Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Schaulaufen um die Laschet-Nachfolge
Beim Deutschlandtag der Jungen Union werben mögliche CDU-Vorsitzende um die Jugend
MÜNSTER - Nahezu jeder, der bei der Neuaufstellung der CDU etwas werden will, hat vorbeigeschaut beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Münster: Friedrich Merz am Freitag, Jens Spahn und Carsten Linnemann am Samstag, Ralph Brinkhaus am Sonntag. Norbert Röttgen hielt kein Grußwort, war aber vor Ort. Am Ende stahl ihnen einer die Show, von dem das nicht unbedingt zu erwarten war: Noch-Parteichef Armin Laschet. Er übernahm selbstkritisch die volle Verantwortung für die historische Wahlniederlage – und machte zugleich deutlich, was sich aus seiner Sicht alles ändern muss.
Da sind zum einen die Indiskretionen, über die sich Laschet beklagte. Parteikollegen, die per Liveticker Journalisten und damit die Öffentlichkeit informierten, was gerade in Vorstandssitzungen und JamaikaVerhandlungen passiere. Deswegen habe er ein Handyverbot in den Vorstandsund Präsidiumssitzungen erlassen, das gelte, solange er Parteichef ist. Außerdem ein wichtiger Faktor: der Zusammenhalt. „Diese Tugend, Zusammenstehen, das müssen wir wieder lernen, wenn wir in Zukunft Wahlen gewinnen wollen“, sagte Laschet. „So wie der Zustand im Moment ist, kann es nicht weitergehen.“Die Union müsse jünger, weiblicher und solidarischer werden.
Für seine Rede bekam Laschet in der anschließenden Aussprache viel Zuspruch von der Jungen Union. Das können nicht alle, die darüber nachdenken, sich um den Parteivorsitz zu bewerben, von sich behaupten. Friedrich Merz sprach am Freitag von der Union als „insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall“. Da widersprach ihm nicht nur Laschet.
JU-Chef Tilman Kuban sagte den TV-Sendern RTL/ntv: „Friedrich Merz ist ein kluger Kopf, der sicherlich auch als Berater und Unterstützer mit dabei sein kann.“Was die Union jetzt aber brauche, seien „vor allem mehr junge, frische und unverbrauchte Köpfe in der Parteispitze“. Das ist für Merz auch dahingehend bitter, dass er im Duell mit Laschet um den Parteichef-Posten noch auf die Unterstützung der Jungen Union bauen konnte.
Die baden-württembergische JU sieht das anders als Kuban. Im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“hatte JU-Landeschef Philipp Bürkle mit Friedrich Merz als neuem CDU-Parteivorsitzenden geliebäugelt. „Friedrich Merz hat ein interessantes Angebot“, so Bürkle. „Sein Alter ist kein Ausschlusskriterium, im Gegenteil.“Er müsse zwingend in Zukunft eine wichtige Rolle in der Partei übernehmen. Gerade bei den
Jungen sei die Begeisterung für den Wirtschaftsexperten groß.
Zu den Gewinnern des Schaulaufens dürfen sich dann auch zwei junge Gesichter der CDU zählen, die beide allerdings schon lange in der ersten Reihe stehen: Gesundheitsminister Jens Spahn (41) und Carsten Linnemann (44), Vorsitzender der Mittelstandsunion. Spahn beklagte die Zerrissenheit in der Partei: „Wir haben an vielen Stellen, und das nicht erst seit ein paar Wochen, ein Klima des Misstrauens, das sich breitgemacht hat, und auch eine Krise des Zusammenhalts.“Spahn selbst habe Lust darauf, die neue CDU zu gestalten.
Linnemann sprach sich für eine Mitgliederbefragung zur Wahl des neuen Vorsitzenden aus. „Wir müssen wieder eine Mitgliederpartei werden.“Er forderte die CDU auf, Mut zu haben, „auch die ganz heißen Eisen anzupacken“, wie die Themen Rente und Verbeamtung. Beide, Spahn und Linnemann, bekamen viel Applaus.