Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wie im Freizeitpark
SC Freiburg feiert stimmungsvolle Premiere im neuen Stadion – Pfosten verhindert den Sieg
Freiburg: Flekken - Gulde (46. Sallai, 80. Schade), Lienhart, Schlotterbeck - Sildillia, Maximilian Eggestein (90.+3 Keitel), Höfler, Günter - Jeong (75. Petersen), Höler, Grifo (90.+4 Demirovic). – Leipzig: Gulacsi Klostermann, Simakan, Orban, Gvardiol (78. Angelino) - Haidara, Kampl - Nkunku, Forsberg (67. Silva), Szoboszlai (78. Mukiele) Poulsen. – Tore: 0:1 Forsberg (32., Foulelfmeter), 1:1 Jeong (64.). – Zuschauer: 20 000. – Beste Spieler: Günter, Jeong – Simakan, Nkunku.
FC Augsburg – Arminia Bielefeld 1:1 (1:0) Augsburg: Gikiewicz - Gumny, Gouweleeuw, Oxford - Caligiuri (85. Sarenren-Bazee), Arne Maier, Strobl, Pedersen (78. Iago) Vargas (67. Cordova) - Hahn (85. Finnbogason), Zeqiri (67. Moravek). – Bielefeld: Ortega - Brunner, Pieper, Nilsson - Wimmer (46. Fernandes), Prietl, Kunze, Laursen Okugawa (46. Schöpf) - Robin Hack (88. Krüger), Serra (64. Klos). – Tore: 1:0 Oxford (19.), 1:1 Laursen (77.). – Zuschauer: 17 500. – Beste Spieler: Caligiuri – Ortega. Greuther Fürth – VfL Bochum 0:1 (0:0) Tor: 0:1 Losilla (80.). – Zuschauer: 10 586. – Beste Spieler: Tillman – Soares, Losilla. Bor. Dortmund – Mainz 05 3:1 (1:0) Tore: 1:0 Reus (3.), 2:0 Haaland (54., Handelfmeter nach VAR), 2:1 Burkardt (87.), 3:1 Haaland (90.+4). – Zuschauer: 63 812. – Beste Spieler: Can, Reus – Niakhate.
TSG Hoffenheim – 1. FC Köln 5:0 (1:0) Tore: 1:0 Bebou (31.), 2:0 Bebou (49.), 3:0 Baumgartner (51.), 4:0 Geiger (74.), 5:0 Posch (87.). – Zuschauer: 14 309. – Beste: Bebou, Grillitsch – Thielmann, Ehizibue. Union Berlin – VfL Wolfsburg 2:0 (0:0) Tore: 1:0 Awoniyi (49.), 2:0 Becker (83.). – Zuschauer: 10 978. – Beste Spieler: Luthe, Knoche, Awoniyi – Nmecha, Bornauw. Eintr. Frankfurt – Hertha BSC 1:2 (0:1) Tore: 0:1 Richter (7.), 0:2 Ekkelenkamp (63.), 1:2 Paciencia (78., Foulelfmeter). – Zuschauer: 32 000. – Beste Spieler: Kamada, Sow – Serdar, Piatek.
2. Bundesliga (10. Spieltag)
Hannover 96 – Schalke 04 0:1 (0:0) Tor: 0:1 Kaminski (90.+5). – Zuschauer: 39 500.
SC Paderborn – Jahn Regensburg 1:1 (0:1) Tore: 0:1 Makridis (2.), 1:1 Pröger (71.). – Zuschauer: 7213
1. FC Heidenheim – FC St. Pauli 2:4 (1:0) Tore: 1:0 Mohr (4.), 1:1 Burgstaller (55.), 1:2 Dittgen (56.), 1:3 Burgstaller (60.), 1:4 Dittgen (81.), 2:4 Kleindienst (85.). – Zuschauer: 8013.
FC Ingolstadt – Holstein Kiel 1:1 (0:1) Tore: 0:1 Pichler (13.), 1:1 Kutschke (46.). – Zuschauer: 9402.
Karlsruher SC – Erzgebirge Aue 2:1 (0:0) Tore: 1:0 Schleusener (46.), 2:0 Hofmann (67.), 2:1 Barylla (83.). – Zuschauer: 12 000. – Rote Karte: Gersbeck (Karlsruhe, 80.) nach Notbremse.
Hamburger SV – Fort. Düsseldorf 1:1 (1:0) Tore: 1:0 Glatzel (19.), 1:1 Bozenik (71.). – Zuschauer: 38.954. – Rote Karte: Prib (Hannover, 23., nach VAR) wegen Foulspiels. Darmstadt 98 – Werder Bremen 3:0 (1:0) Tore: 1:0 Holland (45.), 2:0 Pfeiffer (65.), 3:0 Pfeiffer (71.). – Zuschauer: 13 000. Dyn. Dresden – 1. FC Nürnberg 0:1 (0:1) Tor: 0:1 Krauß (21.). – Zuschauer: 16 000. Hansa Rostock – SV Sandhausen 1:1 (0:1) Tore: 0:1 Sicker (30., nach VAR), 1:1 Verhoek (54.). – Zuschauer: 21 200.
FREIBURG - Hereinspaziert und angeschnallt: Freiburg war bereit für die erste wilde Fahrt im neuen EuropaPark Stadion. Nach langer Planung und drei Jahren Bauzeit ist sie endlich fertig, die 76 Millionen Euro teure, neu strahlende Attraktion im Breisgau. Und gleich im ersten Pflichtspiel wurde deutlich, dass diese ein ähnlich hohes Spaßpotenzial besitzt wie der gleichnamige Freizeitpark im rund 35 Kilometer nordwestlichen Rust. Beim 1:1 (0:1) gegen Vizemeister RB Leipzig war beste Unterhaltung garantiert: Tore, Pfostentreffer, strittige Schiedsrichterentscheidungen und eine Atmosphäre, die von purer Ekstase bis zu respektvollem Schweigen reichte – eine Achterbahn der Gefühle. Bei der im Auslauf die Erkenntnis blieb, dass der SC Freiburg auch in der neuen Arena die Mannschaft der Stunde bleibt. Als einziges Team der Bundesliga sind die Breisgauer auch nach acht Spieltagen noch unbesiegt und belegen weiter den vierten Platz.
Schon beim Anmarsch der Fans auf die neue Arena im Nordwesten der Stadt war die freudige Anspannung zu spüren, auf den Tribünen sorgten die Zuschauer – mit 20 000 waren bei der Premiere selbstverständlich alle unter Corona-Bedingungen erlaubten Plätze besetzt – schon Minuten vor dem Anpfiff für beste Stimmung – und taten das auch noch nach dem Schlusspfiff. Mit Standing Ovations feierten die Anhänger ihr Team für einen erneut aufopferungsvollen Kampf, der am Ende beinahe noch mit dem Sieg belohnt worden wäre. Nicolas Höflers strammer Schuss aus 20 Metern landete jedoch nur am Pfosten. „Wir hatten viel Ärger in der zweiten Halbzeit“, musste RB-Coach Jesse Marsch zugeben. Freiburgs Christian Streich sah hingegen eine „herausragende Leistung“.
Die Stimmung erhielt allerdings einen traurigen Dämpfer: Auf der Südtribüne musste Mitte der zweiten Halbzeit ein Fan reanimiert und ins Krankenhaus abtransportiert werden. Pietätvoll schwiegen die Fans, rollten ihre Plakate ein, die Stadionregie verzichtete auf Musik und laute Durchsagen. „Das war eine hervorragende menschliche Reaktion“, lobte Streich nach Schlusspfiff. Er selbst habe die Situation gar nicht realisiert: „Ich war zu sehr im Spiel.“
Das war nicht zu übersehen. Von Beginn an stand der Trainer – wohl auch aufgepeitscht durch die herausragende Atmosphäre in der dichten Arena – unter Strom. Er gestikulierte, er schrie, versuchte, sich trotz der Lautstärke der Fans verständlich zu machen. In der 31. Minute brach es endgültig aus ihm heraus. Nach einem strittigen Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Daniel Siebert nach einem Foul von SC-Verteidiger Philipp Lienhart an Christopher Nkunku war Streich kurz davor, das Spielfeld zu stürmen. Eine gute Stunde später war im das sichtlich unangenehm. „Ich habe mich beim Schiedsrichter entschuldigt, es war zu viel“, sagte Streich. „Ich habe mich nicht korrekt verhalten und völlig berechtigt die Gelbe Karte bekommen.“Bei seiner Kritik am Strafstoß aber blieb er. „Wenn du den ersten pfeifst – und das ist kein Elfmeter –, dann ist der zweite auf jeden Fall auch einer“, meinte er mit Blick auf eine Szene, in der es aus seiner Sicht auch einen Strafstoß nach einem Foul gegen Lucas Höler hätte geben müssen.
Mit seiner emotionalen Art auf dem Platz und seinen authentischen und humoristischen Äußerungen abseits davon ist Streich selbst ein wichtiger Bestandteil der Attraktion SC Freiburg – auch wenn sich sein Gegenüber etwas mehr Unterhaltung erhofft hatte. „Ich bin von dieser Pressekonferenz mehr enttäuscht als vom Spiel“, scherzte Jesse Marsch. „Ich habe gedacht, bei dir geht es mehr um Politik oder so.“Streich erwiderte: „Du hast dich sehr gut vorbereitet: Bei dir lachen die Leute im Raum, bei mir schauen sie nur ernst.“Dabei verhielt es sich mit der Gemütslage nach dem 1:1 eigentlich genau umgekehrt: Während die Freiburger derzeit gut zu lachen haben, sind die Blicke bei den Leipzigern als Tabellenachter bitterernst. „Wir sind im Moment nicht gut genug. Ich weiß, dass die Ansprüche höher sind“, sagte Marsch. Dass am Dienstag in der Champions League Paris St. Germain um die Superstars Messi, Neymar und Mbappé wartet, macht die Situation nicht gerade leichter.
Immerhin blieb das erste Pflichtspieltor im Europa-Park Stadion einem Leipziger vorenthalten: Emil
Forsberg verwandelte den Strafstoß, der Streich hatte ausrasten lassen, zum 1:0 für RB. Für den ersten Treffer des Sport-Clubs im neuen Zuhause sorgte Wooyeong Jeong, der in der 64. Minute per Kopf zum Ausgleich traf. Das passte ins Bild der aufstrebenden Talente im Breisgau: Jeong ist erst 22 Jahre alt, der erneut starke Innenverteidiger Nico Schlotterbeck erst 21 und Bundesligadebütant Kiliann Sildillia, der auf der für ihn ungewohnten Rechtsverteidigerposition ein gutes Spiel zeigte, sogar erst 19.
Die Überzeugung der Jungspunde steht stellvertretend für das neue Selbstverständnis der Freiburger, die am Ende dem ersten Sieg im neuen Stadion sehr nahe kamen. Angesichts der starken zweiten Hälfte wären drei Punkte für die Gastgeber, die in der Verfassung der vergangenen Wochen ein klarer Europacup-Anwärter sind, verdient gewesen. Der wieder einmal überragende SC-Kapitän Christian Günter sprach zwar von einem „insgesamt gelungenen Einstand“, gab aber gleichzeitig zu Protokoll, dass „mehr für uns drin gewesen ist“.
Die Freude über die geglückte Premiere im neuen Stadion, ließen sich die Breisgauer davon aber nicht nehmen. „Es war perfekt, auch wie die Fans uns angefeuert haben“, beschrieb Streich die Atmosphäre im EuropaPark Stadion. „Es wird brutal laut und emotional. Aber die Mannschaft spielt natürlich im Moment auch in einer Art und Weise, wo du auch mitgerissen wirst.“Wie im Freizeitpark eben.