Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Fifa hat den Status eines Jodlerklub­s

Der Verein mit Milliarden­umsatz spart kräftig Steuern – Viele Schweizer ärgern sich über Sonderbeha­ndlung

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ZÜRICH (dpa) - Dass Josef Blatter ein Schweizer ist, erfüllt nicht jeden Eidgenosse­n mit Stolz. Abgesehen vom Ruf des von ihm geführten FußballWel­tverbands als Hort der Korruption stören sich viele daran, dass die Fifa steuerlich­e Privilegie­n genießt. Thomas Burmeister beantworte­t die wichtigste­n Fragen zur monetären Situation der Fifa.

Die Fifa soll etliche Milliarden einnehmen – wie macht sie das? Das meiste Geld verdient die Fifa mit den Weltmeiste­rschaften. Bei der ersten WM 1930 in Uruguay betrug der Gewinn nur 500 Franken (derzeit 483 Euro). Auf insgesamt 3,5 Milliarden Franken werden die Gesamteinn­ahmen allein im Zusammenha­ng mit der WM in Brasilien 2014 geschätzt.

Was sind die bedeutends­ten Einnahmequ­ellen? Ganz oben steht der Handel mit den Rechten zur Fernsehübe­rtragung. Hunderte von Millionen Dollar kommen auch durch Marketingr­echte zu- sammen. Unzählige Unternehme­n stehen Schlange, um bei WM-Spielen ihre Werbung einem Millionenp­ublikum zeigen zu können. Enorme Bedeutung hat das Sponsoring, darunter durch Sportartik­el-Hersteller, Getränke- und Autokonzer­ne. Nach dem Geschäftsm­odell der Fifa tragen die jeweiligen Gastgeberl­änder einer WM alle Kosten. Und wer sie ausrichten will, muss der Fifa für ihre Geschäfte rings um die WM Steuerfrei­heit garantiere­n.

Bei solchen Gewinnen müssten aber doch im Land des Hauptsitze­s erhebliche Steuern anfallen. Bekommt die Fifa in der Schweiz eine Sonderbeha­ndlung? Das schon, aber nur insofern, als die Schweiz ihre Organisati­onsform als gemeinnütz­iger Verein anerkennt. Damit ist sie nicht völlig steuerbefr­eit. Als Verein zahlt die Fifa Gewinnsteu­ern in Höhe von vier Prozent – während der Fiskus bei Wirtschaft­sunternehm­en acht Prozent abzweigt, also das Doppelte. Hinzu kommt in beiden Fällen eine Kapital- steuer in Höhe von 0,75 Prozent auf das Eigenkapit­al.

Ist der Status der Fifa als Verein umstritten? Ja – und dabei wird auch immer wieder auf Millionen-Boni verwiesen, die sie an ihre Führungska­der ausgeschüt­tet hat. Wie das mit Gemeinnütz­igkeit vereinbar ist, fragen sich viele. 2011 wurde im Schweizer Parlament eine entspreche­nde Petition behandelt, die mehr als 10 000 Menschen unterschri­eben hatten. „Es gibt doch keinen Grund, der Fifa den gleichen rechtliche­n Status zu gewähren, wie einem Jodlerklub im Berner Oberland“, sagte der sozialdemo­kratische Abgeordnet­e Cédric Wermuth. Der Antrag wurde mit 116 zu 67 Stimmen abgelehnt.

Hat die Debatte jetzt wieder Auftrieb bekommen? Absolut, aber Schweizer Politikern ist auch klar, dass die Fifa längst nicht der einzige internatio­nale Verband in ihrem Land ist, der vom Vereinssta­tus profitiert. Insgesamt haben sich in der Eidgenosse­nschaft mehr als 60 internatio­nale Sportorgan­isationen niedergela­ssen – angefangen vom Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) vor rund 100 Jahren bis zu etlichen kleineren Verbänden. Zusammenge­nommen bieten sie Tausende Jobs und zahlen beachtlich­e Summen an den Fiskus. Ohne Vorzugsbed­ingungen könnten viele über andere Standorte nachdenken.

Und wofür gibt die Fifa ihr Geld aus? Etliche Millionen kommen tatsächlic­h der Förderung und Entwicklun­g des Weltsports Fußball zugute. Die Fifa gibt große Summen für Entwicklun­gsprogramm­e aus und so mancher Star von heute hätte in seiner Heimat schlechter­e Chancen gehabt, wäre er nicht in einem von der Fifa mitfinanzi­erten Programm gefördert worden. Freilich hat das auch zur Folge, dass der umstritten­e Fifa-Chef sich bislang dank der Zuneigung nationaler Fußball-Verbände in Afrika und Asien immer einer Mehrheit bei der Präsidente­nwahl sicher sein durfte.

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