Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Sehnsuchtsort für Tüftler und Technikfans
Besucher des Waldseer Erwin-Hymer-Museums können dem Werkstatt-Team über die Schulter schauen
- Das Waldseer Erwin-Hymer-Museum hat am Wochenende seine neu eingerichtete Museumswerkstatt im Erdgeschoss in Betrieb genommen. Besucherinnen und Besucher können von nun an live dabei sein und Fragen stellen, wenn das Technik-Team um Sammlungsleiter Markus Böhm weit gereiste historische Freizeitfahrzeuge und Pkws restauriert oder notwendige Wartungsarbeiten daran vornimmt. Und sollte hier einmal niemand werkeln, dann kann man sich vor den verglasten Zugangstüren in Form eines großen Wohnwagen-Fensters in einem Video über das spannende Aufgabenfeld des Teams informieren.
Für Susanne Hinzen ist mit dem Umzug der Werkstatt aus dem Geburtshaus Erwin Hymers an der Biberacher Straße in das attraktive Museumsgebäude am Stadtrand ein großer Wunsch in Erfüllung gegangen. „Das wird unser zehnter Sehnsuchtsort, der vor allem für unsere Schrauber und Technikfans von großem Interesse sein dürfte, zumal sich hinter jeder Restauration immer auch eine spannende Geschichte rund um das mobile Reisen verbirgt, die es zu entdecken gilt“, betonte die Museumsdirektorin bei einem Rundgang mit der SZ.
Die Museumssammlung umfasst aktuell 265 Fahrzeuge – darunter 182 Wohnwagen, 38 Reisemobile, 35 Pkws, fünf Zweiräder sowie zahlreiche Modell-Fahrzeuge und Zubehör. Und so unterschiedlich wie diese Oldtimer sind laut Hinzen auch die Herausforderungen an das WerkstattTeam. Neben Kenntnissen aus dem Fahrzeugbau, der Fahrzeug- und Elektrotechnik sowie der Materialkunde sind vor allem Geschick und Freude am Recherchieren und Tüfteln gefordert.
Wer selbst einen Oldtimer besitzt oder restauriert, der weiß, welcher Zeitaufwand dafür notwendig ist. Die Museumswerkstatt kümmert sich um kleinere Schäden und Defekte an den Ausstellungsfahrzeugen und sie wartet und repariert Fahrzeuge, mit denen das Museum auf der Straße unterwegs ist. Außerdem restauriert sie Fahrzeuge aus dem Sammlungsbestand, damit diese in die Dauerausstellung einziehen können.
Schon bei der offiziellen Eröffnung am Sonntag bekamen Besucher Gelegenheit, Markus Böhm und seine Werkstattkollegen Andreas Krattenmacher und Marco Ruf bei ihrer mitunter kniffligen Arbeit über die Schulter zu schauen und nachzufragen, wenn etwas unklar geblieben sein sollte. So wurde am Beispiel eines Dethleffs-Wohnwagens „Tourist“vorgeführt, wie aufwendig eine Restauration wird, wenn dafür Holzleisten gewässert, gebogen und auf eine Form aufgespannt werden müssen, um den Originalrahmen geschichtsgetreu austauschen zu können. „Das wird schon interessant, wenn wir plötzlich Zuschauer haben bei der Arbeit“, blickt der ausgebildete Schreiner Krattenmacher mit Spannung auf die kommenden Wochen. Sein Kollege Ruf – von Haus aus Kfz-Meister – kurbelt derweil das Dach des Wohnwagens „Laika 1000“aus den 1960erJahren von Hand hoch und man kann dann durch die Türe hineinblicken in dieses besondere Fahrzeug aus italienischer Produktion. Abgeschlossen ist die Restauration am benachbarten Ford Taunus (Baujahr 1960) vom Eriba-Gespann, der trotz langer Lebensdauer dasteht wie aus dem Schmuckkästchen. „Damit nehmen wir an Oldie-Ausfahrten und -Rallyes teil und ernten staunende Blicke“, berichtet Böhm, der auch das angegliederte Materiallager vorstellt.
„Es ist nicht immer leicht, an Ersatzteile zu kommen für unsere Oldtimer, aber hier haben wir nun genügend Platz, um unseren lange angesammelten Fundus zu lagern“, zeigt sich der stellvertretende Museumsdirektor zufrieden mit dem Werkstattumzug. Bei besonders kniffligen Fragen kann sein Team übrigens auf das große Wissen von Max Ludy zählen, der mehr als 40 Jahre lang beim Wohnmobilhersteller Hymer tätig war und nach wie vor im Museum aktiv ist.
Besucher können ab sofort in die neue Werkstatt hineinschauen, Fragen stellen oder ihr Wissen austauschen. Die Werkstattbeschäftigten richten auch eigene Veranstaltungen aus wie die „Werkstattgespräche“zu aktuellen Reparatur- und Restaurationsthemen sowie Workshops mit der Anleitung zur Selbsthilfe samt Tipps und Tricks von Experten. Und damit wird die neue Werkstatt zu einem Ort des Austauschs und des Wissens – zu einem Sehnsuchtsort für alle Schrauber und Technikfans.
Folgende Werkstattgespräche kündigen sich demnächst im Erwin-Hymer-Museum an: Am Donnerstag, 23. Februar, zum Thema „Hohlraumversiegelung und Unterbodenschutz für PKW, Reisemobil und Caravan“und am Donnerstag, 23. März, zu „Fit in den Frühling: Die Frühjahresinspektion“. Beginn ist jeweils um 19 Uhr in der neuen Museumswerkstatt. Für Gruppen und Clubs gestaltet das Team gerne einen Besuch im Museum mit passenden Themen aus der Werkstatt. Weitere Infos zum Museumsprogramm unter www.erwin-hymer-museum.de.