Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
So wird der Laufsport für alle möglich
Dank „Guide“können Sportler trotz Sehbehinderung beim Leutkircher Volkslauf dabei sein
- In Leutkirch steht das zweite Juliwochenende dieses Jahr ganz im Zeichen des Laufsports – und zwar eines Laufsports, der für alle möglich sein soll, auch für blinde und sehbehinderte Läuferinnen und Läufer, wie die Beteiligten betonen. Voraussetzung dafür ist, dass diese von einem anderen Läufer begleitet werden.
So wie die Leutkircherin Selda Arslantekin, die trotz ihrer Sehbehinderung im Juli beim TSGVolkslauf an den Start gehen wird, und dabei vom Autor und Boxer Mike Schmitz als sogenannter Guide begleitet wird. Damit auch andere mit Beeinträchtigung diese Möglichkeit haben, bieten der VdK und die VHS vor dem Lauf, der immer im Rahmen des Kinderfests stattfindet, einen Workshop für Läufer an, die andere als Guideläufer begleiten möchten.
Am Samstag 13. Juli, können sich Interessierte zu sogenannten Guideläufern ausbilden lassen. Guideläufer sind Teil des deutschlandweiten Guidenetzwerks und begleiten blinde und sehbehinderte Läufer. Sie sind durch Leibchen erkennbar und durch ein Laufband miteinander verbunden, beides erhalten die Teilnehmer des Workshops. Die Teilnahme am Workshop ist kostenfrei, anmelden kann man sich über die
VHS. Stattfinden wird dieser von 9 bis 12 Uhr im Tagungshaus Regina Pacis.
Bei einem solchen gemeinsamen Lauf mit einem Guide läuft dieser eng an der Seite des Beeinträchtigten, um diesen zum Beispiel vor Schlaglöchern oder anderen Unebenheiten zu warnen, beziehungsweise auf diese hinzuweisen, erklärt Arslantekin. Bei ihr selbst sei die Kommunikation rein über die Sprache möglich, da links noch etwas Sehkraft da sei.
Wenn jemand dagegen komplett blind ist, gebe es zum Beispiel die Variante, dass beide Läufer mit einem kurzen Seil verbunden
sind, an dessen Enden sich jeweils eine kleine Kugel befindet, die man zwischen Mittel- und Ringfinger hält, so Arslantekin. Führungsläufer für blinde und sehbehinderte Menschen könne jeder werden. „Es ist gar nicht schwer, man braucht nur ein bisschen Know-how“, betont sie.
Am Sonntag 14. Juli startet die Gruppe dann beim traditionellen Leutkircher Volkslauf. Mit dabei wird auch Mike Schmitz sein. Der passionierte Sportler und Träger einer Beinprothese begleitet die frischgebackenen Guideläufer – und ermutigt dazu, auch mit Behinderung am Sport im öffentlichen Leben teilzuhaben. Schmitz ist nicht nur Botschafter von „Inklusion braucht Aktion“, sondern er ist auch Mitinitiator der Initiative „Inklusion mit Herz“.
Mike Schmitz wird auch am Freitag, 12. Juli, schon in Leutkirch sein. Im Bocksaal liest er aus seinem Buch „Mike macht Mut – Never give up!“. Darin erzählt er seine Geschichte: Wie er in jungen Jahren das Bein verlor und sich lange Zeit mit einer Prothese mehr schlecht als recht durch das Leben kämpfte. Und wie eine Hightech-Prothese schließlich sein Leben veränderte, ihm Sport ermöglichte und die Lebensfreude zurückkam. Das Buch kann vor Ort erworben, man kann es auch signieren lassen. Los geht es um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei.
Dieses Programm hatte man so eigentlich schon für das vergangene Jahr geplant. Aus persönlichen Gründen musste es dann kurzfristig abgesagt werden. Im zweiten Anlauf soll es nun aber klappen. Um möglichst viele Läufer anzusprechen, startete man in diesem Jahr bewusst früh mit der Werbung, betont Sven Stöckle vom VdK im Gespräch mit der Redaktion. Es gebe auch schon die ersten Anmeldungen.
Die Teilnehmenden können sich außerdem auf Claudio Cantali freuen. Cantali ist seit zehn Jahren als „Spiderman“ehrenamtlich in Kinderkliniken und Hospizen
unterwegs, um „kranken kleinen Helden“Kraft und Mut zu spenden. Er begleitet das Laufprojekt. Veranstalter ist der VdKOrtsverein Leutkirch in Kooperation mit dem Guidenetzwerk Deutschland. Das gesamte Laufprojekt wird aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“gefördert.
Auf die Idee, in diesem Bereich in Leutkirch etwas zu bewegen, sei sie nach einem Besuch eines Workshops vom „Guidenetzwerk Deutschland“gekommen, erzählt Arslantekin. „Das ist eine gute Sache“, betont sie.
Über das Netzwerk können Läufer mit und ohne Beeinträchtigung zueinander finden. Wenn beispielsweise jemand mit einer Beeinträchtigung hier im Allgäu Urlaub macht, kann er so auch hier jemanden zum Laufen finden. Zumal es grundsätzlich ja immer Spaß mache, andere Leute beim gemeinsamen Sport kennenzulernen, so Arslantekin.
Ihr ist es auch wichtig, zu betonen, dass es dabei gar nicht unbedingt nur im Sehbehinderungen oder andere Behinderungen gehe. Arslantekin denkt dabei etwa auch an ältere Menschen, die sich alleine nicht beim Laufen nicht mehr sicher fühlen – und sich über einen Laufbegleiter sehr freuen würden. Im Workshop lerne man ganz grundsätzlich, wie man als Laufbegleiter den anderen unterstützen kann.