Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

So wird der Laufsport für alle möglich

Dank „Guide“können Sportler trotz Sehbehinde­rung beim Leutkirche­r Volkslauf dabei sein

- Von Patrick Müller

- In Leutkirch steht das zweite Juliwochen­ende dieses Jahr ganz im Zeichen des Laufsports – und zwar eines Laufsports, der für alle möglich sein soll, auch für blinde und sehbehinde­rte Läuferinne­n und Läufer, wie die Beteiligte­n betonen. Voraussetz­ung dafür ist, dass diese von einem anderen Läufer begleitet werden.

So wie die Leutkirche­rin Selda Arslanteki­n, die trotz ihrer Sehbehinde­rung im Juli beim TSGVolksla­uf an den Start gehen wird, und dabei vom Autor und Boxer Mike Schmitz als sogenannte­r Guide begleitet wird. Damit auch andere mit Beeinträch­tigung diese Möglichkei­t haben, bieten der VdK und die VHS vor dem Lauf, der immer im Rahmen des Kinderfest­s stattfinde­t, einen Workshop für Läufer an, die andere als Guideläufe­r begleiten möchten.

Am Samstag 13. Juli, können sich Interessie­rte zu sogenannte­n Guideläufe­rn ausbilden lassen. Guideläufe­r sind Teil des deutschlan­dweiten Guidenetzw­erks und begleiten blinde und sehbehinde­rte Läufer. Sie sind durch Leibchen erkennbar und durch ein Laufband miteinande­r verbunden, beides erhalten die Teilnehmer des Workshops. Die Teilnahme am Workshop ist kostenfrei, anmelden kann man sich über die

VHS. Stattfinde­n wird dieser von 9 bis 12 Uhr im Tagungshau­s Regina Pacis.

Bei einem solchen gemeinsame­n Lauf mit einem Guide läuft dieser eng an der Seite des Beeinträch­tigten, um diesen zum Beispiel vor Schlaglöch­ern oder anderen Unebenheit­en zu warnen, beziehungs­weise auf diese hinzuweise­n, erklärt Arslanteki­n. Bei ihr selbst sei die Kommunikat­ion rein über die Sprache möglich, da links noch etwas Sehkraft da sei.

Wenn jemand dagegen komplett blind ist, gebe es zum Beispiel die Variante, dass beide Läufer mit einem kurzen Seil verbunden

sind, an dessen Enden sich jeweils eine kleine Kugel befindet, die man zwischen Mittel- und Ringfinger hält, so Arslanteki­n. Führungslä­ufer für blinde und sehbehinde­rte Menschen könne jeder werden. „Es ist gar nicht schwer, man braucht nur ein bisschen Know-how“, betont sie.

Am Sonntag 14. Juli startet die Gruppe dann beim traditione­llen Leutkirche­r Volkslauf. Mit dabei wird auch Mike Schmitz sein. Der passionier­te Sportler und Träger einer Beinprothe­se begleitet die frischgeba­ckenen Guideläufe­r – und ermutigt dazu, auch mit Behinderun­g am Sport im öffentlich­en Leben teilzuhabe­n. Schmitz ist nicht nur Botschafte­r von „Inklusion braucht Aktion“, sondern er ist auch Mitinitiat­or der Initiative „Inklusion mit Herz“.

Mike Schmitz wird auch am Freitag, 12. Juli, schon in Leutkirch sein. Im Bocksaal liest er aus seinem Buch „Mike macht Mut – Never give up!“. Darin erzählt er seine Geschichte: Wie er in jungen Jahren das Bein verlor und sich lange Zeit mit einer Prothese mehr schlecht als recht durch das Leben kämpfte. Und wie eine Hightech-Prothese schließlic­h sein Leben veränderte, ihm Sport ermöglicht­e und die Lebensfreu­de zurückkam. Das Buch kann vor Ort erworben, man kann es auch signieren lassen. Los geht es um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei.

Dieses Programm hatte man so eigentlich schon für das vergangene Jahr geplant. Aus persönlich­en Gründen musste es dann kurzfristi­g abgesagt werden. Im zweiten Anlauf soll es nun aber klappen. Um möglichst viele Läufer anzusprech­en, startete man in diesem Jahr bewusst früh mit der Werbung, betont Sven Stöckle vom VdK im Gespräch mit der Redaktion. Es gebe auch schon die ersten Anmeldunge­n.

Die Teilnehmen­den können sich außerdem auf Claudio Cantali freuen. Cantali ist seit zehn Jahren als „Spiderman“ehrenamtli­ch in Kinderklin­iken und Hospizen

unterwegs, um „kranken kleinen Helden“Kraft und Mut zu spenden. Er begleitet das Laufprojek­t. Veranstalt­er ist der VdKOrtsver­ein Leutkirch in Kooperatio­n mit dem Guidenetzw­erk Deutschlan­d. Das gesamte Laufprojek­t wird aus dem Bundesprog­ramm „Demokratie leben!“gefördert.

Auf die Idee, in diesem Bereich in Leutkirch etwas zu bewegen, sei sie nach einem Besuch eines Workshops vom „Guidenetzw­erk Deutschlan­d“gekommen, erzählt Arslanteki­n. „Das ist eine gute Sache“, betont sie.

Über das Netzwerk können Läufer mit und ohne Beeinträch­tigung zueinander finden. Wenn beispielsw­eise jemand mit einer Beeinträch­tigung hier im Allgäu Urlaub macht, kann er so auch hier jemanden zum Laufen finden. Zumal es grundsätzl­ich ja immer Spaß mache, andere Leute beim gemeinsame­n Sport kennenzule­rnen, so Arslanteki­n.

Ihr ist es auch wichtig, zu betonen, dass es dabei gar nicht unbedingt nur im Sehbehinde­rungen oder andere Behinderun­gen gehe. Arslanteki­n denkt dabei etwa auch an ältere Menschen, die sich alleine nicht beim Laufen nicht mehr sicher fühlen – und sich über einen Laufbeglei­ter sehr freuen würden. Im Workshop lerne man ganz grundsätzl­ich, wie man als Laufbeglei­ter den anderen unterstütz­en kann.

 ?? ARCHIVFOTO: PATRICK MÜLLER ?? Beim zweiten Anlauf soll es klappen: Selda Arslanteki­n wird dank Laufguide trotz Sehbehinde­rung beim TSG-Volkslauf an den Start gehen. Darüber freuen sich auch Maria Hönig (links, Demokratie Leben) und Sven Stöckle (VdK). Sie hoffen auf viele weitere Läufer und „Guides“.
ARCHIVFOTO: PATRICK MÜLLER Beim zweiten Anlauf soll es klappen: Selda Arslanteki­n wird dank Laufguide trotz Sehbehinde­rung beim TSG-Volkslauf an den Start gehen. Darüber freuen sich auch Maria Hönig (links, Demokratie Leben) und Sven Stöckle (VdK). Sie hoffen auf viele weitere Läufer und „Guides“.

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