Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hohe Mieten werden zum Problem
Jungunternehmer sucht nach Alternativen, wenn es im Zentrum zu teuer wird
RAVENSBURG - Ravensburg hat mit Leerständen von Ladenflächen in der Innenstadt zu kämpfen. Das liege auch an den hohen Mieten, hatte Oberbürgermeister Daniel Rapp kürzlich öffentlich gesagt. Ein junger Geschäftsmann sieht das auch so. Und erwägt, Ravensburg wieder zu verlassen.
Die Stadtverwaltung will im Frühjahr nach Angaben von Oberbürgermeister Rapp mit Eigentümern von Immobilien im Ravensburger Zentrum ins Gespräch kommen. „Die Mieten und Pachten, die wir gewohnt waren, sind inzwischen zu hoch“, konstatierte Rapp.
Leerstände sind augenscheinlich in der Adlerstraße, auch am Marienplatz steht mit der geschlossenen Filiale der Modemarke Bonita ein weiteres Geschäft leer. Der Jungunternehmer Atakan Celik, der unweit in der Eisenbahnstraße 9 seit November 2020 sein „Pop-Up G’schäft“betreibt, wo er vor allem Hamamtücher verkauft, blickt kritisch auf die Entwicklung. Er sieht den Marienplatz in einer Abwärtsentwicklung, weil dort immer wieder inhabergeführte, örtlich verankerte Geschäfte schließen, so sein Eindruck.
Potenzial sieht er für den Einzelhandel in den kleinen Gassen, vor allem in der Unterstadt. Doch die Mietpreise, die für Gewerbeflächen verlangt werden, seien deutlich zu hoch. „Wenn das so bleibt, kann man in 1-aLage nichts mehr buchen, dann kommen die Ketten“, sagt er und fürchtet eine weitere Verdrängung kleiner Geschäfte.
Sein Mietvertrag in der Eisenbahnstraße laufe Ende April aus. Obwohl er durchaus Interesse hätte, weiterhin ein stationäres Geschäft in Ravensburg zu betreiben, denke er darüber nach, stattdessen in seinem Heimatort
Fronreute einen Showroom zu bauen. Dort sehe er die Chance, passgenau für seine Bedürfnisse Räume zu schaffen. Ohnehin verkaufe er viel über seinen Onlineshop. Die Stadtverwltung will aber zur Zeit junge Unternehmer ermutigen, ihre Geschäftsideen Mitten in der Stadt auszuprobieren. In einem Wettbewerb unter dem Titel „bravourös“werden demnächst die besten neuen Geschäftsideen prämiert. Die Ravensburger Stadtverwaltung führt den Wettbewerb auch in eigenem Interesse durch, um der Innenstadt der Zukunft ein Stück näher zu kommen.
Für eine dieser neuen Ideen steht jetzt ein Eröffnungstermin fest: Der schon vor einigen Wochen angekündigte „Späti“in der Kirchstraße öffnet erstmals am Freitag, 22. Oktober. Unter dem Namen „Day and Night“soll nach Vorbild von kleinen Läden in Großstädten wie Berlin nachts bis 22 Uhr das Einkaufen von Getränken, Tabak
und anderen Kleinigkeiten möglich sein, erklärt Geschäftsmann Ersin Güngör, der seinen Bekannten Sevkan Yanallak bei der Umsetzung der SpätiIdee begleitet. Ob am Wochenende länger aufbleibt, sei noch in Klärung. Güngör hatte zunächst angestrebt, an Wochenenden bis drei Uhr nachts geöffnet zu haben.
Auf die erste Ankündigung hin habe es Gespräche mit Anwohnern gegeben – und Güngör weiß: „Das größte Problem, das wir haben könnten, ist Ruhestörung.“Nach der Eröffnung wolle er erst einmal sehen, wie der Laden bei Öffnungszeiten bis 22 Uhr angenommen wird, ob es Bedarf für noch späteres Einkaufen gibt, und wie das Umfeld reagiert.
Der Standort Ravensburg gilt weiterhin über seine Grenzen hinaus als attraktiv: So kündigte die Möbelkette Ikea vor wenigen Tagen an, Ravensburg neben Wolfsburg als einen von zwei Standorten für den Versuch mit einem neuen Geschäftsmodell ausgesucht zu haben. Im Gänsbühl-Center wird ein sogenanntes „Ikea Pop-up“eröffnet, wo Kunden vor dem Küchenoder Kleiderschrankkauf beraten werden sollen. Die ebenfalls testweise eingerichtete Abholstation von Ikea in der Eywiesenstraße hingegen schließt zum Ende des Jahres.
Vom Eigentümer des GänsbühlCenters, der Geiger-Gruppe aus dem bayerischen Waltenhofen, sagt Michael Kromphorn: „Wir freuen uns sehr, mit diesem neuen Konzept Ikea weiterhin in Ravensburg halten zu können.“Er sei stolz, dass ein neuartiges Konzept im Gänsbühl-Center getestet werde. Das „Ikea Pop-up“werde sich im Erdgeschoss befinden. Noch sind dort aber alle Läden belegt. Welcher zum nächsten Jahr frei wird, könne er noch nicht mitteilen, so Kromphorn.