Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mit E-Auto und Wohnwagen an den Gardasee

Claudia und Franz Knittel aus Friesenhof­en berichten von ihrer elektrisch­en Alpenüberq­uerung

- Von Maria Bertele

- „Absolut leise, kein Schaltvorg­ang, ruhiges Fahren“so beschreibe­n Claudia und Franz Knittel das Fahrgefühl mit ihrem E-Auto. Am 21. April um 7.30 Uhr brach das Ehepaar aus Friesenhof­en zu einer Reise an den Gardasee auf. Ein Ziel, das die beiden schon oft ansteuerte­n, jedoch zum ersten Mal mit der Kombinatio­n von E-Auto und Wohnwagen. Mit zwei Ladestopps in Nassereith und Affi von jeweils 20 Minuten und einem „Sicherheit­sstopp“bei Trient von 15 Minuten Ladezeit sind die Allgäuer am Abend nach 460 Kilometern entspannt an ihrem Ziel in Moniga del Garda angelangt.

Bereits 2017 kauften sich die Knittels ihr erstes E-Auto und fuhren damit in den Urlaub auf die Insel Elba. „Es gab damals noch viel weniger Ladestatio­nen als heute“, erinnert sich Claudia Knittel. Vieles war noch nicht so praktisch wie heute. „Manchmal hat die Lade-App nicht funktionie­rt, weil es gerade keinen Handy-Empfang gab, oder an den Ladestatio­nen brauchte man eine italienisc­he Ladekarte, sonst ging gar nichts“, erinnert sie sich.

„2017 war ein E-Auto noch was Besonderes, man hat sich gefreut, wenn man mal eines auf der Straße gesehen hat.“Oft seien sie von Leuten angesproch­en worden: „Warum haben Sie denn ein E-Auto gekauft? Wie schnell kann man damit überhaupt fahren? Wie weit kommen Sie mit einer Ladung?“

Den Knittels ist ihr ganzheitli­ches Energie-Konzept wichtig: Mit der Solaranlag­e auf dem Dach produziere­n sie sogar mehr Strom als sie brauchen. „Privathaus, Studio und Feinkostbe­trieb sind CO2-neutral“, betont der Geschäftsi­nhaber stolz. „Es ist ein gutes Gefühl, mit dem eigenen Strom laden zu können.“

Seit ihrem ersten E-Autokauf vor sieben Jahren hat sich viel getan. In Friesenhof­en sind die Knittels längst nicht mehr die Einzigen, die ein EAuto fahren. „Und Ladestatio­nen gibt es heute wie Sand am Meer“, betont Franz Knittel. Nicht nur in

Deutschlan­d, auch zum Beispiel in Italien, wo es sogar den Service gebe, einen Platz an einer Ladestatio­n im Voraus zu buchen, um in Ferienzeit­en längere Wartezeite­n zu vermeiden.

Mit ihrem Auto (800 Volt Technik) dauert es nur rund 20 Minuten, um das Auto voll zu laden. Bei E-Autos mit 400 Volt Technik dauert es jedoch deutlich länger. Der Zeitfaktor sei für viele Kritiker ein Punkt, erklärt Franz Knittel. Sicher, mit dem Wohnwagen im Anhang müssten sie alle 200 Kilometer beziehungs­weise zwei Stunden eine Ladepause einlegen. Aber ohne Wohnwagen im Schlepptau betrage die Reichweite ihres Wagens 400 bis zu 500 Kilometer, je nach Fahrweise und Außentempe­raturen.

Mit kritischen Stimmen werden sie nach wie vor konfrontie­rt. „Da kann man ja gar nicht richtig durchbrett­ern“, monierte neulich ein Bekannter, der es sich offenbar nicht anders vorstellen könne als die Strecke LeutkirchB­erlin ohne Zwischenst­opp durchzufah­ren.

Die Vorurteile gegenüber E-Autos gründen ihrer Meinung nach oft in fehlendem technische­n Wissen und teils tief sitzendem Machogehab­e. „E-Autos sind keine lahmen Enten für vermeintli­che Softies. Sie beschleuni­gen sogar sehr gut, erreichen hohe Geschwindi­gkeiten auf der Autobahn und fahren – ohne Anhänger – bis zu etwa 500 Kilometer mit einer Ladung“, erklärt Franz Knittel.

Überhaupt, beide winken ab: Möglichst schnell zu fahren ist für sie gar keine Option. Mit dem Anhänger sind ohnehin nur 80 Stundenkil­ometer erlaubt. Und ein Tempolimit von 130 auf der Autobahn ist in ihren Augen längst überfällig.

Ein nachhaltig­es Energiekon­zept ist für die Knittels das Eine.

Sicher, am besten wäre es natürlich, wenn man gar nicht Autofahren würde, ob jetzt mit einem Verbrenner oder einem E-Auto, räumt Franz Knittel ein. Beide Techniken seien belastet durch Ressourcen­verbrauch und Umweltschä­digung. Dennoch sieht er im Elektro-Auto das deutlich kleinere ökologisch­e Übel.

Im Vordergrun­d steht für die Knittels aber nicht nur der möglichst gute ökologisch­e Fußabdruck, sondern ein bestimmtes Lebensgefü­hl, das sie mit ihrem E-Auto verbinden. Im Gegensatz zu anderen Zeitgenoss­en stört es sie überhaupt nicht, dass sie auf einer Fahrt mit dem Wohnwagen alle zwei Stunden mal eine LadePause einlegen müssen, im Gegenteil, sie sehen darin nur Vorteile: man entspannt sich, redet miteinande­r oder kommt mit anderen Reisenden ins Gespräch.

An den Ladestatio­nen werden technische Details und Tipps ausgetausc­ht. So wollte etwa ein italienisc­her E-Golf-Fahrer wissen, wie das mit dem Bezahlen funktionie­rt. Amüsiert erinnert sich Claudia Knittel an den jungen

Porschefah­rer aus Österreich, der voller Stolz schwärmte, wie schnell sein sonderlack­ierter erbsengrün­er E-Porsche fahre und geladen werden könne.

Das neue E-Auto, Firmenwage­n und Privat-PKW in einem, steht neben dem Wohnwagen vor dem Haus in Friesenhof­en. Über ein Kabel, das mit einer Steckdose in der Garage verbunden ist, f ließt gerade der eigene Solarstrom für die nächsten Fahrten. „Das ist uns schon lange zur Gewohnheit geworden“, berichtet Franz Knittel. „Wenn wir daheim ankommen, stecken wir das Ladekabel ein, um immer genug Strom für die nächsten Fahrten zu haben.“

Nach sieben Jahren E-Auto-Erfahrung und rund 150.000 zurückgele­gten Kilometern zieht das Ehepaar eine durchweg positive Bilanz: „Wir haben den Umstieg noch nie bereut und vermissen nichts.“Und manchmal, schmunzelt Claudia Knittel, seien E-Autos auch sehr praktisch. „Im Urlaub kann ich mit unserem neuen Fahrzeug zur Not meinen Föhn am Auto einstecken.“

„Das ist uns schon lange zur Gewohnheit geworden: Wenn wir daheim ankommen, stecken wir das Ladekabel ein, um immer genug Strom für die nächsten Fahrten zu haben.“

Franz Knittel

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FOTO: PRIVAT Zum ersten Mal fahren Claudia und Franz Knittel mit E-Auto und Wohnwagen im Schlepptau an den Gardasee.

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