Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Europäer drohen Blatter mit WM-Boykott
Uefa-Chef Platini bat Fifa-Boss vergeblich um Rücktritt – Wiederwahl wahrscheinlich
ZÜRICH (dpa) - Fifa-Präsident Sepp Blatter kann sich auf eine fünfte Amtszeit einstellen. Die Europäische Fußballunion (Uefa) wird den FifaKongress und die Präsidentschaftswahl am Freitag trotz des Korruptionsskandals mit Festnahmen teils hochrangiger Funktionäre nicht boykottieren. Die Europäer wollen stattdessen Blatters Gegenkandidaten Prinz Ali bin al-Hussein mit möglichst vielen Stimmen unterstützen.
Für den Fall eines Blatter-Sieges baute Uefa-Boss Michel Platini allerdings eine bislang nicht gekannte Drohkulisse auf und schloss sogar ei- nen Austritt der europäischen Verbände aus dem Fifa-Exekutivkomitee und einen WM-Verzicht aller Europäer nicht aus. Bei einer Sondersitzung rund um das Champions-League-Finale in Berlin werde man in der kommenden Woche „alle Möglichkeiten ins Auge fassen“, sagte der Franzose am Donnerstag in Zürich.
Auf Nachfrage konkretisierte er, dass er einen WM-Boykott nicht ankündige, aber dass es „demokratische Entscheidungen“der Landesverbände geben werde. Eine weitere Option ist ein Austritt der europäischen Mitglieder aus dem Exekutivkomitee, dem höchsten Beschlussgremium des Weltverbands. „Je nach Ausgang der Wahl werden wir sehen, ob wir dabei sind oder nicht im Exko“, sagte Platini. Er berichtete von einem emotionalen Gespräch mit Blatter, in dem er seinen einstigen Förderer erfolglos zum Rücktritt aufgefordert habe. „Ich habe gesagt: Genug ist genug, Sepp.“
Bei der Eröffnung des Kongresses in Zürich wies Blatter die Verantwortung für den Skandal von sich und stellte ihn als individuelles Problem dar. „Ich werde nicht erlauben, dass Wenige die Arbeit der Mehrheit, die so hart für den Fußball arbeitet, zer- stören“, sagte Blatter. Der Schweizer Sportminister Ueli Maurer stellte sich vor den Fifa-Boss. Es gehe nicht an, ihn zum Sündenbock zu stempeln. Die Fifa müsse Reformen einleiten. Das Image der Schweiz sieht der Minister nicht in Gefahr. Das Vorgehen der Justiz werde von vielen gelobt, weil sie durchgegriffen habe.
Russlands Präsident Wladimir Putin verurteilte die Ermittlungen als Versuch, Russland die WM 2018 abzunehmen. Das sei ein Vorstoß der USA, ihre Gesetze außerhalb ihres Staatsgebiets anzuwenden, sagte Putin.