Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Das sind Weingartens neue Pater
Zwölf Jahre nach dem Weggang der Benediktiner gibt es wieder eine geistliche Gemeinschaft
- Weingarten hat zwei neue Pater: Michael Pfenning und Ashok Mascarenhas heißen die beiden Pallottiner, die laut Mitteilung „gut zwölf Jahre nach dem Weggang der letzten Benediktiner die Zukunft Weingartens als spirituellen Ort in der Region stärken“sollen. Die „Schwäbische Zeitung“hat mit ihnen darüber gesprochen, wo sie ihre Aufgaben in Weingarten und der Region sehen und warum sie nicht „Benediktiner spielen“wollen.
Keine große Klosterpforte, sondern ein Klingelschild am Pfarrhaus, keine schweren Ordensgewänder sondern Jeans und Birkenstock: Wer Pater Michael und Pater Ashok besucht, wird auf Augenhöhe empfangen. Erst vor wenigen Tagen sind sie in Weingarten angekommen. Ihre Bilder hängen noch nicht an der Wand, sondern stehen in der Ecke des Wohnzimmers, unter dem Fernseher.
„Das hier ist kein Kloster“, sagt Pater Michael. „Und soll es auch nicht sein.“Sie wollen „normal leben“, wie die beiden Priester betonen. Dass sie in Weingarten gelandet sind, hängt aber durchaus mit der Klostertradition in der Welfenstadt zusammen. „Ich habe einen Brief an verschiedene Bischöfe geschrieben, dass wir einen spirituellen Ort für eine interkulturelle Gemeinschaft suchen“, erklärt Pater Michael. Das war im vergangenen August.
„Bischof Gebhard Fürst hat die Initiative ergriffen und uns eingeladen.“Schließlich hat der Bischof schon bei der Auflösung der Benediktiner
Abtei Weingarten 2010 versprochen, eine neue geistliche Gemeinschaft auf den Martinsberg zu holen. Nur: „Wir residieren nicht da oben, das würde nicht zu uns passen“, stellt Pater Michael klar. Auch gebe es keine Notwendigkeit im Habit, also der Ordenskleidung, durch Weingarten zu laufen. „Ich glaube das wirkt heutzutage eher wie etwas, das Distanz schafft“, findet Pater Michael. Und weiter: „Außerdem wollen wir hier nicht die Benediktiner spielen.“
Und trotzdem: Auch die HeiligBlut-Verehrung sei ein „Motivationspunkt“gewesen, sich für Weingarten zu entscheiden. Wegen ihr sei Weingarten schließlich ein besonders spiritueller Ort.
Pater Ashok Mascarenhas ist erst vor einem Jahr nach Deutschland gekommen. Seitdem studiert er die Sprache – und kann sich schon klar im Deutschen ausdrücken. Dass er sich künftig in der Studentenseelsorge einbringen kann, war ein weiterer Grund für die Pallottiner, sich in Weingarten niederzulassen. „Ich bin seit mehr als zehn Jahren Priester“, sagt der Inder. Zeitweise habe der 39Jährige in Indien, Kanada zuletzt am deutschen Hauptsitz der Pallottiner in Friedberg bei Augsburg gewirkt. Dort hat er sich um die Studentengemeinschaft der Ordensuniversität gekümmert.
Pater Michael, gebürtig aus Spaichingen, war zuletzt Vize-Provinzial der Pallottiner. In dieser Funktion habe er „zehn anstrengende Jahre mit vielen administrativen Aufgaben und Reisen“hinter sich. Jetzt sei er, wie er sagt, „heilfroh, wieder in die
Pastoral zu kommen“. In dieser sehen die beiden Mönche ihre Hauptaufgabe. „Ich möchte mit Menschen arbeiten, egal ob Studenten oder in der Gemeinde. Der Priester ist für mich niemand, der von oben herab auf die Leute schaut, sondern ihnen nahe ist.“Zu je 50 Prozent wird er in der Studentenseelsorge und der Seelsorgeeinheit Weingarten eingesetzt.
Pater Michael Pfenning wird sich auf Dekanatsebene um „Menschen in Not oder Umbrüchen“kümmern. Dass hierbei Körper und Seele zusammengehören, sei für ihn wichtig, erzählt der 63-jährige, der vor dem Theologiestudium zunächst Krankenpfleger gelernt hat. „Aber ich bin auch voll im Gottesdienstplan von Weingarten, das gehört für mich dazu, wenn man hier lebt“, sagt er. Er wird also auch Sakramente spenden. Dass „hier“scheint ihn besonders zu freuen. Er sei richtig angekommen, als er Dekan Ekkehard Schmid mit der Pfarramtssekretärin Schwäbisch reden gehört hat: „Ich habe das Schwäbisch-Alemannische mit der Muttermilch mitbekommen.“
Trotz schwäbischer Heimatgefühle liegt der Schwerpunkt aber auf dem Interkulturellen. „Da ist auch der Bischof an unseren Erfahrungen interessiert“, sagt Pater Michael und erklärt: „Früher hat die Kirche gerne drei Inder oder drei Afrikaner an einen Ort geschickt, das hat nicht immer so gut geklappt.“Wenn mittelfristig ein dritter Pallottiner nach Weingarten kommt, wird es ein Nigerianer sein.
Mit dem Zusammenleben – auch mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen – haben Pater Michael und Pater Ashok schon im vergangenen halben Jahr in einer WG in Friedberg gute Erfahrungen gemacht. „Ich kann ihm natürlich bei der Sprache manchmal helfen“, sagt Pater Michael. „Aber ich lerne auch viel von ihm“. Wichtig sei zum Beispiel das gemeinsame Beten: „Er hat einen unglaublichen Zugang zum Rosenkranz“, sagt der Schwabe über seinen indischen Mitbruder. „Damit konnte ich früher gar nichts anfangen. Erst jetzt weiß ich, wie gut diese Form der Meditation tut.“Und Pater Ashok sagt: „Die praktischen Erfahrungen in der Liturgie mit einem Deutschen an der Seite sind viel hilfreicher als ein theoretischer Pastoralkurs.“
Stichwort Liturgie: Für die Gottesdienstbesucher wird sich erst einmal nicht viel verändern. Doch Raum für neue Formate gebe es in der Liturgie immer. „Und eine Frage ist natürlich besonders spannend“, sind sich die Patres einig: „Welche Rolle spielt dieses Heilige Blut?“