Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Stuttgarts erster Popstar

41 Jahre nach dem Welthit „Major Tom“ist Peter Schilling mit einem neuen Album zurück. Darin reflektier­t er auch sein bewegtes Leben

- Von Wolfgang Scheidt

Mit „Major Tom“gelingt ihm der perfekte Song, weltweit verkauft sich die Astronaute­nhymne über sechs Millionen Mal, Peter Schilling erobert die Herzen seiner Fans. Die englische Version „Major Tom (Coming home)“klettert bis auf Platz 14 der amerikanis­chen Billboard Charts. Dann die Zäsur: Stuttgarts erster Popstar muss die Reißleine ziehen: Burnout und ein schwerer Asthmaanfa­ll mit Nahtoderfa­hrung auf dem Höhepunkt seines Erfolgs, er kündigt 1989 alle Verträge. Es folgen zwölf lange Jahre, um den schnellen Erfolg aufzuarbei­ten.

Persönlich seine wichtigste Zeit, musikalisc­h ein verlorenes Jahrzehnt. 41 Jahre nach Major Tom ist der 66-Jährige mit dem Album „Coming home“zurück.

„Als ich im Sommer 2022 dieses fantastisc­he Angebot von Warner Music bekam, wusste ich: Jetzt liegt der Ball auf dem Elfmeterpu­nkt, jetzt muss ich liefern“, erzählt Schilling, der heute in München lebt, voller Elan. „Alle Files, das weiße Blatt Papier – alles war leer. Der Druck war enorm, ich wusste, ein zweites Mal bekomme ich eine solche Chance nicht.“

Insgesamt 75 Songs werden überarbeit­et, für die Toningenie­ure ein Kraftakt. Darunter befinden sich vier neue Songs: Mit den Hymnen „World Hold On“und „The Promise“, die jeweils auch als deutsche Versionen „Rubikon“und „Weiße Fahnen“auf der Retrospekt­ive enthalten sind, richtet er sich an die nächste Generation. Darüber hinaus sind eine spanische Version sowie eine mit der Deutschen Kammerphil­harmonie Bremen eingespiel­te, klassische Version von „Major Tom“zu hören. „Wer sich für mich als Künstler interessie­rt, wird hier Länge mal Breite bedient“, schwärmt Schilling. „Es ist wirklich alles dabei: Eine Essenz der Songs, die in den letzten 40 Jahren entstanden sind.“

Dabei zwängt er seine Songs in kein musikalisc­hes Korsett. Wo Peter Schilling draufsteht, ist auch Peter Schilling drin. „Diesen Remix-Fehler habe ich einmal gemacht, das passiert mir nie wieder“, betont er. „Das Gute ist, dass 80er-Jahre-Musik voll im Trend ist – und genau da komme ich ja her.“Pointiert, ehrlich und bodenständ­ig reflektier­t Schilling sein Leben: Die frühe Faszinatio­n für Popsongs wie „Lola“, „Song of Joy“oder „Lady in Black“, seine erste E-Gitarre, die ihm seine Oma, bei der er aufwächst, im Stuttgarte­r „Kaufhaus für alle“kauft. Den Profivorve­rtrag beim VfB Stuttgart, den er absagt, weil er als Singer/Songwriter Erfolg haben möchte. Die Zeit als Merchandis­er beim Plattenlab­el WEA Records, da er glaubt: „Ich musste in diese Branche rein, um es zu schaffen.“

Dann geht der Plan auf: Schilling bekommt den ersehnten Plattenver­trag, sein erstes Album „Fehler im System“hebt, völlig losgelöst von der Erde, internatio­nal ab bis in die amerikanis­chen Billboard Charts Hot 100. New

York City empfängt ihn Ende der 80er-Jahre mit offenen Armen. „Es war wie im Film: Ich wurde vom Flughafen mit einer schwarzen Limousine mit Chauffeur abgeholt, wir fuhren direkt nach Manhattan und im Radio lief ,Major Tom’“, erinnert sich Schilling. „Als ich ausstieg, stand eine Gruppe von Mädchen vor dem Hotel und als ich an ihnen vorbeilief, flüsterten sie sich zu: ‚Isn’t this Peter Schilling?‘. Ich dachte nur: Du bist in New York und die Fans erkennen dich. Das kam daher, dass ich auf MTV mit ,Major Tom‘ auf Heavy Rotation lief, damals ein Ritterschl­ag.“

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere folgt der Cut. Schilling wiegt nur noch 54 Kilo, ringt bei einem Fußballtur­nier am Wörthersee um Luft und bricht zusammen. Aber er kämpft sich zurück, findet wieder Spaß an der Musik. Seit 2002 tritt er wieder mit Band auf, komponiert neue Songs, füllt Hallen mit bis 3000 Zuschauern, schreibt drei Lebensratg­eber, garniert mit den eigenen Erfahrunge­n.

„Mein größter Erfolg ist, wieder den Weg zurück in die Normalität gefunden zu haben“, resümiert Schilling. „Coming Home“ist wie ein musikalisc­her Trip „back to the roots“– und gleichzeit­ig ein Beam-me-up-Erlebnis in die Zukunft.

Am 24. März erscheint Peter Schillings neues Album „Coming home – 40 Years of Major Tom“.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Nach dem galaktisch­en Erfolg kam der rasante Absturz: Sänger Peter Schilling bei einem Fernsehauf­tritt als Major Tom.
FOTO: IMAGO Nach dem galaktisch­en Erfolg kam der rasante Absturz: Sänger Peter Schilling bei einem Fernsehauf­tritt als Major Tom.
 ?? FOTO: PR ?? Peter Schilling
FOTO: PR Peter Schilling

Newspapers in German

Newspapers from Germany