Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mit 52 Jahren zurück in der Lehre

Betriebe im Allgäu bilden zunehmend auch über 50-Jährige aus

- Von Matthias Kleber

- „Es ist keine einfache Arbeit, aber ich weiß, dass sie die richtige für mich ist“, sagt Monika Michalski. Sie spricht von ihrer Tätigkeit in der Lebenshilf­e Kempten. Michalski ist 52 Jahre alt und macht derzeit eine Umschulung zur Erzieherin. Wenn alles klappt, wird sie noch in diesem Jahr damit fertig, sagt sie. Vermittelt wurde ihr die Ausbildung­sstelle von der Agentur für Arbeit Kempten-Memmingen.

Und Michalski ist kein Einzelfall: „Im Jahr 2022 haben 28 Personen, die 50 Jahre oder älter waren, eine über die Agentur für Arbeit Kempten-Memmingen geförderte Umschulung beendet“, sagt Pressespre­cherin Monika Ambronn. 17 davon in den Bereichen Pf lege und Erziehung.

Schon vor ihrer Anstellung in Kempten habe sie einige Berufsfeld­er kennengele­rnt, berichtet Michalski: „Nach dem Ende meines Studiums arbeitete ich in Polen als Musiklehre­rin.“Recht schnell habe sie allerdings gemerkt, dass sie damals noch nicht reif genug für die Arbeit mit Kindern gewesen sei.

Im Jahr 2009 kam Michalski nach Deutschlan­d und war zunächst als Reinigungs­kraft in einer Bäckerei nahe München tätig, später als Maschinenf­ührerin in einer Allgäuer Druckerei. Dort machten ihr allerdings die Nachtschic­hten schwer zu schaffen, sodass sie sich dazu entschied, in den pädagogisc­hen Sektor zurückzuke­hren. Nun befindet sie sich im letzten Lehrjahr zur Erzieherin – im sogenannte­n Anerkennun­gsjahr. Und die Chancen, nach der Ausbildung übernommen zu werden, stehen laut Michalski nicht schlecht. Auch Monika Ambronn erklärt: „In fast allen Branchen herrscht Fachkräfte­mangel.“Daher seien die Betriebe immer mehr dazu bereit, ältere Bewerberin­nen und Bewerber einzustell­en – und sie davor sogar umzuschule­n. Nach Angaben der Agentur waren im September 2022 von ursprüngli­ch 6319 gemeldeten Ausbildung­sstellen im Allgäu noch 1260 Ausbildung­sstellen unbesetzt.

„Trotz alledem haben es Menschen Ü50 noch immer schwerer als jüngere Bewerber, eine Stelle zu bekommen“, betont Ambronn. Gerade deswegen möchte sich Michalski beweisen – auch wenn ihr das Büffeln nicht immer leicht fällt, wie sie erzählt: „Deutsch ist nicht meine Mutterspra­che, da fliegt manches Gelerntes schnell wieder aus dem Kopf.“Zudem wurde ihre Ausbildung von fünf auf drei Jahre verkürzt, weil sie durch ihr Studium bereits pädagogisc­he Vorkenntni­sse besitzt. Dennoch absolviere sie dieselben Tests wie ihre Kolleginne­n und Kollegen, berichtet Michalski. Elf Teil- und Zwischenpr­üfungen habe sie bereits bestanden. Ihre abschließe­nde Facharbeit zum Thema „Stärkung der Grobmotori­k“stehe allerdings noch aus.

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SYMBOLFOTO: UWE ANSPACH/DPA Ein Großteil der Umschulung­en im Allgäu für Personen, die älter als 50 sind, erfolgen im Erziehungs- und Pflegesekt­or.

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