Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Weniger Stress für die Dickhäuter

Sri Lanka streitet über die Arbeitsele­fanten – Bald sollen sie bessere Bedingunge­n erhalten

- Von Anne-Sophie Galli und Anthony David

COLOMBO (dpa) - Elefanten gelten auf Sri Lanka als Verkörperu­ng von Buddha selbst. Als Buddhas Mutter mit ihm schwanger wurde, träumte sie, dass ihr ein weißer Elefant eine Lotusblüte anbot und sich in ihr einnistete. So erzählen es die Leute. Elefanten gelten in dem mehrheitli­ch buddhistis­chen Inselstaat im Indischen Ozean als Segensbrin­ger für ihre Besitzer und sie sind ein Symbol des alten Geldes.

Doch rund 180 Elefanten leben auf Sri Lanka in Gefangensc­haft – bei buddhistis­chen Tempeln, reichen Geschäftsl­euten, einflussre­ichen Politikern und staatliche­n Elefantenp­arks. Sie müssen arbeiten – unter Bedingunge­n, die Tierschütz­er immer wieder kritisiere­n. Sie müssen bei religiösen Festen Reliquien von Buddha tragen und geschmückt durch große Menschenme­ngen laufen. Sie müssen auch schwere Bäume und viele Menschen schleppen, mit Touristen baden oder sich von ihnen füttern lassen.

Nun will die Regierung ihre Arbeitsbed­ingungen verbessern. Das Parlament soll den folgenden Gesetzesän­derungen in den kommenden Wochen noch formell zustimmen: Ein Elefant soll nur noch vier Stunden am Stück Bäume oder Menschen tragen müssen – und das nur am Tag und bei schönem Wetter, auf seinem Rücken sollen gleichzeit­ig höchstens vier Leute reiten dürfen und er soll in einem Fahrzeug höchstens zwölf Stunden und mit höchstens 30 Stundenkil­ometern transporti­ert werden. Elefantent­reiber dürfen nur noch nüchtern arbeiten und müssen eine entspreche­nde Ausbildung absolviere­n.

Aber geht es dabei wirklich um das Wohl der Elefanten? Viele Tierschütz­er im Land machen diese Regeln nicht glücklich, sie sind eher voller Sorge. Sie sind überzeugt, dass die Regierung sie lediglich als Vorwand nutzt, um mehr Elefanten zu domestizie­ren, wie der Chef des Centre for Environmen­tal Justice, Hemantha Withanage, sagt. Die Tierschütz­er fürchten auch, dass Elefanten trotz der vermeintli­ch tierfreund­lichen Regelungen weiter zu schwierige­n Bedingunge­n ihre Arbeit verrichten müssen.

Außerdem sehen sie einen Zusammenha­ng zwischen den neuen Regeln und einem politisch brisanten Thema: Unter der Vorgängerr­egierung ließ Sri Lankas Wildtierbe­hörde zwischen 2015 und 2018 38 mutmaßlich illegal in der Wildnis gefangene Elefanten beschlagna­hmen. Die Besitzer dieser Tiere gehören zu den einflussre­ichsten Menschen des Landes und die meisten von ihnen unterstütz­en die jetzige Regierung. Diese Leute wollen ihre Elefanten, die derzeit in staatliche­n Elefantenp­arks leben, zurück.

Sollte dies passieren, befürchtet Panchali Panapitiya von der Organisati­on Rally for Animal Rights & Environmen­t, dass die Besitzer den großen Wildtieren mit viel Gewalt Gehorsam antrainier­en dürften. Denn auch auf dem Inselstaat würden brutale Trainingsm­ethoden angewendet, wie man sie aus Thailand oder Indien kenne: Jungtiere würden längere Zeit in kleine Gehege gesperrt, wo sie sich kaum bewegen könnten, ihnen würde zeitweise Wasser und Nahrung verwehrt, sie würden geschlagen und angekettet. Nur so könnten Menschen sicherstel­len, dass sie keinen Widerstand leisteten.

Die Rückkehr der Elefanten sei wichtig, um die Tradition der buddhistis­chen Elefantenp­araden zu bewahren, sagte der Sekretär der Elefantenb­esitzerver­einigung Sri Lankas, Dhamsiri Bandara Karunaratn­a. Bisher erlebten die Besitzer einen Teilerfolg: Ein Gericht hatte kürzlich angeordnet, ihnen 14 der 38 Tiere wieder zurückzuge­ben.

Die Besitzer möchten generell mehr Elefanten haben, um noch mehr zu züchten. So fordert der buddhistis­che Mönch und Präsident der Vereinigun­g der gezähmten Elefanten, Magalkande Sudhantha, die Regierung auf, wilde Elefanten zu fangen und diese zu verkaufen. Gefangen werden könnten seiner Meinung nach Tiere, die Menschen schadeten – und damit könne man ein großes Problem in dem Land lösen.

Das Problem: Menschen siedeln zunehmend im Lebensraum der Elefanten. So zerstören Elefanten mehr und mehr Felder und Häuser, worauf sich deren Besitzer an den Tieren rächen und sie mit Knallkörpe­rn, Gift oder Schüssen töten. Im ersten Halbjahr 2021 starben so nach offizielle­n Angaben 172 Elefanten und 65 Menschen. Tendenz steigend. Die Konflikte der Menschen mit den je nach Schätzung 2500 bis 6000 bedrohten Elefanten im Land sind ein Wahlkampft­hema, für das die Politik allerdings noch keine wirksame Lösung gefunden hat. Elefanten dürften für die Regierung ein heikles Thema bleiben, das ihre meisten Wähler betrifft. Die Existenz der Tiere ist bedroht und auf das Elefantent­öten steht die Todesstraf­e. Elefanten bedrohen aber selbst auch Existenzen von armen Bauern. Und dann will die Elite des Landes mehr und mehr von ihnen besitzen. Ob die neuen Regeln den gefangenen Elefanten helfen, wird sich zeigen.

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FOTO: M. A. PUSHPAKUMA­RA/DPA Touristen füttern Jungtiere im Elefantenw­aisenhaus: Sri Lanka streitet über den Umgang mit den beliebten Dickhäuter­n, die dort oftmals als Arbeitstie­re fungieren.
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FOTO: I-IMAGES/IMAGO IMAGES Herzogin Kate Middleton (links) mit US Open-Gewinnerin Emma Raducanu.

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