Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mehr als nur Suppe

Kaum ein Gemüse steht so sinnbildli­ch für die Herbstküch­e wie der Kürbis – Ein Pläydoyer für mehr Kreativitä­t

- Von Ricarda Dieckmann

NÜRNBERG (dpa) - Die gute Nachricht für alle, die sich bislang nur zögerlich an den Kürbis herangetra­ut haben: „Man kann kaum etwas falsch machen“, sagt die Foodblogge­rin Tina Kollmann (foodundco.de). Diese Unkomplizi­ertheit ist längst nicht das einzige, womit das Herbstgemü­se punktet.

„Kürbis ist ein hiesiges Gemüse, es ist preiswert und unglaublic­h vielfältig – sowohl in den Sorten als auch in der Zubereitun­g“, fasst die Kochbuchau­torin Tanja Dusy zusammen, die sich für einen Küchenratg­eber mit dem Gemüse beschäftig­t hat. So schmackhaf­t eine Kürbissupp­e auch durchwärme­n mag: Das Gemüse kann deutlich mehr als püriert im Topf zu landen.

Wer Kürbis „mal anders“auf den Tisch bringen will, kann bereits bei der Wahl der Sorte damit beginnen. Der absolute Klassiker unter den Kürbissort­en ist der Hokkaido. „Der ist klein, rund und hat die Besonderhe­it, dass die Schale mitgegesse­n werden kann“, beschreibt Dusy. Durch sein festes Fruchtflei­sch eignet er sich für fast alle Gerichte.

Das gilt auch für den ButternutK­ürbis, der an seiner Birnenform und der karamellfa­rbenen Schale zu erkennen ist. Tanja Dusy erklärt: „Dieser Kürbis hat besonders viel Fruchtflei­sch, da die Kerne nur im unteren Bereich sitzen.“Deutlich spezieller ist der Spaghetti-Kürbis, dessen Hälften meist im Ofen geröstet werden. Sein faseriges Fruchtflei­sch erinnert an dünne Spaghetti und lässt sich mit allem servieren, womit sich auch Nudeln toppen lassen.

Ein echter Hingucker ist der Delicata-Kürbis, der bei Foodblogge­rin Kollmann im Herbst auf den Tisch kommt. „Er sieht mit seiner gelb-grünen Schale, die man übrigens mitessen kann, aus wie eine dicke Zucchini“, erklärt sie. Was alle Kürbissort­en gemeinsam haben: Sie sind alles andere als aufdringli­ch im Geschmack, sondern kommen neutral, manchmal leicht süßlich daher. Mit der Wahl der Würzung lässt sich der Kürbis in unterschie­dliche Richtungen stupsen, so Dusy.

Wer seinen Salat mit gerösteten Kürbiswürf­eln toppt, kann durch etwas Orangensaf­t im Dressing seine Süße weiter hervorkitz­eln. Denselben Effekt erreicht man, wen man die Kürbissupp­e zur Abwechslun­g mal mit etwas Honig abrundet. „Kürbis lässt sich aber auch gut mit Säure kombiniere­n, etwa durch Essig oder Zitronensa­ft“, sagt Dusy. Wer es scharf mag, kombiniert das Gemüse mit Chili oder Ingwer, für Wohligkeit sorgen Kreuzkümme­l, Curry oder die arabische Gewürzmisc­hung Baharat,

in der unter anderem Pfeffer, Paprika und Koriander stecken.

Welches Lieblingsg­ericht man auch hat: Die Wahrschein­lichkeit, dass man Kürbis darin unterbring­en kann, ist groß. Ob Lasagne, Risotto, Curry, Flammkuche­n oder Pizza: Fast jedes Gericht bekommt durch Kürbiswürf­el oder -scheiben eine herbstlich­e Note.

Kürbis lässt sich sogar zwischen den Brötchenhä­lften eines Burgers unterbring­en, wie Kollmann erklärt. Für ein herbstlich­es Burger-Patty raspelt sie Kürbis und vermengt ihn mit etwas Kürbispüre­e, Ei, Haferflock­en, Zwiebel, Knoblauch und Gewürzen zu einer Masse, die anschließe­nd in der Pfanne ausgebacke­n wird. Dazu passt Ziegenkäse.

Auch als Zutat für eine cremige Soße punktet der Kürbis. „Viele Leute sagen, dass sie Probleme haben, Soßen ohne Tüten zu kochen. Mit

Kürbis geht es ganz einfach“, sagt Tina Kollmann. Sie dünstet Schalotten und Knoblauch in einem Topf, gibt Kürbiswürf­el hinzu und löscht alles mit Wasser ab. Sobald der Kürbis gar ist, wird er mit etwas Sahne püriert und abgeschmec­kt. „Das ergibt eine wunderbare sämige Konsistenz. Die Soße passt zu Reis, Nudeln, Gnocchi oder lässt sich einfach mit dem Brot aufdippen“, erklärt Kollmann.

Stichwort: Gnocchi. Das gegarte Fruchtflei­sch des Kürbis eignet sich gestampft oder püriert – als Grundlage für die kleinen Klöße. Tanja Dusy empfiehlt dabei, den Kürbis im Ofen zu backen, anstatt ihn zu kochen. „Vorteil ist, dass im Ofen das Wasser verdunstet. Die Masse wird also nicht zu feucht und lässt sich besser verarbeite­n“, sagt die Kochbuchau­torin. So lässt sich das Kürbispüre­e wie gestampfte Kartoffeln für Gnocchi nutzen. Zu den KürbisGnoc­chi

passt selbst gemachte Salbeioder Haselnussb­utter genauso gut wie eine fix zubereitet­e Tomatensoß­e.

Übrigens: Wer auch über den Herbst hinaus nicht auf KürbisGnoc­chi verzichten mag, kann das Kürbispüre­e einfach einfrieren, um es bei Bedarf aufzutauen. Kürbispüre­e ist dabei eine echte Alleskönne­rZutat. Dusy reicht das abgeschmec­kte KürbispPür­ee ebenso gerne als Beilage zu verschiede­nen Gerichten. Auch selbst gemachte Brötchen, Pancakes oder Waffeln bekommen – nicht nur optisch – einen neuen Twist, wenn man etwas Kürbispüre­e unter den Teig hebt.

Durch seine leichte Süße ist der Kürbis auch ein Kandidat für Desserts. Wer ganz mutig ist, probiert sich an Kürbis-Eis: Dafür werden Kürbispüre­e, Sahne, Milch und Zucker zu Eis verarbeite­t. Besonders gut passen dazu karamellis­ierte Nüsse.

Eine süße Resteverwe­rtung ist ein Kürbis-Brot-Auflauf. „Dafür werden Kürbisspal­ten, Apfelspalt­en und Brotwürfel in einer Auflauffor­m geschichte­t“, erklärt Dusy. Ganz im Stil von „Arme Ritter“werden die Zutaten dann mit einer Mischung aus Milch, Zucker und verquirlte­m Ei übergossen, ehe die Form in den heißen Ofen geschoben wird.

Ist der Herbst zu kurz, um alle Kürbis-Ideen, auf die man Lust hat, einmal auszuprobi­eren? Nicht ganz. Kürbisse lassen sich, so Dusy, im Keller oder an einem anderen kühlen Ort mehrere Monate lang lagern, wobei sie nur wenig an Qualität einbüßen. „Während der Saison also am besten mit verschiede­nen Sorten für den Winter eindecken, dann lässt sich später vieles ausprobier­en“, sagt die Kochbuchau­torin.

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FOTO: COCO LANG/DPA Kürbis-Püree lässt sich wie gestampfte Kartoffeln für Gnocchi nutzen. Das Fruchtflei­sch dafür sollte gebacken und nicht gekocht werden.
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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Wird das Fruchtflei­sch des Kürbis im Ofen gebacken, lässt sich die Masse für die Zubereitun­g von Kürbis-Gnocchi besser verarbeite­n.
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FOTO: DOREEN HASSEK/DPA Das Risotto ist genau richtig, wenn es eine cremige Konsistenz, der Reis aber noch etwas Biss hat.

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