Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Beknackte Schuldenbr­emse“aushebeln

Baden-württember­gischer SPD-Spitzenkan­didat für Europawahl zu Gast in Aitrach

- Von Patrick Müller ●

- René Repasi ist der baden-württember­gische Spitzenkan­didat der SPD für die Wahlen zum Europäisch­en Parlament am 9. Juni. Vergangene Woche war der Jurist im Rahmen des Wahlkampfe­s zu Gast in Aitrach. Hier erklärte er unter anderem, warum er das Einstimmig­keitsprinz­ip zwischen den EU-Staaten abschaffen möchte und wie er die deutsche Schuldenbr­emse über die EU aushebeln würde.

Gemeinsam mit den Bundestags­abgeordnet­en Heike Engelhardt und Martin Gerster zeige Repasi mit seinem Besuch, wie wichtig der SPD die ländlichen

Regionen sind, heißt es in der Ankündigun­g zu dieser Veranstalt­ung im „Rössle“. Knapp 20 Zuhörer folgten dieser Einladung zu einem „Europaaben­d“mit dem Vorsitzend­er aller deutschen SPD-Abgeordnet­en im Europäisch­en Parlament.

Als halber Ungar mit einer polnischen Frau bezeichne er sich im Parlament selbst immer als „Rechtsstaa­tlichkeits-Experte“, so Repasi bei seiner Vorstellun­g schmunzeln­d. Mit Blick auf Herausford­erungen wie Corona, Klimawande­l und Angriffskr­iege – die alle eint, dass ihnen Ländergren­zen egal sind – steht für ihn fest, dass hier ein Denken in Grenzen keinesfall­s die Lösung sein kann. Ein Plädoyer für Europa und gemeinsame europäisch­e Lösungen.

Bei seinen europapoli­tischen Schwerpunk­ten, für die er stehe, nannte Repasi auch den Wegfall des Einstimmig­keitsprinz­ips. Wenn ein Staat alle andere blockieren kann, komme man nicht weiter. Deswegen brauche man das Mehrheitsp­rinzip. Außerdem brauche es eine gemeinsame Verteidigu­ng. Es mache, so Repasi, doch keinen Sinn, wenn 27 Armeen für sich versuchen, sich zu modernisie­ren. Zumal das für manche Länder finanziell auch gar nicht machbar sei.

Deutschlan­d könnte das aufgrund seiner Wirtschaft­skraft eventuell sogar, erklärte Repasi. Wenn da nicht die „beknackte Schuldenbr­emse“wäre. Der Jurist hat allerdings schon einen Plan, wie er dieses Problem lösen würde. Sein Vorschlag: Wichtige Investitio­nen, wie etwa die Verteidigu­ng oder auch die grüne Transforma­tion der Wirtschaft, werden aus dem Bundeshaus­halt ausgeklamm­ert und auf die europäisch­e Ebene verschoben. „In Europa gibt es keine Schuldenbr­emse“, so Repasi.

Generell dürfe man die Rolle der EU auch mit Blick auf den Bestand der Demokratie in den jeweiligen Staaten nicht unterschät­zen. Dass etwa in Ungarn ein Viktor Orban immer noch nicht komplett durchregie­ren kann oder in Polen Donald Tusk überhaupt die Möglichkei­t hatte, die Wahl zu gewinnen, liege auch am EU-Recht. „Europa steht für alles, was die (antidemokr­atischen Parteien, Anm. d. Red.) nicht wollen“, betonte Repasi. Die EU halte Radikale davon ab, „daheim den vollen Zugriff zu bekomme.“

Das Beispiel von Tusk zeige außerdem eindrückli­ch, dass die Mehrheit der Bevölkerun­g prodemokra­tisch ist. Denn, so Repasi, gewonnen habe Tusk auch durch eine besonders hohe Wahlbeteil­igung. Umso wichtiger sei es, dass sich diese Mehrheit auch aktiv für die Demokratie engagiere.

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