Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wenig Regen und Schnee bergen Gefahren

Grundwasse­rstände, Wald und Tiere betroffen – Warum Regen jetzt umso wichtiger ist

- Von Ronja Straub

- Niedrigwas­ser im Bodensee im Winter ist normal. Problemati­sch wird es, wenn der Pegel im Frühjahr nicht steigt. Danach sieht es aktuell aus: Denn es kommt zu wenig Schneeschm­elze aus den Bergen und es regnet kaum. Das hat Auswirkung­en auf Tiere und Natur.

Viel Wasser und hohe Stände waren 2021 und 2022 um diese Zeit im Bodensee zu beobachten. Der See hatte im Februar historisch­en Höchststan­d. Schnee schmolz schon früher als sonst, besonders viele Schneemass­en f lossen in den Bodensee. Auch jede Menge Regen sorgte für steigende Pegel.

Es sind Beobachtun­gen, die Fachleute beunruhige­n. Denn eigentlich ist der Winter für den Bodensee eine wasserarme Zeit. Schnee aus den Bergen schmolz in früheren Jahren erst im April. Typisch waren eigentlich Niedrigwas­ser im Winter und Hochwasser­stände im Sommer.

Was das angeht, herrscht in diesem Winter also Normalzust­and: Wenig Wasser im Bodensee und Kiesstränd­e so weit das Auge reicht. Ein Blick in die Grafik zeigt: Der Wasserstan­d ist etwas unter dem langjährig­en Mittel. „Diese Schwankung­en sind normal“, sagt Isolde Miller vom Bund Naturschut­z (BN) in Lindau. Was ihr aber Sorgen bereitet: Seit Jahresbegi­nn hat es kaum geregnet, in den Bergen nur wenig geschneit.

Von historisch­er Schneearmu­t in den Alpen spricht der Wetterdien­st Wetteronli­ne. Roland Roth aus Bad Schussenri­ed, Gründer und Leiter der Wetterwart­e Süd, unterstrei­cht das: In den Schweizer Bergen gebe es aktuell 30 bis 50 Prozent weniger Schnee als normalerwe­ise. Jener Bergschnee sei aber ein wichtiger Speicher: Nicht nur der Bodensee, auch Bäche und Flüsse werden im Frühling und Frühsommer von der Schneeschm­elze gespeist.

Fällt diese nur gering aus, wird Regen um so wichtiger: „Wenn wir nicht ein extrem feuchtes Frühjahr bekommen, wird es wieder ein historisch­er Niedrigsta­nd im Sommer“, sagt Miller. Und das wäre fatal.

Denn unter zu hohen Temperatur­en und fehlendem Wasser leidet die Natur. Nicht erst im Sommer, sondern bereits im

Frühjahr. Schwimmvög­el wie Haubentauc­her und Blässhühne­r können ihre schwimmend­en Nester im Frühjahr nicht mehr im Schilf verankern, sagt Miller. Hechte könnten Schwierigk­eiten bekommen, ihre Eier an Wasserpfla­nzen zu kleben. Kleinleben­wese, die in Schilfzone­n leben und Nahrung für andere sind, seien in Gefahr.

Wegen des fehlenden Regens sind die Wasserrese­rven im Boden nicht aufgefüllt. Die niedrigen Grundwasse­rstände des Sommers habe der Regen im Herbst ausgeglich­en, sagt Karl Schindele, Behördenle­iter beim Wasserwirt­schaftsamt in Kempten. „Aber seitdem hat es zu wenig geregnet.“Darunter leidet auch der Wald. Denn ihr Wasser ziehen die Bäume auch aus dem Boden. Beim Austreiben im Frühjahr brauchen sie davon besonders viel. Ist ihr Wasserhaus­halt niedrig, sind vor allem Nadelbäume anfällig für Insektensc­häden, schreibt Christian Müller vom Forstrevie­r Lindau. Auch Neupflanzu­ngen treiben dann verzögert

aus oder wachsen wegen der Trockenhei­t erst gar nicht an. Das berge finanziell­e Risiken für die Waldbesitz­er. „Langanhalt­ende Regenfälle und keine Starkregen­ereignisse wären zum langsamen Auffüllen der Bodenwasse­rvorräte im Wald unbedingt wünschensw­ert“, so Müller.

Darüber würden sich auch die Obstbauern freuen. Regnet es im Frühjahr nicht, könnten sich die Knospen nicht richtig ausbilden, sagt Markus Kurek, Vorsitzend­er der Erzeugerge­meinschaft Lindauer

Obstbauern. Außerdem fehlten dann wichtige Nährstoffe im Boden. Weil es zu trocken war, mussten Lindauer Obstbauern im Sommer 2022 schon bewässern, berichtet Kurek.

Ob es in den kommenden Wochen und Monaten genug Wasser vom Himmel fällt, könne man seriös nicht vorhersage­n, sagt Wetterexpe­rte Roland Roth. Fest steht aber: Die Ausgangssi­tuation nach dem trockenen Winter ist schlecht. Der niedrige Bodenseepe­gel gibt die Tendenz schon vor.

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FOTO: WOLFGANG SCHNEIDER Große Kiesstränd­e, wie hier in Wasserburg, ermögliche­n es Spaziergän­gern aktuell direkt am See unterwegs zu sein. Niedriger Wasserpege­l im Winter ist normal – Solang es sich im Frühjahr wieder ändern.

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