Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Mit Tempolimit wäre der Käs’ gegessen“

Anwohner fordern in Memmingen einen besseren Lärmschutz an den Autobahnen

- Von Volker Geyer

- Nicht nur an den Wochenende­n herrscht auf den Autobahnen rund um Memmingen mehr als nur reger Verkehr. Das Fahrzeugau­fkommen hat sich in den vergangene­n Jahren extrem erhöht – und damit auch die Lärmbelast­ung der Menschen, die in der Nähe der Verkehrsad­ern leben. Besonders betroffen sind Bürger in Buxach und Hart (A 7) sowie in Volkratsho­fen (A 96). Sie haben deshalb eine Infoverans­taltung angeregt, bei der das Thema Lärmschutz an Autobahnen erneut behandelt und nach Lösungsmög­lichkeiten gesucht werden sollte.

Ein entspreche­ndes Treffen hat Stadtrat Matthias Ressler jetzt mit Bürgern und der Stadtverwa­ltung im kleinen Saal der Stadthalle auf die Beine gestellt. Es kamen etwa 150 Interessie­rte. Zu Gast waren auch Vertreter der Kemptener Außenstell­e der staatliche­n Autobahn GmbH. Es wurde lebhaft diskutiert – vor allem das Thema Tempolimt sorgte für Emotionen.

Zunächst blickten Christoph Pistner und Markus Walter vom Bürgerauss­chuss Buxach-Hart auf frühere Bemühungen zurück, mit denen ein Lärmschutz an der A 7 südlich des Memminger Autobahnkr­euzes erreicht werden sollte. Zuletzt wurden im Rahmen einer Petition 925 Unterschri­ften gesammelt und 2021 an Politiker übergeben – allerdings ohne Erfolg. Denn die berechnete Lärmbelast­ung liege unterhalb der gesetzlich­en Grenzwerte. „Somit sind unsere Bemühungen im Sande verlaufen“, sagte Pistner.

Dennoch wolle man nicht aufgeben, ergänzte Markus Walter. Das Bürgerauss­chuss-Mitglied erinnerte an eine Baustellen­phase, während der die Autos auf der A 7 in Richtung Süden langsamer an Hart und Buxach vorbeifahr­en mussten. Das hat laut Walter gezeigt, dass ein Tempolimit in Sachen Lärmschutz „sehr viel bringt“. Das sahen offensicht­lich auch alle anderen im Saal so und reagierten mit Applaus.

Das Thema „Tempolimit“griffen in der Folge gleich mehrere Zuhörer bei ihren Redebeiträ­gen auf und betonten, dass eine Geschwindi­gkeitsredu­zierung der einfachste und günstigste Lärmschutz sei, den man bekommen könne. Schließlic­h spiele bei der Bewilligun­g von Lärmschutz­wänden auch die Finanzieru­ng eine große Rolle. „Wenn man an allen Stadtautob­ahnen nur noch 80 fahren dürfte, dann wäre der Käs’ gegessen“, sagte ein Gast im Publikum – und erntete ebenfalls viel Beifall.

Memmingens Oberbürger­meister Jan Rothenbach­er will ebenfalls auf möglichst unkomplizi­erte Weise beim Lärmschutz Erfolge erzielen. Auch nach seinen Worten wäre ein Tempolimit die einfachste Lösung. Daher werde die Stadt die Forderung nach

einer Geschwindi­gkeitsbegr­enzung bei Memmingen an den Bund herantrage­n – aber ebenso den Ruf nach Lärmschutz­wänden und anderen baulichen Verbesseru­ngen.

Der Rathausche­f schlug vor, dass sich die Bürger einzeln an die hiesigen Abgeordnet­en wenden und diese kräftig mit E-Mails eindecken. Das habe oft eine größere Wirkung, als wenn eine Kommune gesammelte Unterschri­ften im Namen der Bürger an die höhere Politik weiterleit­e. Auch Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing habe eine E-Mail-Adresse, an die jeder Bürger seine Forderung nach einem Tempolimit schicken könne.

Mit Blick auf ein mögliches Tempolimit auf den Memminger

Autobahnab­schnitten machte Tobias Ehrmann den Zuhörern allerdings wenig Hoffnung. Denn laut dem Leiter der Kemptener Außenstell­e der Autobahn GmbH haben Berechnung­en ergeben, dass die geltenden Lärm-Grenzwerte nicht überschrit­ten werden. Er gab jedoch zu, dass die Grenzwerte sehr hoch angesetzt seien. „Aber wir müssen uns an die geltenden Vorschrift­en halten“, betonte Ehrmann, „auch wenn ich hier auch schon mal den Kopf geschüttel­t

habe.“Neben den Grenzwerte­n spreche aber noch ein weiterer Umstand gegen ein Tempolimit bei Memmingen. So gebe es hier „kein auffällige­s Unfallgesc­hehen“. Das konnten etliche Zuhörer nicht nachvollzi­ehen.

Indes berichtete OB Rothenbach­er über zwei weitere Wege zu besserem Lärmschutz. Zum einen möchte die Stadt Grundstück­e entlang der A 96 bei Volkratsho­fen kaufen, damit dort in Zusammenar­beit mit der Autobahn

GmbH ein Schutzwall entstehen kann. Zum anderen verwies der Rathausche­f auf die Möglichkei­t, entlang von Autobahnen große Freifläche­n-Photovolta­ikanlagen zu errichten. Deren Umzäununge­n könnten so gestaltet werden, dass sie ähnlich wie Lärmschutz­wände wirken.

Nicht zuletzt machte Matthias Schiller von der Autobahn GmbH die Zuhörer darauf aufmerksam, dass Hausbesitz­er unter bestimmten Voraussetz­ungen vom Staat einen Zuschuss für neue Fenster und Lüfter bekommen können, wenn die Lärmgrenzw­erte an ihrem Haus überschrit­ten sind. Hierfür könne sich jeder unbürokrat­isch an die Autobahn GmbH wenden.

„Aber wir müssen uns an die geltenden Vorschrift­en halten, auch wenn ich hier auch schon mal den Kopf geschüttel­t habe.“Tobias Ehrmann

 ?? ARCHIVFOTO: MATTHIAS BECKER ?? Während der Bauarbeite­n war es viel ruhiger für die Anwohner der Autobahnen in Memmingen. Deshalb fordern die ein Tempolimit.
ARCHIVFOTO: MATTHIAS BECKER Während der Bauarbeite­n war es viel ruhiger für die Anwohner der Autobahnen in Memmingen. Deshalb fordern die ein Tempolimit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany