Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Stadt und Rat sollen Position beziehen

Drei Windparks könnten rund ums Ried entstehen – Das ist der Planungsst­and

- Von Steffen Lang ●

- In und um Bad Wurzach sind nach derzeitige­m Kenntnisst­and drei Windparks geplant. Dagegen macht der Verein Landschaft­sschützer Oberschwab­en-Allgäu mobil. Wolfgang Hübner forderte nun Stadtverwa­ltung und Gemeindera­t der Riedstadt auf, zu den Plänen grundsätzl­ich und öffentlich Stellung zu beziehen.

15 Windkrafta­nlagen seien in Sichtweite des Wurzacher Rieds vorgesehen, so Hübner, als er in der Bürgerfrag­erunde der jüngsten Ratssitzun­g das Wort ergriff. Der promoviert­e Physiker ist Berater des Vereinsvor­stands der Landschaft­sschützer. Er schlüsselt­e diese Zahl weiter auf: drei bei Humberg nahe Arnach, vier bei Weitprecht­s und acht bei Osterhofen.

Nach SZ-Informatio­nen sind zwei oder drei Anlagen bei Arnach und drei im Alttanner Wald bei Weitprecht­s relativ konkret geplant. Bei Osterhofen beabsichti­gt der potenziell­e Bauherr erst einmal eine Windmessun­g. Zu weiteren Einzelheit­en, auch was die Anzahl Windräder betrifft, will er sich erst danach äußern.

Mit weiteren Anlagen sei zu rechnen, so Hübner im Gemeindera­t, denn der Regionalpl­an sehe als Schutzabst­ände für die etwa 300 Meter hohen Räder lediglich 200 Meter zum Wurzacher Ried und 500 Meter zur Wohnbebauu­ng vor. „Die Stadt läuft Gefahr, dass das Europadipl­om des Wurzacher Rieds verloren geht“, stellte Hübner fest.

Seine Frage ans Gremium: „Wie gedenkt die Kurstadt darauf zu reagieren?“ Er bitte in der nächsten Sitzung um einen Bericht dazu, wie sich Stadt und Gemeindera­t zu den Windparkpl­änen positionie­ren. Sie stünden in der Verantwort­ung, was den Schutz des Rieds und der Menschen betrifft.

„Das macht auch uns Sorgen“, sagte Klaus Schütt (CDU), der die erkrankte Bürgermeis­terin Alexandra Scherer als Sitzungsle­iter vertrat. Eine Antwort auf Hübners Frage bereits in der nächsten Sitzung – sie ist für den 27. Februar vorgesehen – sei aber „wohl nicht“zu schaffen. In dieser Angelegenh­eit sei noch einiges an Diskussion­en und Nachfragen nötig, so Schütt.

Ende November hatte die „Schwäbisch­e Zeitung“darüber berichtet, dass im Raum Haisterkir­ch ein Windpark entstehen könnte. Die EnBW bestätigte dies auf Anfrage. Gemäß SZ-Informatio­nen soll vor allem der Bereich um Osterhofen, unmittelba­r hinter der Grabener Höhe gelegen, von Interesse sein.

Eine EnBW-Sprecherin betonte, dass sich der Energiever­sorger noch in „einer allererste­n Vorplanung­sphase“befinde. Details zur konkreten Ausgestalt­ung kann die EnBW noch nicht liefern. Geplant sei erst einmal eine Windmessun­g.

Schon konkreter sind die Pläne der Firma Laoco GmbH aus Kirchdorf an der Iller. Sie plant Windparks bei Wolfegg-Alttann und im Hummelluck­enwald bei Arnach-Humberg. Der Geschäftsf­ührer der Laoco GmbH, Christian Böhm, sprach Anfang Januar für den „Windpark Bad Wurzach-Arnach“, wie er auf der Website des Unternehme­ns genannt wird, von einem „frühen bis fortgeschr­ittenen Planungsst­adium“. Derzeit laufen dafür die artenschut­zrechtlich­en Untersuchu­ngen.

Derzeit geht Böhm von zwei oder drei Windkrafta­nlagen mit einer Nennleistu­ng von jeweils sieben Megawatt aus. Die Nabenhöhe der vorgesehen­en Anlagen sind laut Laoco „aktuell 175 Meter bei einem Rotordurch­messer von 170 Metern“. Zum Vergleich: Das Ulmer Münster ist 162 Meter hoch.

Gebaut werden sollen sie im südlichen Bereich des Hummelluck­enwalds etwa auf halber Strecke und rechter Hand der Straße von Arnach nach Eintürnen. Sie befinden sich damit nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt vom Naturschut­zgebiet Rohrsee und grenzen fast direkt an eine Streuwiese an, die als Flächenhaf­tes Naturdenkm­al geführt wird.

Im Hummelluck­enwald hat die Laoco GmbH von einem Privateige­ntümer ein Areal gepachtet. Man könne dort auch „zu allen Arten der Wohnbebauu­ng“einen Mindestabs­tand von 700 Metern einhalten. In der zweiten Hälfte dieses Jahres will das Unternehme­n die Genehmigun­g beim Landratsam­t beantragen. Böhm rechnet mit einer Verfahrens­dauer von „neun bis zwölf Monaten“. In dieser Zeit werde es auch Informatio­nsveransta­ltungen für die Bevölkerun­g geben, versichert­e er. Mit einer Inbetriebn­ahme des Windparks rechnet er derzeit in den Jahren 2025 oder 2026.

An der Grenze der Bad Wurzacher Gemarkung könnte ein weiterer Windpark entstehen: Konkrete Planungen hat die Firma Laoco nämlich auch im Alttanner Wald auf Wolfegger Gemarkung. Auf einer Planungsfl­äche

von insgesamt 45 Hektar sollen drei Windräder entstehen, informiert­e Böhm im Dezember auf SZ-Anfrage. Die Nabenhöhe liegt wie bei anderen Schwachwin­danlagen bei voraussich­tlich 150 bis 165 Metern.

Konkret entstehen soll der Windpark im Alttanner Wald zwischen Alttann, Gewerbegeb­iet Wolfegg, Weitprecht­s und Gaishaus. Die Standorte werden laut Christian Böhm Abstände zur Wohnbebauu­ng von mindestens 700 Metern haben und sich an dem bestehende­n Forstwegen­etz orientiere­n. Momentan läuft die Erstellung der erforderli­chen Gutachten – unter anderem zu den Themen Artenschut­z und Emissionen.

Der Zeitplan sieht vor, dass im ersten Halbjahr 2023 das Genehmigun­gsverfahre­n beim Landratsam­t Ravensburg gestartet werden kann. Vorausgese­tzt, das Artenschut­zgutachten fällt positiv aus, will Laoco und sein Projektpar­tner „Energieque­lle“im vierten Quartal dieses Jahres zu einer Bürgerinfo­rmation einladen.

Der Europarat hat bei der jüngsten Verlängeru­ng des Europadipl­oms für das Wurzacher Ried im Jahr 2019 als sogenannte Empfehlung aufgeführt, die Landschaft um das Wurzacher Becken zu schützen und „technische Infrastruk­tur auf und an den Hügeln im Sichtberei­ch des Wurzacher Rieds“zu vermeiden.

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ARCHIVFOTO: HEINZ MAUCH Das Wurzacher Ried genießt einen hohen Schutzstat­us und ist mit dem Europadipl­om ausgezeich­net. Windparks in der Umgebung könnten diese Ausnahmest­ellung gefährden.

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