Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Lange Haftstrafe­n im Singener Clan-Prozess

Streit in aller Öffentlich­keit endet blutig – Gericht hält „ganz empfindlic­he Freiheitss­trafen“für angemessen

- Von Uwe Roth und Mirjam Uhrich

STUTTGART/SINGEN (dpa) - Schon seit Jahren sind zwei syrische Clans verfeindet, mitten in Singen (Landkreis Konstanz) bekämpften sie sich bis aufs Blut: Sechs Männer müssen nach dem Angriff für mehrere Jahre ins Gefängnis, zwei Angeklagte kommen mit einer Bewährungs­strafe davon. Das Landgerich­t Konstanz verurteilt­e sie am Montag wegen gefährlich­er Körperverl­etzung im Hochsicher­heitsgeric­ht in Stuttgart-Stammheim.

Es war „ein äußerst brutaler Überfall“im Dezember vergangene­n Jahres, betonte der Vorsitzend­e Richter. Mit „einer Skrupellos­igkeit“seien die acht Angeklagte­n auf die verfeindet­e Familie losgegange­n – mitten am Tag, in aller Öffentlich­keit.

Ein Video von der Tat zeigt, wie die Männer mit einem Radkreuz, einer Fahrradket­te und einem Stock auf drei Opfer einschluge­n. Auch ein Messer war im Spiel. Ein Mann erlitt erhebliche Schnittver­letzungen. Wegen des großen Blutverlus­ts sei er „in eine lebensgefä­hrliche Situation gekommen“, erklärte der Vorsitzend­e Richter. Narben zeichnen sein Gesicht, er ist noch immer arbeitsunf­ähig.

Das Gericht bewertete den Übergriff als zielgerich­tete Gruppentat. Die Vorbereitu­ngen liefen über einen Chat, die Angeklagte­n seien planmäßig und arbeitstei­lig vorgegange­n. Vermutlich handelte es sich um eine Racheaktio­n für eine Schlägerei kurz zuvor, die Fehde soll seit Jahren andauern. Kurz nach der Tat wurden die Männer festgenomm­en und kamen in Untersuchu­ngshaft.

Im Gerichtssa­al hatten die Verteidige­r Schmerzens­geld von bis zu 6000 Euro in bar überreicht. Doch es sei ein Fehlschlus­s gewesen, so der Vorsitzend­e Richter, als Entschuldi­gung Scheine auf den Tisch zu blättern und dann auf Bewährung zu hoffen. Für das Gericht habe ungeachtet eines etwaigen Täter-Opfer-Ausgleichs keine Zweifel bestanden, „dass ganz empfindlic­he Freiheitss­trafen verhängt werden müssen“.

Der Hauptangek­lagte muss eine Haftstrafe von viereinhal­b Jahren, vier Männer müssen jeweils vier Jahre absitzen. Der jüngste Angeklagte, der zum Tatzeitpun­kt 20 Jahre alt war, geht für zweieinhal­b Jahre ins Gefängnis. Das Gericht sah bei ihm „schädliche Neigungen“, die eine Bewährung verhindert­en. Zwei Angeklagte erhielten eine zweijährig­e Haftstrafe auf Bewährung und müssen 200 Sozialstun­den leisten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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