, den Anhänger mit einer Plane abzudecken oder in die Garage zu stellen, wo ihn niemand sieht“, erklärt Stabik. Die einfachste Variante wäre jedoch, den TÜV des Anhängers entweder zu verlängern oder ihn abzumelden. Vom Abmontiere­n der Kennzeiche­n bei abgelaufen­em TÜV ohne die Abmeldung des Fahrzeuges beim Landratsam­t rät der Polizeispr­echer allerdings strikt ab: „Das würde unter Urkundenun­terdrückun­g fallen und ist eine Straftat.“Ein solches Vergehen käme den Halter also noch teurer als das Abstellen ohne gültige Hauptunter­suchung.

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