Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
SPD-Basis läuft Sturm gegen Datenspeicherung
Problemthema entzweit Sozialdemokraten im Umfragetief
BERLIN - An der Basis rumort es. Ob der Berliner Landesverband, die Unterbezirke Münster und Dortmund, die Jusos oder die Netzpolitiker der Partei – in der SPD machen zurzeit Gegner der schwarz-roten Pläne zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung mobil.
SPD-Chef Sigmar Gabriel, der mit einem Machtwort dafür gesorgt hatte, dass sein Parteikollege, Bundesjustizminister Heiko Maas einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg bringt, gerät zunehmend unter Druck. Im Willy-Brandt-Haus stapeln sich die Anträge gegen die Datenspeicherung. Mehr als 100 sind bisher eingegangen.
Am 20. Juni soll ein SPD-Parteikonvent in Berlin über das heikle Thema beraten. Juso-Chefin Johanna Ueckermann forderte im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“eine Abstimmung, deren Ergebnis auch für die SPD-Bundestagsfraktion bindend sein solle. Das aber wäre rechtlich problematisch: Im Bundestag entscheiden die Abgeordneten frei und ohne Vorgaben.
Rebellion wird ernst genommen Die meisten Anträge beruhen auf einem Entwurf, der von Jusos und SPD-Netzpolitikern ausgearbeitet worden ist. Doch wird die Basis-Rebellion in der SPD-Zentrale ernst genommen. Setzen sich die Gegner der Vorratsdatenspeicherung durch, wären Gabriel und Maas brüskiert. Und es drohte Zerwürfnis in der Großen Koalition, denn die Union pocht auf die Einhaltung der Vereinbarungen zur Vorratsdatenspeicherung.
Für die SPD kommt der interne Streit zur Unzeit, verharrt die Partei doch weiter im Umfragetief. In der Zeit bis zum Konvent dürften Gabriel und Maas nun versuchen, Überzeugungsarbeit in den eigenen Rei- hen zu leisten. Auch auf die beiden Parteivizechefs Olaf Scholz und Ralf Stegner kommt eine wichtige Rolle zu.
Scholz ist Chef der Antragskommission, die einen Verfahrensvorschlag für den Parteikonvent machen soll. Stegner dagegen könnte als Chefkoordinator der SPD-Innenpolitiker die Debatte in Bahnen lenken. Er spricht sich für eine Befristung der Vorratsdatenspeicherung aus. „Das ist ein Vorschlag, der eine Brücke bauen könnte“, so Stegner.
Die Basis-Rebellen laufen weiter Sturm gegen den Kurs der SPD-Spitze, werben im Internet um Unterstützer. Aus der Bundestagsfraktion kommt dagegen Unterstützung für die Linie von Gabriel und Maas. „Die überwiegende Mehrheit in der Bundestagsfraktion hält das, was Herr Maas vorgelegt hat für einen guten Kompromiss“, erklärte am Donnerstag Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.
Eindringlich warnt Lischka davor, die Gesetzespläne wieder zur Disposition zu stellen: „Wenn wir auf die Speicherung völlig verzichten würden, wäre der Staat bei schweren Straftaten völlig taub und blind.“