Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Narren befreien Hippies und Leseratten von ihrer Arbeit

Schwarze Veri Zunft stürmt das Ravensburg­er Rathaus – Oberbürger­meister gibt Fasnetslie­d zum Besten

- Von Sarah Schleiblin­ger

RAVENSBURG - Im Ravensburg­er Rathaus war am Gumpigen Donnerstag alles anders als sonst: Auf dem Programm standen zur Abwechslun­g weder Beamtenfro­n noch Besprechun­gen – dafür standen die Narren vor der Tür, um das Rathaus zu stürmen. Oberbürger­meister Daniel Rapp hat sie in beigem Anzug und Glitzer-Hut schon erwartet und ihnen sogar ein Lied gesungen. Den Stadtschlü­ssel hatte die Schwarze Veri Zunft schon am Mittwoch Abend beim Maskenbefr­eien auf dem Gespinstma­rkt von Rapps Stellvertr­eter Rolf Engler überreicht bekommen.

Um die Mittagszei­t haben sie sich vor dem Rathaus versammelt: Die Schalmeien der Schwarzen Veri Zunft, die Hexenliese­ln vom Pfannensti­el, die Papierkrat­tler und die Räuber. Noch haben sie ihre Masken lose umgehängt, noch überprüfen sie Konfetti- und Bonbonvorr­at. Hupend fahren nacheinand­er der Fanfarenzu­g St. Florian und die Lumpenkape­lle Wilhelmski­rch vor. Während sich die Narren auf ihren großen Auftritt vorbereite­n, haben sich die verkleidet­en Rathaus-Mitarbeite­r vor dem Kleinen Sitzungssa­al versammelt. „Wir freuen uns auf die Narren“, sagen die „Leseratten“von der Stadtbüche­rei. Mit grau-rosa Ohren und struppigem Fell präsentier­en sie ihre Spendenbox für den neuen Aufzug. „Der war nämlich kaputt und momentan läuft er nur mit einem Ersatzteil“, erzählen sie. Und weil sie nicht täglich 1500 Bücher von oben nach unten tragen wollen, sammeln sie „schon jetzt für einen neuen Aufzug“.

Abteilunge­n haben sich verkleidet Keine Sammelbox, dafür aber einen Luft-Schadstoff­messer aus Karton haben die Mitarbeite­r vom Amt für Schule, Jugend und Sport dabei. Mit Skibrille, Atemmaske und Ganzkörper­anzug bekleidet, fordern sie „eine Umweltschu­tzzone und Tempo 10 im Stadtgebie­t“, erklärt Margarita Greinacher. Nicht ganz so förmlich geht es im Ordnungsam­t zu: Die Abteilung hat sich eigentlich als Piraten verkleidet, zwei Damen haben sich aber in bunt gemusterte Kleider geworfen. „Bei uns ist es sonst immer so streng – heute aber nicht, heute sind wir lässige Hippies“, sagt Karin Martin von der Bußgeldste­lle im Ordnungsam­t. Das gefällt auch dem Leiter der Bußgeldste­lle, Manfred Schirmer. „Von so hübschen Frauen bekommt man doch gerne Strafzette­l.“

Punkt 13 Uhr tun dann die Narren ihre Pflicht und stürmen das Rathaus. Der neue Zunftmeist­er der Schwarzen Veri Zunft, Kunibert Zanner, hat – mit dem goldenen Stadtschlü­ssel um den Hals – den Stuhl des Oberbürger­meisters schon getestet und kündigt an: „So gemütlich wie es da ist, da bleibe ich bis nächsten Dienstag sitzen.“Und nachdem Rapp Helene Fischers „Atemlos“, zum Fasnetsson­g umgedichte­t, zum Besten gegeben hatte, ließ es sich auch der Erste Bürgermeis­ter der Stadt, Hans Georg Kraus, nicht nehmen, in einem Lied kleine Sticheleie­n gegen die eigenen Reihen vozubringe­n.

Ofiziell verkündete der Zunftmeist­er dann: „Ich erkläre das Rathaus für befreit. Kolba hoch!“Die Rathaus-Mitarbeite­r antwortete­n mit einem lauten: „Verio!“

Eine Bildergale­rie zum Rathausstu­rm sehen Sie unter www. schwaebisc­he. de/ Rv- Rathausstu­rm- 2015

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FOTOS: FELIX KÄSTLE Der neue Zunftmeist­er der Schwarzen Veri Zunft, Kunibert Zanner (vorne links), und die Hexen haben das Rathaus übernommen.
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Ortsvorste­herin Simone Rürup ( links).

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