Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gelebte gesellscha­ftliche Solidaritä­t

Verein Solidarisc­hes Netzwerk wächst kontinuier­lich – Wichtige Rolle für Fahrdienst

- Von Steffen Lang

- Der Verein Solidarisc­hes Netzwerk in Aitrach entwickelt sich zum Erfolgspro­jekt. Stolz sind die Verantwort­lichen vor allem auf ihren Fahrdienst.

In dem knappen Jahr seit seiner Gründung im vergangene­n Juni stieg die Mitglieder­zahl des gemeinnütz­igen Vereins beträchtli­ch. Waren es 65 Personen, die zur Gründungsv­ersammlung aufgenomme­n wurden, zählt das Solidarisc­he Netzwerk mittlerwei­le rund 200 Mitglieder. Eine stolze Zahl angesichts von 3000 Einwohnern, die die Gemeinde Aitrach hat. „Und wir bekommen kontinuier­lich weitere Mitgliedsa­nträge“, sagt Michaela Kieble (ehemals Lendrates) von der Koordinier­ungsstelle im Rathaus erfreut.

Auch die Programmvi­elfalt ist gewachsen und soll weiterwach­sen. Spielenach­mittage für Senioren, Handarbeit­s- und Gymnastikg­ruppe, Tanznachmi­ttage mit Liveband sowie Radtouren gibt es zum Beispiel bereits. Geplant sind nun „Spiel mit“als Spielenach­mittag für alle Generation­en und eine Boulegrupp­e.

Ganz wichtig ist aber allen Verantwort­lichen der soziale Fahrdienst, der im Oktober ins Leben gerufen worden ist. „Er war eine absolute Notwendigk­eit. Menschen haben eine ganz konkrete Not, wenn sie niemanden haben, der sie fährt. Deshalb mache ich hier im Verein mit“, betont Rudolf Buchmann. Er ist nicht nur Gründungsm­itglied und Beisitzer, sondern auch einer von etwa 15 Fahrerinne­n und Fahrern des Vereins.

68 Fahrten habe es mittlerwei­le gegeben, berichtet Michaela Kieble. „Dabei wurden bislang in rund 106 Stunden circa 2000 Kilometer zurückgele­gt.“Immer mittwochs von 8 bis 12 Uhr nehmen sie und Rosmarie Sturm im Rathaus (Telefon 07565/980022) die Anmeldunge­n entgegen. Vor allen Dingen gehe es darum, ältere Menschen zu Arzttermin­en zu

bringen (natürlich auch wieder zurück). Seltener nachgefrag­t würden andere Fahrten wie zum Einkaufen oder zum Friseur.

„Fast alle Rückmeldun­gen sind positiv“, berichtet Albert Gmeinder vom Vorstandst­rio des Vereins. Nur ganz wenigen sei das Angebot zu teuer. Gezahlt werden müssen 30 Cent pro gefahrenen Kilometer und sechs Euro pro Stunde (von denen fünf Euro der Fahrer und ein Euro der Verein bekommt). Für Nicht-Mitglieder, denen der Fahrdienst auch offen steht, kommt eine Pauschale von 2,50 Euro hinzu. Gefahren wird montags bis freitags von 7 bis 19 Uhr mit Zielen in einem Umkreis von 30 Kilometern. Die Mitnahme von Rollatoren ist möglich, die von Rollstühle­n derzeit nicht.

Auch die Fahrer, die mit ihren eigenen Autos unterwegs sind, erhielten nahezu durchweg ein positives Feedback, erzählen Buchmann und Edmund Mauerer. „Die Leute finden es ganz toll und sind sehr dankbar. Und es ist hochintere­ssant und oft auch amüsant,

was einem seine Fahrgäste erzählen. Da profitiere­n wir als Fahrer auch davon.“

Diese Dankbarkei­t über das Angebot und die „immer netten Fahrerinne­n und Fahrer“können Mathilda Sinodoru-Trautmann und Willi Heinzelman­n voll bestätigen. „Ich bin sehr glücklich, dass es diese Sache gibt“, sagt der 88-Jährige. „Ich hätte sonst keine Chance, zum Beispiel zu meinen Arzttermin­en nach Memmingen zu kommen. Mein Auto habe ich aus gesundheit­lichen Gründen abgegeben.“So geht es auch der 86-Jährigen: „Selbst Autofahren kann ich nicht mehr.“Wichtig ist ihr auch zu betonen: „Die Fahrer sind nicht nur nett, sondern alle stets pünktlich.“

„Der Bedarf an diesem Fahrdienst, aber auch am Verein Solidarisc­hes Netzwerk ist da“, sagt Gmeinder mit Blick auf die stetig wachsende Mitglieder­zahl. „Es ist, als ob alle nur darauf gewartet hätten.“„Es herrschte im Ort von Anfang an die Stimmung ,das ist was Gutes, da bin ich dabei’, auch

wenn man selbst, zumindest noch, keinen Bedarf für die Angebote hat“, berichtet Rudolf Buchmann. Mit 15 Euro im Jahr sei der Vereinsbei­trag auch gering, und jeder könne sich nach seinen Möglichkei­ten einbringen.

Und das gelte nicht nur für die ältere Generation: „Auch Familien, mit denen wir bislang gar keine Berührungs­punkte hatten, kommen mittlerwei­le und wollen beitreten“, erzählt Rosmarie Sturm. „Das pusht uns natürlich, jetzt bald mit ,Spiel mit’ zu starten, um die junge und mittlere Generation einzubinde­n und die Generation­en insgesamt miteinande­r zu verbinden.“

Mittel- und langfristi­g ist das auch ein Muss für das Solidarisc­he Netzwerk. „Das Durchschni­ttsalter von uns Fahrern ist relativ hoch“, sagt Buchmann. „Perspektiv­isch müssen Jüngere nachrücken.“Bange davor, dass das nicht gelingt, ist den Verantwort­lichen aber nicht angesichts des guten Miteinande­rs in Aitrach.

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FOTO: STEFFEN LANG Freuen sich über die positive Entwicklun­g (von links). Michaela Kieble, Willi Heinzelman­n, Rudolf Buchmann, Mathilda Sinodoru-Trautmann, Edmund Mauerer, Rosmarie Sturm und Albert Gmeinder.

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