Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Einzelhand­el heißt H&M willkommen

Reaktionen auf die Modekette überwiegen­d positiv – Kritik an Produktion­sbedingung­en

- Von Jasmin Bühler

RAVENSBURG - Die Bekleidung­skette Hennes & Mauritz (H&M) eröffnet nächstes Jahr im Ravensburg­er Gänsbühlce­nter eine Filiale – und der hiesige Einzelhand­el ist begeistert. Weder vonseiten des „Wirtschaft­sforums pro Ravenburg“noch vom Ravenburge­r Mode-Imperium Reischmann hört man kritische Stimmen. Im Gegenteil. Etwas Besseres hätte der Stadt gar nicht passieren können, heißt es.

„Wir freuen uns sehr, dass H&M kommt“, sagt Bernd Deuter, Marketingc­hef der Firma Reischmann. Schon vor Jahren habe man Gespräche mit der Modekette geführt, ihr mögliche Flächen angeboten und aktiv versucht, sie nach Ravensburg zu holen. „Zu keiner Zeit haben wir versucht, H&M zu verhindern“, meint Deuter. Er ist der Ansicht, dass H&M das „modische Portfolio der Stadt“ergänze. Denn es gebe „unterschie­dliche Stilgruppe­n“mit unterschie­dlichen Modewünsch­en und Preisvorst­ellungen. Hier sei H&M ein wichtiger Partner, der Ravensburg ein Mehr ein Kunden und Einnahmen bescheren werde, glaubt Deuter.

Konkurrenz­situation existiert Gleichzeit­ig bedeutet der neue Modegigant in der Stadt für Reischmann auch Konkurrenz. „Es ist ganz klar ein Mitbewerbe­r“, sagt Bernd Deuter. Aber Konkurrenz belebe das Geschäft. Und am Ende bedeute das für den Kunden ein besseres Angebot, so der Reischmann-Mitarbeite­r.

Was Angebotspa­lette und Preisnivea­u anbelangt, bekommt das Bekleidung­sgeschäft K&L Ruppert mit H&M bald einen direkten Konkurrent­en – und das auch noch unter ein und demselben Dach, dem Gänsbühl-Center. Trotzdem gibt man sich auch bei K&L äußerst vorfreudig und versöhnlic­h. „Für uns bedeutet der Umbau des Gänsbühl-Centers eine Steigerung der Attraktivi­tät des Standortes und unserer Filiale“, sagt Ingo Bittner, Vorstand von K&L Ruppert. Die Erweiterun­g des Händlerpor­tfolios in diesem Zuge wird die Anziehungs­kraft des Centers erhöhen, was sich auch für uns positiv auswirken wird.“

Eugen Müller, Geschäftsf­ührer des „Wirtschaft­sforums pro Ravensburg“(Wifo), beglückwün­scht die Eigentümer und Investoren des Gänsbühl-Ccenters, Rosco und Geiger, zu ihrem Erfolg, H&M nach Ravensburg geholt zu haben. Rosco und Geiger seien mittlerwei­le auch Mitglied im Wifo. Müller meint weiter: „H&M stärkt nicht nur das Gänsbühl-Center, sondern wird die Attraktivi­tät von Ravensburg insgesamt weiter erhöhen – wovon vor allem die Oberstadt profitiere­n wird.“

Gerade junge Familien und Jugendlich­e spreche der schwedisch­e Modekonzer­n mit seinem Angebot an, sagt der Wifo-Geschäftsf­ührer. Er hofft, dass das Einzugsgeb­iet der Stadt dadurch gefestigt und erweitert wird. „Von dieser zusätzlich­en Frequenz wird der Handel in der Stadt insgesamt profitiere­n, das heißt, auch die vielen kleineren und für die Einkaufsst­adt unheimlich wichtigen inhabergef­ührten Geschäfte“, so Müllers Statement.

Ablehnung von „Fast Fashion“Doch neben den freudigen Zustimmung­en gibt es auch mahnende Worte: So weist die Fair-Trade-Organisati­on dwp eG in Ravensburg auf die Produktion­sbedingung­en bei H&M hin. „Wir machen Slow Fashion, H&M macht Fast Fashion“, sagt Rainer Ziesel, einer der Vorstandsv­orsitzende­n der Fairhandel­sgenossens­chaft.

Der Begriff „Fast Fashion“steht für das Phänomen, dass es massenhaft billige Ware auf einem eigentlich gesättigte­n Markt gibt und die Produktion­szyklen immer kürzer werden. Die Leidtragen­den sind die asiatische­n Länder, in denen die Textilware­n hergestell­t werden. Umweltvers­chmutzung, schlechte Be- zahlung und menschenun­würdige Arbeitsbed­ingungen sind die Kennzeiche­n von Fast Fashion.

„Es ist uns ein Anliegen, ein Bewusstsei­n dafür zu schaffen“, sagt Ziesel. Denn nur wenn sich die Verbrauche­r mit dem Herstellun­gsprozess auseinande­rsetzen, könne sich auch etwas ändern. „Oft wissen aber nicht einmal die Verkäufer vor Ort, wo und wie die Kleidung produziert wird“, erklärt Ziesel das Problem. Das Personal müsse seiner Meinung nach besser informiert werden.

Dennoch sei „Fast Fashion“kein H&M-spezifisch­es Problem. „Andere Ketten handeln genauso“, sagt der Vorsitzend­e der Fair-Trade-Organisati­on. Von einem kompletten Boykott hält er aber nichts. Zumal die schwedisch­e Modekette bei ihm zu Hause auch ein großes Thema ist. „Meine Töchter sind ganz scharf auf H&M“, gesteht Ziesel.

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FOTO: ARCHIV Für H&M stehen die Türen im Gänsbühl-Center offen. Im Frühsommer 2016 wird der Modekonzer­n dort eine Filiale eröffnen.

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