Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Liebe zur Kunst steckt in den Genen
Daniel Kojo Schrade stellt Malerei aus zehn Jahren in der Galerie Schloss Mochental aus
MOCHENTAL - Daniel Kojo Schrade ist ein Weltenbummler. Von Ghana über Spanien und Mexiko bis in die USA hat der gebürtige Konstanzer schon Stipendien und Lehraufträge gehabt. Jetzt kehrt er für eine Zeitlang in die Region zurück und stellt beim Vater in der Galerie Schloss Mochental bei Ehingen aus. Zu sehen sind unter dem Titel „Amherst Berlin München“rund 50 Gemälde und Radierungen aus den vergangenen zehn Jahren.
Die Liebe zur Kunst mit all ihren Facetten scheint in der Familie Schrade in den Genen zu liegen. Mutter Dorothea ist Malerin und führt in der Nähe von Leutkirch eine Galerie. Vater Ewald ist als Galerist in Oberschwaben und inzwischen auch im Badischen längst eine Institution. Er hat die „Art Karlsruhe“ins Leben gerufen. Tobias, der jüngste Sohn, leitet mittlerweile in Ulm eine Kunstgalerie, während Sandwich-Kind Sebastian sich in Berlin in der Filmbranche tummelt. Daniel Kojo wiederum, der Älteste, dessen leiblicher Vater aus Ghana stammt, hat die Malerei für sich entdeckt. Kojo bedeutet übrigens im Afrikanischen „am Montag geborener“.
Heimliche Liebe Berlin Daniel Kojo hat in München bei Jürgen Reipka studiert, war nach mehreren Auslandsaufenthalten dann einige Jahre Assistent an der Akademie und arbeitet seit 2008 als Professor am Hampshire College in Amherst, im Hinterland von Boston in den USA. Eigentlich wäre er gern mit seiner Frau, mit Sohn und Tochter in Deutschland geblieben, aber „hier hat sich leider kein Job ergeben“. Immerhin führt den 48-Jährigen ein Austauschprogramm für seine Studenten alle zwei Jahre nach Deutschland, genauer gesagt nach Berlin. Momentan hält sich der Künstler wieder in der Hauptstadt auf. Die jüngsten Früchte seiner Arbeit hat er nach Mochental mitgebracht.
Schrades Bilder entstehen immer auf dem Boden und meist in Serien. Auf den ersten Blick wirken sie rein gestisch und ungegenständlich, auf den zweiten aber entdeckt man dann doch Figürliches. So kann es sein, dass sich aus dem Farbenmeer ein Schirm, ein Kopf oder eine Rakete herauskristallisiert. Zugleich tauchen oft Buchstaben als grafisches Element auf. Hinzu kommen schwarze Ölkreidelinien, die für Kontrast und Balance zugleich sorgen. „Ideen für meine Kompositionen finde ich in Literatur und Musik, in den Medien, aber auch im Alltag“, erklärt der Künstler. Hinweise auf die Quelle seiner Inspiration geben die Bildtitel.
Die meisten kreisen um die Frage der Identität, um die der Wurzeln als Dunkelhäutiger in einer von Weißen dominierten Gesellschaft. Und es geht um Kommunikation. Mit seiner Serie „Stop-Look-Listen“zum Beispiel knüpft Schrade an jene Warn- schilder an, die in Ghana an Bahnübergängen zu finden sind. Wenn die Leute dort warten müssen, tauschen sie Neuigkeiten aus. Im Bild sind allerdings stets nur Fragmente von den Schriftzügen zu entdecken. Was dominiert, ist die expressive Malerei – mal in Rot, Schwarz und Grün, mal in Braun, Weiß und Schwarz. Das gilt auch für die Reihe „Brother Beethoven“, mit der er behauptet, dass die Ikone der westlichen Kultur eine Großmutter aus Surinam hatte. Während „Afronaut“eine Wortspielerei aus Afrikaner und Astronaut ist und Schwarze in den Weltraum schickt.
„Für diese Hintergründe kann man sich interessieren, muss es aber nicht“, betont Daniel Kojo Schrade. Denn seine Gemälde leben von der Farbe, die er auf die am Boden liegende Leinwand in mehreren Schichten aufträgt, ohne sie miteinander zu vermischen. Es kann sein, dass Reste von ihnen sichtbar bleiben, es kann auch sein, dass ihre Struktur unter ei- ner neuen Lage durchscheint. Dadurch entstehen Farbräume, die „frei von Zuschreibung und nicht verortbar sind“, wie er erklärt. Es sind also im wahrsten Sinne des Wortes Zwischenräume.
Galerist Ewald Schrade hat die rund 50 Exponate in Schloss Mochental bewusst nicht chronologisch, sondern nach ästhetischen Aspekten gruppiert. Das sorgt für Abwechslung und Spannung. Es geht los im Treppenhaus mit „Afronauten“. Oben im Gang sind dann Landschaften aus den Münchner Jahren zu sehen, während gegenüber etwa Bilder aus der „Brother Beethoven“Serie hängen, die in Amherst entstanden sind.
Auch in den Sälen treffen Malereien aus verschiedenen Phasen aufeinander. Verbindendes Element sind die Farben. So schwelgt der Besucher mal in dunklen Erdtönen, mal in kräftigem Rot, mal in sonnigem Orange und Gelb. Wobei auffällt, dass die Farbpalette in den vergangenen Jahren heller geworden ist. „Vermutlich liegt es daran, dass ich in München mein Atelier im Souterrain hatte“, sagt Schrade und lacht.
Die jüngsten Berliner Arbeiten auf Papier mit dem Schirmmotiv als verbindendes Element wirken jedenfalls beschwingter. Die quirlige Metropole inspiriert den Maler. Dort könnte er sich vorstellen zu leben und zu arbeiten. Denn auch wenn Schrade die kreative und offene Atmosphäre am College in den USA zu schätzen weiß, so hat er doch Sehnsucht nach Deutschland. Die Ausstellung „ Daniel Kojo Schrade: Amherst – Berlin – München“auf Schloss Mochental bei Ehingen dauert bis 30. August. Öffnungszeiten: Di.- Sa. 13- 17 Uhr, So. und Fei. 11- 17 Uhr. Weitere Infos unter: www.galerie-schrade.de