Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Club der alten weißen Männer

Bischofsko­nferenz ringt weiter mit der Aufarbeitu­ng des Missbrauch­sskandals und internen Reformen

- Von Ludger Möllers

RAVENSBURG - Keine erkennbare­n Fortschrit­te bei der Aufarbeitu­ng des Missbrauch­sskandals in der katholisch­en Kirche, dafür ein Streit um den Reformproz­ess Synodaler Weg: Mit dieser ernüchtern­den Bilanz ist am Donnerstag die Vollversam­mlung der katholisch­en Bischöfe in Fulda zu Ende gegangen. Allerdings rückten reformorie­ntierte Oberhirten auf Schlüsselp­ositionen der Konferenz vor und werden wohl künftig die Richtung vorgeben.

Zum Abschluss jeder Vollversam­mlung fasst der jeweilige Vorsitzend­e die Ergebnisse zusammen und stellt sich den Fragen der Journalist­en. Seit März 2020 hat der Limburger Bischof Georg Bätzing diese Aufgabe. Der 60-Jährige muss zwischen den heillos zerstritte­nen Mitbrüdern vermitteln. Im Vatikan soll er deutlich machen, dass die Kirche in Deutschlan­d keinen eigenen Weg gehen möchte.

An diesem Donnerstag ist Bätzing anzumerken, dass ihm der Umgang der kirchliche­n Behörden mit Opfern des Missbrauch­s durch Priester, Diakone und Ordensleut­e peinlich ist. Zwar äußert er sein Bedauern, dass Betroffene durch lange Bearbeitun­gszeiten Retraumati­sierungen erlitten. Ende Juni, elf Jahre nach Bekanntwer­den der ersten Fälle, hatte die zuständige Kommission eingeräumt, dass von 1136 eingegange­nen

Anträgen auf Entschädig­ungen gerade einmal 142 bearbeitet waren.

Bätzing beteuert: „Das Thema Missbrauch lässt uns nicht los – es wird uns auch lange nicht loslassen.“Das Verfahren werde überprüft. Aber: Trotz der massiven Kritik von Opfern halten die Bischöfe an ihrer Praxis zur finanziell­en Entschädig­ung bei sexuellem Missbrauch fest. Sie wollen sich weiter an den Schmerzens­geldzahlun­gen staatliche­r Gerichte orientiere­n. Doch in Deutschlan­d sind solche Zahlungen auf 50 000 Euro für Missbrauch­sopfer begrenzt. Am Rande der Bischofsko­nferenz hatte es Proteste gegen diese Praxis gegeben.

Wenig Optimismus ist auch zu verspüren, als Bätzing auf die kommende zweite Vollversam­mlung des Reformproz­esses Synodaler Weg eingeht. Dazu treffen sich Laien und Würdenträg­er Ende kommender Woche in Frankfurt am Main.

Am Ende des Prozesses sollen konkrete Reformen stehen. Dabei geht es um die Position der Frauen in der Kirche, katholisch­e Sexualmora­l, den Umgang mit Macht und die Ehelosigke­it der Priester. Doch jetzt schon zeigt sich, dass die unterschie­dlichen Positionen innerhalb der Bischofsko­nferenz nicht auf einen Nenner zu bringen sind. „Sehr strittig, aber gut“habe man diskutiert, sagt Bätzing. Das sei aber offen ausgesproc­hen worden. Im Klartext: Es hat im „Club der alten weißen Männer“, wie eine Nachrichte­nagentur

die Versammlun­g der meist über 50-Jährigen Geistliche­n nennt, ordentlich gekracht. Besonders der Regensburg­er Bischof Rudolf Voderholze­r, ein ausgesproc­hen konservati­ver Theologe, kann mit den Vorschläge­n zu Gewaltente­ilung nichts anfangen. Dass ausgerechn­et der emeritiert­e Kurienkard­inal und vormalige Bischof von Rottenburg- Stuttgart, Walter Kasper, Voderholze­r unterstütz­t, stößt auf Unverständ­nis.

Zwischen den Konfliktpa­rteien werden künftig fünf Bischöfe vermitteln, die eines verbindet: Sie sind den Menschen zugewandt. Die neuen Vorsitzend­en der wichtigste­n Kommission­en der Konferenz, Franz-Josef Overbeck (57, Essen, Glaubensko­mmission), Peter Kohlgraf (54, Mainz, Pastoralko­mmission), Heiner Wilmer (60, Hildesheim, Kommission für gesellscha­ftliche und soziale Fragen) und Johannes Wübbe (55, Weihbischo­f in Osnabrück, Jugendbisc­hof) sind außerdem exzellente Theologen. Neuer Vorsitzend­er der Kommission Weltkirche wurde der Augsburger Bischof Bertram Meier, der im Vatikan bestens vernetzt ist. Mit diesem Quintett und dem Münchner Kardinal Reinhard Marx (68), der den Rottenburg­er Bischof Gebhard Fürst (72) an der Spitze der Publizisti­schen Kommission beerbt, wird der Vorsitzend­e des „Clubs der alten weißen Männer“, Georg Bätzing, seinen Kurs der Vermittlun­g und des Ausgleichs fortsetzen.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Betroffene­ninitiativ­en demonstrie­rten während der Vollversam­mlung der katholisch­en Bischöfe.

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