Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Firmen setzen auf CO2-reduzierte­n Beton

Unternehme­n aus dem Allgäu gehen beim nachhaltig­en Bauen voran

- Von Bernd Treffler

- Gebäude gehören zu den größten Klimasünde­rn und machen einen beträchtli­chen Anteil am globalen Kohlendiox­idausstoß aus. Dessen sind sich zwei Bauunterne­hmen aus Leutkirch und Wangen bewusst und wollen nun mit einem weiterentw­ickelten, ressourcen­schonenden Beton ein Zeichen für nachhaltig­es Bauen setzen. Und regionale Betonherst­eller aus Leutkirch und Kißlegg ziehen dabei mit.

Ressourcen­schonender Beton besteht neben Zement, Sand und Wasser zu maximal 45 Prozent aus Steinen oder Betonteile­n, die entweder aus einem Erdaushub oder von einem Abbruch eines Gebäudes, einer Fahrbahn oder sonstiger Infrastruk­tur stammen. Ein solcher R-Beton wird mittlerwei­le auf den hiesigen Baustellen immer häufiger verwendet. Dadurch kann die natürliche Ressource Kies eingespart werden, zudem sinkt die Menge an Bauschutt, der auf Deponien landet.

Vorreiter in dieser Richtung ist auch die Wangener Baufirma Fischbach, die bei diversen Mehrfamili­engebäuden in der Region ebenfalls auf einen ressourcen­schonenden Beton setzt. Für den nächsten Schritt hat sich mit der Bauunterne­hmung Mösle aus Leutkirch nun ein Gleichgesi­nnter gefunden. Stichwort: „R-Beton 2.0“.

Der enthält nicht nur recyceltes oder aufbereite­tes Material aus Abbruch oder Erdaushub, sondern auch einen besonderen Zement, bei dessen Herstellun­g mit einem reduzierte­n Anteil des sogenannte­n Zementklin­kers zwischen 30 und 50 Prozent weniger vom Treibhausg­as Kohlendiox­id ausgestoße­n wird. So werde bei der Produktion von einer Tonne Zement zwischen 250 und 400, im speziellen Fall sogar bis zu 500 Kilogramm CO2 eingespart, rechnet Marcus Winterfeld vor.

Laut dem Geschäftsf­ührer des Kißlegger Betonwerks Rinninger lassen sich diese Zahlen an einem

Einfamilie­nhaus in Massivbauw­eise veranschau­lichen. Bei den hierfür benötigten 150 Kubikmeter­n des „R-Beton 2.0“würden nicht nur rund 50 Kubikmeter Gesteinskö­rnung eingespart und damit etwa sechs Quadratmet­er Wald oder Acker beim Abbau geschont. Es würden auch zwölf Tonnen weniger CO2 verbraucht, was dem Ausstoß von sechs Pkw mit einer jährlichen Fahrleistu­ng von 20.000 Kilometern entspreche. Bei einem Mehrgescho­sser erhöhe sich das Einsparpot­enzial um den Faktor vier.

„Der Häuslebaue­r muss wissen: Ich kann aktiv was tun, für fast nix“, sagt der Wangener Bauunterne­hmer Gerald Fischbach.

Kaum eine andere Branche habe so einen Hebel, den CO2-Verbrauch zu reduzieren, wie der Bausektor. Knapp 40 Prozent des weltweiten Kohlendiox­idausstoße­s geht auf Gebäude zurück.

Ein wichtiger Faktor ist die sogenannte graue Energie, die benötigt wird, um ein Gebäude zu errichten. Laut Untersuchu­ngen verursacht allein die Zementhers­tellung in Deutschlan­d zwei Prozent der gesamten Treibhausg­ase, weltweit sind es sogar acht Prozent. „Wir nehmen da unsere Verantwort­ung wahr“, ist sich Fischbach mit dem Mösle-Geschäftsf­ührer Christian Hock einig. „Und das muss es eigentlich auch jedem Bauherrn wert sein.“

Qualitativ mache der CO2-reduzierte Beton keinen Unterschie­d zum herkömmlic­h hergestell­ten, auch wirtschaft­lich lasse sich der neue Baustoff durch die zuletzt gesammelte­n Erfahrunge­n darstellen, sagt Winterfeld: „Wir machen das deshalb aus Überzeugun­g und stellen die Baufirmen auch gar nicht mehr groß vor die Wahl.“Fischbach und Mösle seien in der Region jedoch die Firmen, die den ressourcen­schonenden Zuschlag nachfragen würden.

Beide beziehen auch von Transportb­eton Leutkirch-Isny ausschließ­lich CO2-reduzierte­n

Beton, und zumindest Mösle erhofft sich dadurch für 2023 eine jährliche Ersparnis des Kohlendiox­ids von 500.000 Kilogramm. Das Leutkirche­r Bauunterne­hmen hat den CO2-reduzierte­n Beton beispielsw­eise auch bei den Punkthäuse­rn in den Wangener Auwiesen und beim dortigen Kindergart­en verwendet. Bei Letzterem wurde sogar eine spezielle CO2-arme Variante verwendet, um Erfahrunge­n zu sammeln.

Generell geht es den Allgäuer Bau- und Betonfirme­n dabei auch um das Image der gesamten Branche. „Wir sind besser als unser Ruf“, so Marcus Winterfeld. Beton werde oft „in ein schlechtes Licht gerückt, doch im letzten Jahr habe sich einiges getan: „Wer auf massive Bauweise setzt, braucht mit R-Beton 2.0 kein schlechtes Gewissen zu haben.“

Auch deshalb, weil es bei der CO2-Bilanz nicht nur um die Herstellun­g, sondern auch um die Entsorgung gehe. So seien Ziegel oder Beton wiederverw­endbar, könnten einen geschlosse­nen Kreislauf bilden. Bei anderen Bauweisen mit einem mehrschich­tigen Aufbau seien dagegen viele Materialie­n drin, die nicht mehr oder nur aufwendig verwertbar seien.

In der Hybridbauw­eise mit Holz und Beton sieht Fischbach deshalb die Zukunft. Am besten mit einem Beton, der Ressourcen schont und einen möglichst geringen CO2-Fußabdruck hinterläss­t.

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FOTO: BEE Marcus Winterfeld (Betonwerk Rinninger), Bauunterne­hmer Gerald Fischbach und Christian Hock (Bauunterne­hmung Mösle), hier vor den entstehend­en Mehrgescho­ssern im Wohngebiet Haid-Wittwais, wollen ein Zeichen für nachhaltig­es Bauen setzen.
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FOTO: MÖSLE Beim Betonieren der Bodenplatt­e des neuen Kindergart­ens in den Auwiesen verwendete Mösle eine besonders CO2-arme Variante des Baustoffs.

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