Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Oberreute lädt jetzt zum Waldbaden
Liegen, Hängematten und eine Besinnungsspirale helfen in Ihlingshof, zur Ruhe zu kommen.
OBERREUTE - Durch die Äste dringt das Sonnenlicht. Ein Bach plätschert. Aus der Ferne sind die Schellen von Weidevieh zu hören. Wer sich bei einer solchen Szenerie eine Hängematte oder eine Liege wünscht, um eintauchen zu können in die Ruhe eines Waldes, der ist ab sofort in Oberreute richtig. Der Arbeitskreis Tourismus der Gemeinde hat nämlich ein Waldbaden-Projekt realisiert. Nach einigen Verzögerungen bei der Lieferung der Möblierung ist es jetzt komplett.
Waldbaden – wer da an einen See denkt oder eine Badewanne mitten im Wald, der liegt falsch. Es geht im übertragenen Sinn um das Baden im Wald, die Ruhe dort zu erleben und selbst zur Ruhe zu kommen. An immer mehr Orten gibt es daher Waldbaden-Projekte. Den Trend hat der Arbeitskreis Tourismus in Oberreute schon 2018 erkannt. Ein Feriengast von Brigitte Kulmus brachte die Idee aus einer anderen Region mit und stieß damit auf offene Ohren. Der Arbeitskreis ist seit rund 20 Jahren aktiv und hat in dieser Zeit viele Projekte realisiert. Zuletzt finanzierte er Fitnessgeräte im Kurgarten und eine Panoramatafel am Oberberg. Das tut die zehnköpfige Gruppe mit Geld, das sie bei Festen einnimmt.
So organisiert der Arbeitskreis den jährlichen Weihnachtsmarkt, einen Flohmarkt und einen „Hock im Park“. Das Waldbaden-Projekt war finanziell dennoch eine Nummer zu groß. Hier halfen die Kontakte des früheren Bürgermeisters Gerhard Olexiuk zur Waldbesitzervereinigung Westallgäu (WBV). Die wiederum setzte sich für Fördergeld aus dem Weißtannen-Projekt ein, das Mittel aus dem europäischen Leader-Programm erhält. So waren 60 Prozent der rund 24 000 Euro Gesamtkosten schon einmal abgedeckt. 10 000 Euro steuerte der Arbeitskreis bei. Und weil auch die Gemeinde die touristische Aufwertung des Orts erkannt hat, ließ sie für 5000 Euro einige Parkplätze am Waldrand von Ihlingshof anlegen. Denn in diesem Ortsteil befindet sich das gut 4000 Quadratmeter große Grundstück, das Wolfgang Behmann kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Etwa die Hälfte davon nehmen die einzelnen Elemente und die angelegten Wege ein. Drei Liegen, zwei Hängematten, eine Sitzbank gleich am Eingang, ein Waldsofa samt Wurzeltisch und eine
Besinnungsspirale samt Summtonne bilden die Ausstattung.
Im nächsten Jahr will die WBV noch eine Informationsstele rund um die Weißtanne aufstellen. Aber das Wesentliche ist die Natur. Um sie auf bewusst ruhige Weise erlebbar zu machen, haben einige Mitglieder des Arbeitskreises selbst Hand angelegt. In 500 ehrenamtlich geleisteten Stunden haben sie Zweige gesammelt, Wege freigeschnitten, Wurzelstöcke freigehackt, einen Zaun aus Ästen gefertigt und sogar einzelne Bäume gefällt, die als nicht verkehrssicher galten. Amelie Breher hat eigens Fotos für die aufgestellten Tafeln und einen Prospekt gemacht. Grafisch gestaltet hat all dies Michaela Müller.
Letztlich ist es zum Projekt vieler Akteure aus Oberreute geworden. Das gefällt Bürgermeister Stefan Schneider besonders daran: „Toll, dass so viele Leute im Ort aktiv waren.“Für ihn ist das Waldbaden eine Optimierung des Tourismusangebots, das allerdings auch Einheimische kostenlos nutzen können.
Ganz reibungslos verlief die einjährige Entstehungsphase nicht: Gleich zweimal ist der Beulebach über seine Ufer getreten. Das ist kaum zu glauben, denn bei schönem Wetter grenzt der Bach den Bereich idyllisch ab.