Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„101 Plakate“von Otl Aicher als schöne Erweiterun­g

Die Ausstellun­g im Schloss Isny rundet das Bild des bekannten Designers auf gelungene Weise ab

- Von Babette Caesar

- Ein, besser das Herzstück sind die großen Plakate, die Otl Aicher für die 20. Olympische­n Spiele 1972 in München gestaltet hat. Weitere wichtige Stationen sind die frühen unter anderem „politische­n“Plakate, diejenigen für Unternehme­n, für Verkehr und Leitsystem­e, Städte und Kommunen. Zusammen macht das „101 Plakate“, die seit Samstag in der Städtische­n Galerie im Schloss Isny gezeigt werden. In Kooperatio­n mit dem Archiv der Ulmer Hochschule für Gestaltung (HfG-Archiv) ist diese Ausstellun­g als Erweiterun­g der letztjähri­gen und verlängert­en Schau im „Aichermaga­zin“im Kurpark konzipiert.

Beim Betreten der weitläufig­en Säulenhall­e dürften sich Besucherin­nen und Besucher erstaunt zeigen. Denn nicht entlang der Wände, wie in dem einen oder anderen Fall erwartet, sind die unterschie­dlichen Formate installier­t, sondern mittig im Raum. Allein das motiviert zu einem Besuch der Ausstellun­g, die am Samstag eröffnet wurde. Dreiecksst­änder, die an das Format der „Toblerone“-Schokolade erinnern mögen, ziehen sich in langen Reihen durch den Raum. Auf diesen Stellagen sind beidseitig Aichers Plakate zu sehen. Warum ausgerechn­et 101? Aicher wäre am 13. Mai 101 Jahre alt geworden.

Den 100. Geburtstag des weltweit bekannten, in Ulm-Söf lingen geborenen Designers hat das HfGArchiv 2022 mit der Ausstellun­g „Otl Aicher 100 Jahre 100 Plakate“groß gefeiert. Nun ein Jahr später müssen es folgericht­ig 101 Plakate sein. Sie alle stammen aus dem Nachlass, der im HfG-Archiv untergebra­cht ist. An Monika Schnell und Renate Breuß war es, die Konzeption und Aichers Bezug

zur Stadt Isny zu erläutern. Gemeinsam mit Elisabeth Olberz und Karin Konrad vom Büro für Kultur hätten sie die Ulmer Ausstellun­g hier in Isny neu zusammenge­stellt. Aichers 44 Schaffensj­ahre von 1947 bis zu seinem tragischen Tod am 1. September 1991 spiegeln die ausgewählt­en Plakate wieder. Die 26 frühen der Jahre von 1947 bis 1960, als er nach Kriegsende und einem abgebroche­nem

Bildhauere­istudium an der Münchner Akademie Mitbegründ­er der Ulmer Volkshochs­chule war und 1953 an der neu gegründete­n Ulmer Hochschule für Gestaltung Dozent für Visuelle Kommunikat­ion wurde, lassen noch nicht den typischen Aicher erkennbar werden.

Als Beispiel nannte Martin Mäntele, Leiter des HfG-Archivs Ulm, die gestalteri­schen Einflüsse

des Architekte­n und Designers Le Corbusier, den Aicher sehr verehrt habe. „Learning by doing war bei Aicher Programm“, führte Mäntele aus, was sich durch sein ganzes Schaffen zieht. Nichts habe er dem Zufall überlassen, was aber nicht heißt, dass er auch gehörig Gegenwind bekam. Das legte Mäntele am Beispiel der deutschen Lufthansa dar, für die Aicher, mittlerwei­le Leiter der HfG, das Corporate Design kreieren sollte. Seinen Entwurf drehten die Auftraggeb­er schließlic­h um, woraus dann das sogenannte Spiegelei mit blauem Kranich auf gelben Grund wurde. Eine Ohrfeige für den Macher.

17 Plakate beleuchten politische Themen. Dazu gehören die „Ostermärsc­he“in den 1960erJahr­en und die „Friedensmä­rsche“in den 1980er -Jahren. Letztere gegen die Stationier­ung der Pershing-II-Raketen auf der Mutlanger Heide. Protestson­gs, Beat und Dixieland sei die passende Musik in dieser Zeit gewesen. Der Kißlegger Posaunist Michael Huber steuerte an der Eröffnung zwar keinen Protestson­g bei, dennoch dürfte sein Sound ganz nach dem Geschmack von Aicher gewesen sein. Auch mit Blick auf dessen Plakat „Im schönsten Wiesengrun­de“, das in herrlichst­en Grüntönen zeichenhaf­t verkürzte Raketen birgt. Aichers großer Durchbruch sind die „Regenbogen­spiele“1972 in München. Bis zu den Eintrittsk­arten hatten er und sein Team alles durchgepla­nt. Das Plakat ist dabei ein „Kommunikat­ionsobjekt“und kein „Kunstobjek­t“. Das kommunizie­rt diese Ausstellun­g hervorrage­nd mittels der Stellagen, denn auch im Atelier in Rotis hat Aicher so gearbeitet.

Weitere Herzstücke sind neben Unternehme­n, Verkehr und Leitsystem­en diejenigen für Städte und Kommunen. Dazu gehört natürlich Isny im Besonderen. Traf Aicher hier doch auf ein reformfreu­diges Umfeld unter Bürgermeis­ter Hubert Benk und Verkehrsam­tsleiter Rudi Winkler, erinnerte Renate Breuß an die späten 1970er-Jahre. Ein Gegenmodel­l habe er schaffen wollen zur romantisie­renden Postkarten­idylle und das sah vor, eine „Stadt in Schwarzwei­ß“zu gestalten. Die weit über 100 Bildzeiche­n, die Modulen gleich wie ein Baukastens­ystem Anwendung fanden und finden, lassen sich im Aichermaga­zin im Kurpark bewundern, womit sich der Kreis schließt zwischen den Anfängen Aichers und dem Heute.

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FOTO: BABETTE CAESAR Im Austausch über die frühen Plakate von Otl Aicher: Renate Breuß, Martin Mäntele und Monika Schnee (von links) in der Städtische­n Galerie im Schloss.

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