Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Das sind Früchte unserer Arbeit“
Axel Städter leitet die Mewo-Kunsthalle in Memmingen kommissarisch für ein Jahr
- Halbzeit für Axel Städter: Der 41-Jährige ist seit Oktober Interimsleiter der MewoKunsthalle und der Museen im Antonierhaus, nachdem sich Axel Lapp ein Sabbatjahr genommen hat. Im Haus beschäftigt ist Städter seit 2015 für Öffentlichkeitsarbeit und als Kurator. Sein vorübergehender Aufstieg zum Kopf des Teams fällt in eine Zeit, in der die Besucherzahlen deutlich nach oben gehen: 2023 um 38 Prozent in der Kunsthalle und um 30 Prozent im Strigel- und Antonitermuseum; im Februar kamen in die Kunsthalle sogar 95 Prozent mehr Besucher als im Februar 2023. In die Freude über den Erfolg mischt sich bei Städter aber auch die Sorge, inwieweit die Stadt Memmingen angesichts angespannter Haushaltslage bereit ist, dem gestiegenen Personalbedarf Rechnung zu tragen.
„Ich bin in eine unstete Zeit gekommen“, sagt Städter, „der Oberbürgermeister ist noch nicht lange im Amt, der Kämmerer hat gewechselt, und die Kulturamtsleitung wird neu besetzt.“Überall gebe es Kürzungsansagen, aber noch sei nichts konkretisiert worden. Städter betont, sein Team arbeite bereits „am Limit“und müsse deshalb Anfragen etwa von Schulklassen zurückstellen, weil
es personell nicht zu stemmen sei. Im Mini-Atelier biete man jetzt zwei statt eines Termins an – und das sei noch zu wenig. „Davon konnten wir früher nur träumen. Wir sind inzwischen ein Aushängeschild für die Stadt und werden geradezu überrannt“, sagt er. Besucher kämen teils bis aus München, Ulm, Augsburg oder Oberstdorf. „Das sind die Früchte unserer Arbeit.“
Für diesen Erfolg führt Städter unterschiedliche Gründe an: an erster Stelle die „qualitätvolle Ausstellungsarbeit“samt Begleitprogramm. Für eine größere
Reichweite sorgten auch das Netzwerk Familien Museen Allgäu sowie Influencer und Influencerinnen, die Werbung für die Mewo-Kunsthalle machen. „Da gab schon mal 100.000 Views auf ein Reel auf Instagram“, berichtet er. Auch die Tourist Information habe ihren Anteil daran – oder das Deutschlandticket. Unschön seien aber Gerüchte, dass die Zahlen nur so hoch seien, weil die Bahnhofstoiletten kaputt sind und die Menschen sie in der Mewo-Kunsthalle kostenlos nutzen könnten. „Das ist eine Watschn für alle Mitarbeiter“, findet Städter.
„Ich lasse jetzt zählen, wer nur aufs Klo geht, das ist ein verschwindend geringer Anteil.“
Nicht ohne Stolz blickt Städter darauf, wie sich die Kunsthalle in den vergangenen Jahren entwickelt und gewandelt hat. Schließlich trug er als rechte Hand von Axel Lapp, der zunächst bis auf das Aufsichtspersonal keine Mitarbeiter hatte, einiges dazu bei. „Das Einzige, was ich noch hätte machen können, wäre, am Stuhl vom Chef zu sägen“, scherzt er und fügt augenzwinkernd hinzu: „Aber das kam ja dann von selbst.“Und wie ist es nun so als vorübergehender Chef des Hauses? „Ich werde plötzlich anders gesehen, es wird aber auch mehr von mir eingefordert“, sagt Städter. Da komme schon mal am Sonntag ein Anruf, das KinderKunstlabor sei zu voll und was man jetzt machen solle. Auch unangenehme Entscheidungen habe er jetzt zu treffen oder Reibungen im Team zu lösen. „Ich war aber immer schon Mittler im gesamten Team und lege Wert darauf, nicht hierarchisch zu führen“, ergänzt er.
Nicht erfüllt habe sich die Hoffnung, nun viel herumzufahren und Ateliers besuchen zu können. Dafür sei zu wenig Zeit. Aber es mache wahnsinnig Freude – wie auch vorher schon – mit Künstlern zusammenzuarbeiten, sich inhaltlich als Kurator zu äußern und Themen zu setzen wie etwa mit der Hex-Ausstellung. Wichtig sei auch, Prozesse im Haus zu verbessern, zum Beispiel in der Digitalisierung oder der Bürokratie. Dafür sei ein Jahr aber zu kurz, schränkt er ein. Insgesamt gelte es, die Mewo-Kunsthalle als demokratischen Ort weiterzuentwickeln, an dem unterschiedliche Strömungen und Meinungen nebeneinander Platz haben, der Kultur für alle bietet und institutionelle Mauern auflöst. Das neue Atelier-Angebot „partiLab“zum Beispiel ziehe vermehrt Jugendliche ins Haus. Ins Kinder-Kunst-Labor kämen auch Menschen, die sonst nicht in Kunsthallen gehen – und die dann auch mal durch die anderen Ausstellungen laufen, wenn es dort zu voll ist.
Nach diesem Jahr wieder ins zweite Glied zurückzurutschen, sei für ihn menschlich kein Problem, versichert Städter, für den Memmingen die erste Station nach dem Studium der Kunstgeschichte, Multimedia in der Geistesund Sozialwissenschaft sowie Kunstwissenschaft und Kunsttechnologie war. Andererseits will er nach der Erfahrung in Führungsverantwortung nicht zu lange damit warten, sie wieder zu übernehmen – was bedeute, sich woanders zu bewerben.