Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Grünes Licht für Ampel-Koalitionsverhandlungen
Baden-Württembergs Finanzminister plädiert für Robert Habeck an der Spitze des Bundesfinanzministeriums
BERLIN - Robert Habeck ist bekannt für seine Metaphern. Mal war seine Partei eine Schraube. Mal war bei den Sondierungsgesprächen der „Keks noch nicht gegessen“. Beim kleinen Parteitag der Grünen in Berlin versuchte es der Co-Vorsitzende mit einem Fußball-Vergleich. Die Partei befinde sich in einem Umschaltspiel. Sie komme von der Defensive in die Offensive, von der Opposition in die Bundesregierung. Einen großen Schritt dorthin haben die Grünen nun gemacht. Die Delegierten stimmten am Sonntag für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen.
Zum Auftakt des kleinen Parteitags der Grünen hat Bundesgeschäftsführer Michael Kellner für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP geworben. „Dieses Land braucht eine Regierung der Tat“, sagte Kellner. Am Freitag hatten die Unterhändler der Ampel-Parteien ihr Sondierungsergebnis gemeinsam vorgestellt. Danach sollten in allen drei Parteien noch Gremien befragt werden. Die SPD hatte bereits am Freitag einstimmig für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen votiert. Am Montag will die FDP-Führung über diese Frage befinden.
Den Weg an die Macht will sich die Grünen-Spitze nicht kaputt machen lassen. Das wurde auf dem Parteitag deutlich. Kritik, wie sie am Sondierungspapier im Vorfeld von den Fridays-for-Future-Aktivisten formuliert wurde, begegneten die Delegierten überwiegend mit Lob am Sondierungsteam um Annalena Baerbock und Robert Habeck. Nur zwei Delegierte stimmten gegen Koalitionsverhandlungen. Die Partei will auf den letzten Metern keinen offenen Konflikt austragen, sondern möglichst geschlossen in die Verhandlungen mit SPD und Grünen gehen. Die könnten bereits nächste Woche beginnen – vorausgesetzt die Liberalen stimmen am Montag ebenfalls dafür.
Doch, betonte Robert Habeck, ein Sondierungspapier sei noch lange kein Koalitionsvertrag. Es sei ein Anfang.
„Noch ist nichts gewonnen. Aber die Chance, dass es ein großer Gewinn wird, für Bündnis 90/Die Grünen, für Deutschland, die ist mit den Händen zu greifen.“
Baerbock hob hervor, es sei beim Thema Klimaschutz im Sondierungspapier mit SPD und Grünen wahnsinnig viel erreicht worden. In den Koalitionsverhandlungen stehe aber auch noch einiges an Arbeit an. „Es wird immer wieder dazu kommen, dass wir auch bis in die Nacht heftig ringen“, sagte sie mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen voraus.
Co-Fraktionschef Anton Hofreiter betonte, dass dennoch bereits wichtige Grundlagen für den Klimaschutz gelegt wurden. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, verdeutlichte, unter welch schwierigen Umständen das Sondierungspapier entstanden sei. Es sei „kein Selbstläufer“und die erste Etappe. Nun müsse man hart verhandeln.
Über Personalien und die Verteilung von Ministerposten wollen die Grünen nicht reden. Das komme ganz zum Schluss. Dennoch ging das Spekulieren schon am Wochenende los. Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz sprach sich für Habeck als künftigen Bundesfinanzminister aus. Er könne sich niemand Besseren in diesem Amt vorstellen, schrieb der Baden-Württemberger bei Twitter. Anders sieht das der stellvertretende Parteivorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki. Dieser sieht naturgemäß seinen Parteichef, Christian Lindner, in der Position des Herrn über die Staatsfinanzen.
Das Finanzministerium gilt als Schlüsselministerium in der AmpelKoalition. Die FDP hatte sich schon im Sondierungspapier in wichtigen steuer- und finanzpolitischen Fragen durchgesetzt. Am Wochenende klang bei den Grünen durch: So einfach werden sie sich nicht geschlagen geben. „Wir wollen einen echten Aufbruch schaffen für zukünftige Generationen. Wir haben Lust aufs Machen“, betonte Baerbock. Und: Die Partei sei bereit, jetzt sehr sehr hart zu verhandeln.