Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Sigmaringen feiert ein glückseliges Narrentreffen
Friedlich-fröhliche Narrennacht – Die Polizei zieht ein positives Fazit – Nur der Umzug gerät etwas aus den Fugen
- Die Zunftverantwortlichen, Besucher und Beobachter sind sich einig: Sigmaringen hat ein faszinierendes Narrentreffen erlebt. Die Erleichterung bei der Narrenzunft Vetter Guser, die in Sigmaringen am Wochenende das 300-jährige Bräuteljubiläum feierte, war allenthalben zu spüren. Die Mammutveranstaltung verlief weitgehend friedlich. Die Narrenschar feierte eine ausgelassene Fasnetsveranstaltung, an die sie noch lange zurückdenken wird.
Was war rückblickend der Höhepunkt des Narrentreffens?
Das dürfte jeder Besucher etwas anders empfunden haben. Einen besonderen närrischen Glanz versprühte der Samstag. Erstens spielte das Wetter mit, zweitens war das Narrentreiben am Samstagnachmittag ein besonderes Erlebnis. Das Käsefondue der Karnöffelzunft aus Willisau bei Luzern erlebten Besucher als heimeligen Auftakt. Dazu gesellten sich Musikkapellen. Und so nahm das Narrentreffen langsam Fahrt auf. Weitere Höhepunkte: die Brauchtumsvorführungen und die Narrenmesse in St. Johann.
Wie ging es am Sonntag weiter?
Nach einer für viele Narren kurzen Nacht - die letzten Zelte und Besenwirtschaften schlossen gegen 3 Uhr – begrüßten Schirmherr Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern und Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Gäste um 10.15 Uhr auf dem Rathausbalkon. Viel gesagt hat letzterer nicht, aber für seine wenigen Worte bekam er viel Applaus. Winfried Kretschmann nebst Gattin Gerlinde hatte von Bürgermeister Marcus Ehm das Mikrofon gereicht bekommen. Etwas irritiert nahm es der Ministerpräsident entgegen. „Ich wollte eigentlich gar nichts sagen, ich schwätze ja das ganze Jahr über“, sagte Winfried Kretschmann, „also eine glückselige Fasnet für alle und Nauf auf d` Stang“, beendete er eine seiner kürzesten Reden. Die Sigmaringer Zunft führte zudem ihren Bräutelbrauch vor. Alljährlich am Fasnetsdienstag werden neuvermählte Männer auf einer Stange von den Bräutlingsgesellen um den Rathausbrunnen getragen. Am Sonntag war Sigmaringens Bürgermeister an der Reihe.
Warum dauerte der Umzug länger als geplant?
Der Hauptgrund: Es kamen mehr Teilnehmer nach Sigmaringen, als von den Zünften bei der Anmeldung angegeben. Allein mit den 120 Bussen reisten rund 6500 Narren an. Geplant war eine Umzugsdauer von dreieinhalb Stunden. Gegen 16 Uhr hatte die Hälfte der 58 Zünfte und Gruppen den Umzug absolviert. Die letzten Narren marschierten schließlich um 17.30 Uhr durch Sigmaringen – der Umzug dauerte eine knappe Stunde länger als geplant.
Wie viele Besucher kamen zum Narrentreffen?
Den Umzug in der Innenstadt miterlebt haben mehrere Tausend Besucher. Laut Zunft liegen die Schätzungen bei 7000 Besuchern und 8000 Hästrägern. Besonders in der FürstWilhelm-Straße drängten sich die Zuschauer, was auch an der Fernsehübertragung des SWR gelegen haben dürfte. Überschaubarer war der Zuschauerandrang an der Antonstraße. Wegen des Schneetreibens und der Fernsehübertragung könnte der ein oder andere Narr das heimische Wohnzimmer vorgezogen haben, aber das ist reine Spekulation.
Wie fällt die Bilanz der Sicherheitskräfte aus?
Unterm Strich positiv. „Die Narrennacht ist so verlaufen wie wir das erwartet haben“, sagt der Sigmaringer Polizeichef Ulrich Neuburger am Morgen im Gespräch mit unserer Zeitung. Eine Nötigung, eine Körperverletzung und eine Beamtenbeleidigung protokollierten die Beamten. Die Polizisten schlichteten einen Streit von drei Frauen, eine Frau erstattete Anzeige. Eine andere Frau soll von Männern sexuell belästigt worden sein. Ein Narrenfestbesucher musste die Nacht in der Ausnüchterungszelle verbringen. Laut Polizei hatte er rund drei Promille. Von den Rettungskräften mussten drei Besucher wegen übermäßigem Alkoholkonsum ins Krankenhaus gebracht werden. Die Polizei war in zwei Schichten mit jeweils rund 15 Mann im Einsatz. Nun hofft Neuburger, dass der Sonntag ruhig verläuft.
Wie hat sich die Idee des VetterGuser-Chefs, den Zunftmeisterempfang für alle zu öffnen, bewährt?
Die Idee ist ausbaufähig, denn jeder konnte kommen und gehen und sich über ein kurzweiliges Programm freuen. Ein Kinderchor von Schülern der Geschwister-Scholl-Schule sang das Sigmaringer Narrenlied „Freut Euch des Lebens“mit großer Inbrust und berührte das Publikum. Der Brunnenbergchor und die Tanzgruppe Jungwild waren die weiteren Akteure beim Empfang. Zunftmeister Phil Sutter durfte sich zudem über eine standesgemäße Geburtstagsfete freuen, denn er feierte mit Tausenden Gästen seinen 60. Geburtstag. Kann es Schöneres geben?