Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gelebte gesellschaftliche Solidarität
Verein Solidarisches Netzwerk wächst kontinuierlich – Wichtige Rolle für Fahrdienst
- Der Verein Solidarisches Netzwerk in Aitrach entwickelt sich zum Erfolgsprojekt. Stolz sind die Verantwortlichen vor allem auf ihren Fahrdienst.
In dem knappen Jahr seit seiner Gründung im vergangenen Juni stieg die Mitgliederzahl des gemeinnützigen Vereins beträchtlich. Waren es 65 Personen, die zur Gründungsversammlung aufgenommen wurden, zählt das Solidarische Netzwerk mittlerweile rund 200 Mitglieder. Eine stolze Zahl angesichts von 3000 Einwohnern, die die Gemeinde Aitrach hat. „Und wir bekommen kontinuierlich weitere Mitgliedsanträge“, sagt Michaela Kieble (ehemals Lendrates) von der Koordinierungsstelle im Rathaus erfreut.
Auch die Programmvielfalt ist gewachsen und soll weiterwachsen. Spielenachmittage für Senioren, Handarbeits- und Gymnastikgruppe, Tanznachmittage mit Liveband sowie Radtouren gibt es zum Beispiel bereits. Geplant sind nun „Spiel mit“als Spielenachmittag für alle Generationen und eine Boulegruppe.
Ganz wichtig ist aber allen Verantwortlichen der soziale Fahrdienst, der im Oktober ins Leben gerufen worden ist. „Er war eine absolute Notwendigkeit. Menschen haben eine ganz konkrete Not, wenn sie niemanden haben, der sie fährt. Deshalb mache ich hier im Verein mit“, betont Rudolf Buchmann. Er ist nicht nur Gründungsmitglied und Beisitzer, sondern auch einer von etwa 15 Fahrerinnen und Fahrern des Vereins.
68 Fahrten habe es mittlerweile gegeben, berichtet Michaela Kieble. „Dabei wurden bislang in rund 106 Stunden circa 2000 Kilometer zurückgelegt.“Immer mittwochs von 8 bis 12 Uhr nehmen sie und Rosmarie Sturm im Rathaus (Telefon 07565/980022) die Anmeldungen entgegen. Vor allen Dingen gehe es darum, ältere Menschen zu Arztterminen zu
bringen (natürlich auch wieder zurück). Seltener nachgefragt würden andere Fahrten wie zum Einkaufen oder zum Friseur.
„Fast alle Rückmeldungen sind positiv“, berichtet Albert Gmeinder vom Vorstandstrio des Vereins. Nur ganz wenigen sei das Angebot zu teuer. Gezahlt werden müssen 30 Cent pro gefahrenen Kilometer und sechs Euro pro Stunde (von denen fünf Euro der Fahrer und ein Euro der Verein bekommt). Für Nicht-Mitglieder, denen der Fahrdienst auch offen steht, kommt eine Pauschale von 2,50 Euro hinzu. Gefahren wird montags bis freitags von 7 bis 19 Uhr mit Zielen in einem Umkreis von 30 Kilometern. Die Mitnahme von Rollatoren ist möglich, die von Rollstühlen derzeit nicht.
Auch die Fahrer, die mit ihren eigenen Autos unterwegs sind, erhielten nahezu durchweg ein positives Feedback, erzählen Buchmann und Edmund Mauerer. „Die Leute finden es ganz toll und sind sehr dankbar. Und es ist hochinteressant und oft auch amüsant,
was einem seine Fahrgäste erzählen. Da profitieren wir als Fahrer auch davon.“
Diese Dankbarkeit über das Angebot und die „immer netten Fahrerinnen und Fahrer“können Mathilda Sinodoru-Trautmann und Willi Heinzelmann voll bestätigen. „Ich bin sehr glücklich, dass es diese Sache gibt“, sagt der 88-Jährige. „Ich hätte sonst keine Chance, zum Beispiel zu meinen Arztterminen nach Memmingen zu kommen. Mein Auto habe ich aus gesundheitlichen Gründen abgegeben.“So geht es auch der 86-Jährigen: „Selbst Autofahren kann ich nicht mehr.“Wichtig ist ihr auch zu betonen: „Die Fahrer sind nicht nur nett, sondern alle stets pünktlich.“
„Der Bedarf an diesem Fahrdienst, aber auch am Verein Solidarisches Netzwerk ist da“, sagt Gmeinder mit Blick auf die stetig wachsende Mitgliederzahl. „Es ist, als ob alle nur darauf gewartet hätten.“„Es herrschte im Ort von Anfang an die Stimmung ,das ist was Gutes, da bin ich dabei’, auch
wenn man selbst, zumindest noch, keinen Bedarf für die Angebote hat“, berichtet Rudolf Buchmann. Mit 15 Euro im Jahr sei der Vereinsbeitrag auch gering, und jeder könne sich nach seinen Möglichkeiten einbringen.
Und das gelte nicht nur für die ältere Generation: „Auch Familien, mit denen wir bislang gar keine Berührungspunkte hatten, kommen mittlerweile und wollen beitreten“, erzählt Rosmarie Sturm. „Das pusht uns natürlich, jetzt bald mit ,Spiel mit’ zu starten, um die junge und mittlere Generation einzubinden und die Generationen insgesamt miteinander zu verbinden.“
Mittel- und langfristig ist das auch ein Muss für das Solidarische Netzwerk. „Das Durchschnittsalter von uns Fahrern ist relativ hoch“, sagt Buchmann. „Perspektivisch müssen Jüngere nachrücken.“Bange davor, dass das nicht gelingt, ist den Verantwortlichen aber nicht angesichts des guten Miteinanders in Aitrach.