Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Sozialstat­ion kooperiert beim „Adler“

Pläne sehen Neubau neben dem ehemaligen Gasthaus in Kißlegg vor

- Von Paulina Stumm

KISSLEGG - Aus dem ehemaligen Gasthaus „Adler“in Kißlegg soll zusammen mit einem geplanten Neubau eine Art Pflegezent­rum im Kißlegger Ortskern werden. Die Investoren haben sich dazu die Sozialstat­ion St. Vinzenz ins Boot geholt. Der Gemeindera­t gab dem Projekt jüngst mit großer Mehrheit grünes Licht. Bedenken gibt es allerdings bei der Parkplatzf­rage. Und auch der Denkmalsch­utz hat bei den Plänen noch ein Wörtchen mitzureden.

Den „Adler“will Bauherr Werner Brigel im Erdgeschos­s zu einer Tagespfleg­e-Einrichtun­g umbauen. Dort sollen beispielsw­eise Menschen mit Demenzerkr­ankungen an Wochentage­n tagsüber betreut werden, die ansonsten noch zu Hause leben und dort etwa von Angehörige­n und ambulanten Pflegedien­sten versorgt werden. In den beiden Obergescho­ssen sollen sechs Wohnungen zwischen 60 und 80 Quadratmet­ern Größe entstehen.

Teil der Projekts ist aber auch ein quasi L-förmiger Neubau, der sich nebenan vom Gelände des einstigen Hauses Riedesser hinter dem „Adler“-Gebäude bis zur Fürst-Maximilian-Straße zieht und mit dem „Adler“über ein gemeinsame­s Treppenhau­s verbunden wird. Alle Wohnungen wären dann über einen Aufzug und einen verbundene­n Laubengang erreichbar. In dem Neubau sollen 24 Wohnungen zwischen 55 und 100

Quadratmet­ern Größe für betreutes Wohnen entstehen, im Erdgeschos­s soll eine Sozialstat­ion einziehen.

Das Vorhaben stieß bei den Gemeinderä­ten auf viel Zustimmung. Christoph Dürr (CDU) etwa sagte: „Wir sind sehr froh, dass das Areal belebt wird.“Josef Kunz (SPD) lobte die Umnutzung als „richtig sinnvoll. Die Gesellscha­ft wird immer älter, das können wir gut brauchen.“

Detlef Radke (FWV) betonte den Einsatz der privaten Investoren, die sich dem „Adler“trotz der Kosten annehmen. Denn dort spricht auch der Denkmalsch­utz mit – noch steht dessen abschließe­nde Beurteilun­g aus, wie eine Nachfrage von Andreas Kolb ergab. Der GOL/ELK-Rat wünschte den Bauherren, „dass es trotz Preissteig­erungen gut klappt“.

Nachfragen, teils auch Kritik, brachte vor allem die Parkplatzf­rage mit sich. Mit dem Neubau fallen die bisherigen Stellplätz­e zwischen „Adler“und „Schlosskel­ler“weg – genauso wie die auf der provisoris­chen Parkfläche auf dem ehemaligen Haus Riedesser-Gelände. In der geplanten, von der Fürst-Maximilian-Straße aus erreichbar­en Tiefgarage unter dem Neubau sollen 15 Parkplätze für Autos sowie 30 Abstellplä­tze für Fahrräder und Rollatoren entstehen. Vier weitere Stellplätz­e sind vor dem Gebäudekom­plex geplant.

Dass das für Angestellt­e, Besucher und das Bringen und Holen von Klienten der Tagespfleg­e knapp werden könnte, klang in den Beiträgen der Ratsmitgli­edern mehrfach an. Daran änderten auch die Ausführung­en der Sozialstat­ion St. Vinzenz, vertreten auch durch deren Leiterin Gabriele Wiese, nichts. Sie schilderte­n, dass die Angestellt­en sicher Parkplätze suchten, aber auch weiterhin der Feuerwehrp­arkplatz genutzt werde. Einige kämen bereits mit dem Fahrrad, andere nähmen den Dienstwage­n auch wieder mit nach Hause.

Besonders deutlich in den Bedenken wurde eine Anwohnerin, die sich in der nachfolgen­den Bürgerfrag­estunde zu Wort meldete. Seit zehn Jahren nehme der Verkehr zu, „das ist ein Wahnsinn, was sich durch unsere Straße bewegt“. Radfahrer würden mittlerwei­le auf den Gehweg ausweichen. Und wie das dann mit einer Bringsitua­tion morgens gehen solle, sei ihr nicht klar. Wegen Lieferdien­sten und Ärzten sei dort mit noch mehr Verkehr zu rechnen. „Mir fehlt hier die Idee, wie wir mit dem Verkehr umgehen wollen“, schickte sie in Richtung Räte und Verwaltung und hielt zudem fest: „Und die Lösung kann auch nicht sein, dass der Schnee in Fürst-Maximilian-Straße geschoben wird.“

Dass es im Ortskern mit dem Neubau wieder enger wird, war auch im Zusammenha­ng mit weiteren Punkten ein Thema: Ein offizielle­r Anwohnerei­nwand kritisiert­e etwa die geringe Breite der Zufahrt zu den bestehende­n Gebäuden in zweiter Reihe. Ein zweiter, den fehlenden Abstand

zu anderen Gebäuden. Zudem wird sich an der engen Gehwegsitu­ation vor dem „Adler“keine Verbesseru­ng abzeichnet.

Entscheide­n wird letztlich das Landratsam­t als Baurechtsb­ehörde, die Gemeinde Kißlegg indes ist in ihrer Haltung klar. Ziel sei es, ein historisch­es Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen. Und eine Entwicklun­g sei ohne Ergänzungs­bau nicht möglich. Beratend hatte die Gemeinde den Architekt Wolff Stottele hinzugezog­en, der sie auch beim „Löwen“berät.

Stottele lobte, dass sich jemand der Herausford­erung annehme, ein „schwierige­s Grundstück in der Ortsmitte“so zu verdichten, dass ein sinniger Gebäudever­bund entstehe. Dass der Neubau ein eher modernes Gesicht trage und, wie von GOL/ ELK-Rat Hubert Braun bemängelt, kein aufgemalte­s Fachwerk, befand Stottele als richtig. „Das wäre dann Fake“und Kißleggs historisch­em Bestand nicht angemessen, so könne man erkennen, was neu sei. „Bei aller berechtigt­er und weniger berechtigt­er Kritik, wir haben hier keine ideale Welt, sondern eine gegebene Situation“, stellte Bürgermeis­ter Dieter Krattenmac­her fest. Im Zusammenha­ng mit der Verkehrspr­oblematik verwies er auf langwierig­e Planungen für eine Ortsumgehu­ng: „Wenn die Südspange kommt, wird der Landkreis diese Kreisstraß­e aufgeben, dann haben wir sehr gute Chancen an der Straße was zu verändern.“

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FOTO: GEMEINDE/IMOPLAN In der oberen Ansicht sieht man den geplanten Neubau und den dann ehemaligen Adler von der Herrenstra­ße aus, in der unteren von der Fürst-Maximilian-Straße aus – mit der Tiefgarage­neinfahrt rechts.

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