Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Das ungleichst­e Duell der Liga

Bayern trifft auf Greuther Fürth – Söder appelliert und fände ein Unentschie­den fair

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Was hatte die damalige SpVgg Fürth vor exakt 100 Jahren, was der FC Bayern seinerzeit noch nicht hatte? Einen Meistertit­el, den von 1914. Zwei weitere (1926 und 1929) kamen hinzu, ehe die Münchner erst 1932 ihre mittlerwei­le museenfüll­ende Titelsamml­ung starteten. Seit der ersten Bundesliga-Schale 1969 sind bis dato 29 Meistersch­aften hinzugekom­men, während man in Mittelfran­ken nach dem Zweiten Weltkrieg lediglich auf einen Titel verweisen kann: Als Meister der Zweiten Bundesliga stieg man 2012 auf. Und ein Jahr später – ohne einen einzigen Heimsieg – als Schlusslic­ht wieder ab. Beides will man im zweiten Bundesliga­jahr, nun als SpVgg Greuther Fürth, verhindern.

Die aktuelle Prognose nach nur fünf Spieltagen mit lediglich einem Pünktchen und 3:13 Toren? Wird schwer. Sieht auch Bayerns Trainer Julian Nagelsmann vor dem Duell am Freitagabe­nd (20.30 Uhr, DAZN live) im Sportpark Ronhof so. „Die Vorzeichen der beiden Clubs sind total unterschie­dlich. Fürth ist aufgestieg­en. Sie merken jetzt zu Beginn der Saison, dass es nicht so leicht ist, sich in der Bundesliga zu behaupten.“Und dann startete der 34-Jährige eine Schnellfra­gerunde, die er jeweils selbst beantworte­te: „Dass wir Favorit sind? Klar! Dass wir gewinnen wollen? Klar! Dass wir Tabellenfü­hrer bleiben wollen? Auch klar!“Liegt also ein klarer Fall vor, den Underdog zu unterschät­zen? Nagelsmann meinte erst spöttisch: „Ich liebe ja solche Fragen.“Und erklärte dann vehement: „Es ist absolut sinnbefrei­t, einen Gegner in der Bundesliga zu unterschät­zen.“

Siehe das ziemlich deutliche, aber noch milde ausgefalle­ne 7:0 letzten Samstag gegen den anderen Aufsteiger, gegen den VfL Bochum. Folgt nun Teil zwei des Schützenfe­stes? Da hilft dem Kleeblatt nur ein Haufen Dusel beim Duell: Der Letzte gegen den Ersten, der Kleinste gegen den Größten – mehr David gegen Goliath geht nicht. Das zeigt ein Vergleich der beiden Vereine, deren Welten nicht verschiede­ner sein könnten.

Für Fürths Sportchef Rachid Azzouzi sind es „Galaxien“. Ein – zugegeben – unfairer, aber doch spannender Vergleich:

Die Erfolge: Neben der Zweitligam­eisterscha­ft 2012 errangen die Fürther zwei Titel mit einem großen „Aber“– immerhin. 1969 gewann man den Intertoto-Cup, der damals eher eine Testspielr­eihe denn ein richtiger Europapoka­lwettbewer­b war. Im Jahr 2000 wurde man DFBHallenp­okalsieger – aber nur, weil nach dem Finale, das Borussia Mönchengla­dbach mit 3:2 gegen die Franken gewann, Gladbach-Profi Quido Lanzaat positiv auf Doping getestet wurde. Für die Grün-Weißen ein Erfolg am Grünen Tisch. Und die Bayern? Es seien nur die beiden TripleTriu­mphe 2013 und 2020 erwähnt.

Der Umsatz: Hier 22,6 Millionen Euro, dort 698 Millionen Euro (so der Jahresabsc­hluss 2019/20). Dass Bayerns Umsatzverl­ust durch die Auswirkung­en

der Corona-Pandemie rund 150 Millionen Euro beträgt, macht die Zahlen im Vergleich noch unwirklich­er.

Der Marktwert: Bei Fürth kommt der Kader laut transferma­rkt.de auf einen Gesamtmark­twert von 39,23 Millionen (noch vor den Bochumern mit 36,9), bei Bayern sind es satte 852,9 Millionen. Allein zehn Spieler liegen über dem Wert von Fürth, Joshua Kimmich bei 90 Millionen.

Das Gehaltsvol­umen: Der Etat von Fürths Profi-Kader beträgt 17,5 Millionen – bescheiden­er und günstiger geht’s kaum. Das Jahresgeha­lt von Robert Lewandowsk­i liegt weit drüber, Manuel Neuer Thomas Müller, Joshua Kimmich, Leroy Sané, Leon Goretzka und Lucas Hernández dürften in dieser Region liegen.

Die Fans: Hier 58 Fanclubs mit etwa 2.500 Mitglieder­n, dort laut Vereinshom­epage 4.417 Fanclubs mit 359 142 Mitglieder­n (Stand: 1. September),

womöglich kamen seitdem 2500 hinzu.

Die Stadien: Fürths schnuckeli­ger Sportpark Ronhof ist aktuell mit einer Kapazität von 16 636 das kleinste Stadion der Liga. In Bayerns Allianz Arena, mit den 75 000 Fans bei Vollauslas­tung eine Goldgrube, findet nach 2012 auch das Champions-League-Finale 2025 statt.

Und doch gibt es eine Statistik, in der die Fürther den Bayern etwas voraushabe­n: Die SpVgg rangiert auf Platz eins der ewigen Tabelle der Zweiten Bundesliga – Kunststück. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder, geboren in Nürnberg und lange Jahre im Aufsichtsr­at des fränkische­n Erzrivalen FCN, wünscht sich übrigens – ganz im Landesvate­rmodus – ein 0:0. „Herr Neuer kassiert kein Tor, die anderen schießen auch keines“, sagte Söder mit einem Augenzwink­ern Wenn Politiker Träume haben ...

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FOTO: ZINK/IMAGO IMAGES 5:0?, 6:0?, 7:0? Oder doch die große Überraschu­ng? Der Aufsteiger um Marco Meyerhöfer will mutig sein.

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