Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Stadt und Rat sollen Position beziehen
Drei Windparks könnten rund ums Ried entstehen – Das ist der Planungsstand
- In und um Bad Wurzach sind nach derzeitigem Kenntnisstand drei Windparks geplant. Dagegen macht der Verein Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu mobil. Wolfgang Hübner forderte nun Stadtverwaltung und Gemeinderat der Riedstadt auf, zu den Plänen grundsätzlich und öffentlich Stellung zu beziehen.
15 Windkraftanlagen seien in Sichtweite des Wurzacher Rieds vorgesehen, so Hübner, als er in der Bürgerfragerunde der jüngsten Ratssitzung das Wort ergriff. Der promovierte Physiker ist Berater des Vereinsvorstands der Landschaftsschützer. Er schlüsselte diese Zahl weiter auf: drei bei Humberg nahe Arnach, vier bei Weitprechts und acht bei Osterhofen.
Nach SZ-Informationen sind zwei oder drei Anlagen bei Arnach und drei im Alttanner Wald bei Weitprechts relativ konkret geplant. Bei Osterhofen beabsichtigt der potenzielle Bauherr erst einmal eine Windmessung. Zu weiteren Einzelheiten, auch was die Anzahl Windräder betrifft, will er sich erst danach äußern.
Mit weiteren Anlagen sei zu rechnen, so Hübner im Gemeinderat, denn der Regionalplan sehe als Schutzabstände für die etwa 300 Meter hohen Räder lediglich 200 Meter zum Wurzacher Ried und 500 Meter zur Wohnbebauung vor. „Die Stadt läuft Gefahr, dass das Europadiplom des Wurzacher Rieds verloren geht“, stellte Hübner fest.
Seine Frage ans Gremium: „Wie gedenkt die Kurstadt darauf zu reagieren?“ Er bitte in der nächsten Sitzung um einen Bericht dazu, wie sich Stadt und Gemeinderat zu den Windparkplänen positionieren. Sie stünden in der Verantwortung, was den Schutz des Rieds und der Menschen betrifft.
„Das macht auch uns Sorgen“, sagte Klaus Schütt (CDU), der die erkrankte Bürgermeisterin Alexandra Scherer als Sitzungsleiter vertrat. Eine Antwort auf Hübners Frage bereits in der nächsten Sitzung – sie ist für den 27. Februar vorgesehen – sei aber „wohl nicht“zu schaffen. In dieser Angelegenheit sei noch einiges an Diskussionen und Nachfragen nötig, so Schütt.
Ende November hatte die „Schwäbische Zeitung“darüber berichtet, dass im Raum Haisterkirch ein Windpark entstehen könnte. Die EnBW bestätigte dies auf Anfrage. Gemäß SZ-Informationen soll vor allem der Bereich um Osterhofen, unmittelbar hinter der Grabener Höhe gelegen, von Interesse sein.
Eine EnBW-Sprecherin betonte, dass sich der Energieversorger noch in „einer allerersten Vorplanungsphase“befinde. Details zur konkreten Ausgestaltung kann die EnBW noch nicht liefern. Geplant sei erst einmal eine Windmessung.
Schon konkreter sind die Pläne der Firma Laoco GmbH aus Kirchdorf an der Iller. Sie plant Windparks bei Wolfegg-Alttann und im Hummelluckenwald bei Arnach-Humberg. Der Geschäftsführer der Laoco GmbH, Christian Böhm, sprach Anfang Januar für den „Windpark Bad Wurzach-Arnach“, wie er auf der Website des Unternehmens genannt wird, von einem „frühen bis fortgeschrittenen Planungsstadium“. Derzeit laufen dafür die artenschutzrechtlichen Untersuchungen.
Derzeit geht Böhm von zwei oder drei Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von jeweils sieben Megawatt aus. Die Nabenhöhe der vorgesehenen Anlagen sind laut Laoco „aktuell 175 Meter bei einem Rotordurchmesser von 170 Metern“. Zum Vergleich: Das Ulmer Münster ist 162 Meter hoch.
Gebaut werden sollen sie im südlichen Bereich des Hummelluckenwalds etwa auf halber Strecke und rechter Hand der Straße von Arnach nach Eintürnen. Sie befinden sich damit nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt vom Naturschutzgebiet Rohrsee und grenzen fast direkt an eine Streuwiese an, die als Flächenhaftes Naturdenkmal geführt wird.
Im Hummelluckenwald hat die Laoco GmbH von einem Privateigentümer ein Areal gepachtet. Man könne dort auch „zu allen Arten der Wohnbebauung“einen Mindestabstand von 700 Metern einhalten. In der zweiten Hälfte dieses Jahres will das Unternehmen die Genehmigung beim Landratsamt beantragen. Böhm rechnet mit einer Verfahrensdauer von „neun bis zwölf Monaten“. In dieser Zeit werde es auch Informationsveranstaltungen für die Bevölkerung geben, versicherte er. Mit einer Inbetriebnahme des Windparks rechnet er derzeit in den Jahren 2025 oder 2026.
An der Grenze der Bad Wurzacher Gemarkung könnte ein weiterer Windpark entstehen: Konkrete Planungen hat die Firma Laoco nämlich auch im Alttanner Wald auf Wolfegger Gemarkung. Auf einer Planungsfläche
von insgesamt 45 Hektar sollen drei Windräder entstehen, informierte Böhm im Dezember auf SZ-Anfrage. Die Nabenhöhe liegt wie bei anderen Schwachwindanlagen bei voraussichtlich 150 bis 165 Metern.
Konkret entstehen soll der Windpark im Alttanner Wald zwischen Alttann, Gewerbegebiet Wolfegg, Weitprechts und Gaishaus. Die Standorte werden laut Christian Böhm Abstände zur Wohnbebauung von mindestens 700 Metern haben und sich an dem bestehenden Forstwegenetz orientieren. Momentan läuft die Erstellung der erforderlichen Gutachten – unter anderem zu den Themen Artenschutz und Emissionen.
Der Zeitplan sieht vor, dass im ersten Halbjahr 2023 das Genehmigungsverfahren beim Landratsamt Ravensburg gestartet werden kann. Vorausgesetzt, das Artenschutzgutachten fällt positiv aus, will Laoco und sein Projektpartner „Energiequelle“im vierten Quartal dieses Jahres zu einer Bürgerinformation einladen.
Der Europarat hat bei der jüngsten Verlängerung des Europadiploms für das Wurzacher Ried im Jahr 2019 als sogenannte Empfehlung aufgeführt, die Landschaft um das Wurzacher Becken zu schützen und „technische Infrastruktur auf und an den Hügeln im Sichtbereich des Wurzacher Rieds“zu vermeiden.