Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zaghafte Hoffnung in Nigeria
anche sehen die Amtseinführung des neuen Präsidenten als das wichtigste Ereignis in der Geschichte Nigerias. Zum ersten Mal soll es in Afrikas bevölkerungsreichstem Land mit etwa 178 Millionen Einwohnern nach einer Wahl einen friedlichen Regierungswechsel geben.
Die Welt hielt den Atem an, als der 72-jährige Muhammadu Buhari von der Partei der Fortschrittlichen (APC) bei den Präsidentschaftswahlen am 28. März 54 Prozent der Stimmen erlangte. Viele Beobachter erwarteten, dass der scheidende Präsident Goodluck Jonathan seine Macht nicht freiwillig abgeben würde. Doch dann kam alles anders. Jonathan (57) erkannte seine Niederlage an und gratulierte Buhari zur Wahl.
Dennoch wird Buhari, der am heutigen Freitag in der Hauptstadt Abuja in sein Amt eingeführt wird, keinen leichten Start haben. Sein Land befindet sich inmitten einer Wirtschaftskrise und ist noch weiter durch den Aufstand der islamisti- schen Terrorgruppe Boko Haram geschwächt, die bereits rund 14 000 Menschen umgebracht haben soll.
Die größte Sorge der Nigerianer aber ist die Korruption in Politik und Wirtschaft. „Am 29. Mai werden die Nigerianer von Buhari eine Lösung für das Problem der Korruption erwarten“, sagt der unabhängige Politikexperte Okey Ndibe. Buhari will sein Augenmerk besonders auf die Ölindustrie richten. Experten glauben, dass Nigeria als größte Volkswirtschaft Afrikas und sechstgrößter Ölproduzent weltweit jedes Jahr mehrere Milliarden Dollar durch Korruption, Diebstahl und Missmanagement verliert.
Korruption in der Ölindustrie „Es ist lebenswichtig, in der undurchsichtigen Ölindustrie aufzuräumen, die noch immer die meisten Devisen einbringt“, sagt der Nigeriaexperte am Südafrikanischen Institut für Internationale Studien, Oladrian Bello. Wenn es Buhari, der bereits in den späten 1990er Jahren als Vorsitzender des Nigerianischen Petroleum-Treuhandfonds glänzte, schafft, diese Angelegenheit in den Griff zu kriegen, dann könne er trotz fallender Ölpreise die Wirtschaft stabilisieren.
Der ehemalige Armeegeneral, der Nigeria nach einem Putsch von Ende 1983 bis August 1985 regierte, ist für eiserne Disziplin und Unbestechlichkeit bekannt. „Sein wirklicher Beitrag wird ein Signal von oben sein, dass Nigerias neue Regierung es mit dem Ende der Verschwenderei und Korruption ernst meint und für Disziplin im öffentlichen Leben wirbt“, sagt Bello.
Die Nigerianer werden die Zusammensetzung von Buharis Regierung in den kommenden Wochen genau verfolgen. Von Ministerämtern bis zum diplomatischen Dienst wird er rund 4000 Neuernennungen vornehmen. „Ich will, dass es völlig unabhängige Leute und patriotische Nigerianer sind, die sowohl viel Wissen als auch Erfahrung haben“, erklärte der gewählte Präsident. Außerdem will Buhari vom ersten Tag an die Regierungskosten senken und seine Amtseinführungszeremonie möglichst bescheiden halten. (dpa)