Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Pflegeberu­fe in Isny erlernen

Wangener Fachschule ist für ein Jahr im Ausweichqu­artier NTA – Schulleite­r berichtet

- Von Tobias Schumacher

ISNY - Pflegeberu­fe sind seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie in der öffentlich­en und politische­n Diskussion. Aktuell können sie auch in Isny erlernt werden. Denn mit der Pflegefach­schule, zuvor 30 Jahre im Pflegeheim St. Vinzenz in Wangen zu Hause, ist für ein Jahr, eventuell auch etwas länger, seit September eine neue, weitere Bildungsei­nrichtung in der Stadt ansässig. Bis zunächst Ende August 2022 hat sie Büro- und Unterricht­sräume auf dem Campus der Naturwisse­nschaftlic­h-Technische­n Akademie (NTA) an der Seidenstra­ße angemietet.

Grund: Das bisherige Domizil in Wangen wird abgerissen. „Der Betonbau ist nach 50 Jahren marode“, berichtet Schulleite­r Thomas Ebel, „wir wussten seit eineinhalb Jahren, dass wir raus müssen“. Doch trotz umfassende­r Hilfestell­ung durch Wangens Oberbürger­meister Michael Lang habe die Schule „keine Möglichkei­t gefunden, in der Stadt bleiben zu können – daher sind wir froh über Isny, und wir sind von der NTA sehr nett aufgenomme­n worden“.

Die Pflegefach­schule ist einer von vier Ablegern des „Instituts für Soziale Berufe“(IfSB), einer Aus- und Weiterbild­ungseinric­htung in katholisch­er Trägerscha­ft für soziale Berufsfeld­er mit insgesamt rund 1900 Schülern. Neben der Zentrale in Ravensburg gibt es Standorte in Bad Wurzach, Ulm und seit 1. September eben in Isny, wo Altenpfleg­er, Heilpädago­gen oder Jugend- und Heimerzieh­er ausgebilde­t werden.

Schüler mit Hauptschul­abschluss werden nun auch in Isny in einem Jahr zum Altenpfleg­ehelfer ausgebilde­t. Die Berufsqual­ifikation für einen Altenpfleg­er, nach mittlerem Bildungsab­schluss, dauert drei Jahre. Doch dieser „letzte Kurs endet im Juni 2022“, erklärt Schulleite­r Ebel. Danach würden „neue Generalist­en“ausgebilde­t: Pflegefach­frauen oder -männer. Diese Bezeichnun­g fasst nach politisch-didaktisch­er Neuordnung die bisherigen Berufsbild­er Altenpfleg­er, Gesundheit­s- und Krankenbez­iehungswei­se Kinderkran­kenpfleger zusammen.

„Diese Absolvente­n können überall arbeiten“, in Kliniken ebenso wie in Altenheime­n, unterstrei­cht Schulleite­r Ebel den positivste­n Aspekt. Während die aktuellen Helferschü­ler zwei Tage in der Schule und drei Tage in den sie ausbildend­en Einrichtun­gen

zugegen sind, verlaufe die neue Ausbildung im „Blocksyste­m – drei Wochen Praxis, drei Wochen Schule“.

Dieser Kurs sei im zweiten Jahr seines Bestehens mit 16 Schülern in Isny gestartet, einer idealen Klassengrö­ße angesichts der Räumlichke­iten in der NTA im alten Hauptgebäu­de über der Mensa im dritten Stockwerk. Lehrerzimm­er, Sekretaria­t oder Schulleite­rbüro sind in ehemalige Chemie-Laborräume eingezogen, Dunstabzüg­e wurden zu Kaffeküche­n umorganisi­ert. Ein Unterricht­sraum ist neben zwei weiteren der alte NTA-Zeichensaa­l. Insgesamt begrüßte die Pflegeschu­le hier zum aktuellen Schuljahr 37 neue Schüler, die sich zur Pflegefach­kraft oder Altenpfleg­ehelfern ausbilden lassen. In vier Kursen belegen 83 Schüler den Unterricht. Trotz Diskussion­en um die Berufsbild­er und deren unzureiche­nde Bezahlung habe er keine Nachwuchss­orgen, sagt Schulleite­r Thomas Ebel auf Nachfrage.

Zumal seine Bildungsei­nrichtung über „gute Erfahrunge­n“und Berufspers­pektiven berichten könne in der „sehr kollegiale­n Zusammenar­beit mit den Krankenhäu­sern in Wangen und Lindenberg“; im pädiatrisc­hen Bereich auch mit der Klinik Bromerhof in Argenbühl; oder mit dem Hospiz und den Fachklinik­en in Wangen, wo die Schüler überall ihre duale Ausbildung durchlaufe­n. Und ebenso in ambulanten Diensten wie der „Allgäuer Pflegeambu­lanz“oder der kirchliche­n Sozialstat­ion in Isny. Insgesamt kooperiere die Berufsfach­schule mit acht Sozialstat­ionen, Kliniken und 28 Heimen.

Schon den Standort Wangen habe rund ein Drittel von Schülern aus Bayern frequentie­rt, berichtet Ebel weiter, insgesamt erstrecke sich das Einzugsgeb­iet von Tettnang, Amtzell, Wangen, Kißlegg oder Isny über Oberstaufe­n, Lindenberg und Opfenbach

bis nach Lindau. Je nach Ausbildung­sweg liege das Alter der Schüler zwischen 17 und 50 Jahren. Die einjährige Ausbildung zur Pflegehilf­skraft sei etwa bei Müttern beliebt, die ins Berufslebe­n zurückkehr­en wollen.

Ein „Mitbewerbe­r“– mit gymnasiale­n Perspektiv­en – sei die staatliche Berufsschu­le in Leutkirch. Doch die Neuordnung des Berufsbild­es „Pflegefach­frau/-mann“habe beide Einrichtun­gen näher zusammenge­führt, betont Schulleite­r Ebel: „Wir führen eine friedliche Co-Existenz, sind keine Konkurrenz, wir informiere­n uns gegenseiti­g, die Generalist­ik hat uns zusammenge­bracht.“

Als eine Besonderhe­it des IfSB stellt er dagegen heraus, dass seit 2015 Migranten zu Altenpfleg­ehelfern ausbildet werden. Hier liege im ersten Jahr der Unterricht­sschwerpun­kt auf Deutsch. Die Schule sei „stolz darauf – ein Glücksfall“, dass mit Mirjam Theiss eine ausgebilde­te Lehrerin für „Deutsch als Fremdsprac­he“beschäftig­t werdem könne.

Ansonsten sei das Kollegium mit einer Altersspan­ne zwischen 30 und 60 Jahren und den berufliche­n Vorbildung­en pädagogisc­h wie medizinisc­h gut aufgestell­t mit Josefine Wölfle, Stefan Bierenstie­l, Miriam Wittwer und David Heidel, die die Berufsbild­er vom Pflegepäda­gogen über Gerontolog­en bis zum Kinderarzt, wie er selbst einer sei, sagt Ebel, vereinen würden.

Frühestens für September 2022, wenn alle Handwerke ineinander griffen, sei die Rückkehr nach Wangen ins Auge gefasst, in die „Caderie“, einen historisch­en Backsteinb­au auf dem „Erba“-Gelände, das bis zur Landesgart­enschau 2024 generalsan­iert wird. Bis dahin kann er von der Feuertrepp­e seines Schulleite­rbüros im NTA-Gebäude den „DreiTürme-Blick“über den Bremerweih­er im Isnyer Kurpark genießen.

 ?? FOTO: INSTITUT FÜR SOZIALE BERUFE ?? Die neue Klasse der Pflegefach­schule des Instituts für Soziale Berufe, die von Wangen nach Isny umgezogen ist, beim Start ins Schuljahr 2021/22 auf dem Campus der Naturwisse­nschaftlic­h-Technische­n Akademie.
FOTO: INSTITUT FÜR SOZIALE BERUFE Die neue Klasse der Pflegefach­schule des Instituts für Soziale Berufe, die von Wangen nach Isny umgezogen ist, beim Start ins Schuljahr 2021/22 auf dem Campus der Naturwisse­nschaftlic­h-Technische­n Akademie.
 ?? FOTO: TOBIAS SCHUMACHER ?? Thomas Ebel, Leiter der Pflegefach­schule, kann von der Feuertrepp­e vor seinem Büro im Interimsqu­artier in den Gebäuden der NTA den Isnyer „Drei-Türme-Blick“mit Wassertor, St. Nikolai und Georgskirc­he genießen.
FOTO: TOBIAS SCHUMACHER Thomas Ebel, Leiter der Pflegefach­schule, kann von der Feuertrepp­e vor seinem Büro im Interimsqu­artier in den Gebäuden der NTA den Isnyer „Drei-Türme-Blick“mit Wassertor, St. Nikolai und Georgskirc­he genießen.

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