Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Leserbrief
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Ihre Redaktion
„Eine sinnvolle Pädagogik kann ich nicht erkennen“
Leider kann ich die Begeisterung, die in Ihrem Artikel über das Projekt „Ge (h)meinsam – Fit im Straßenverkehr“rüberkommt, nicht teilen. Frau Wiech wundert sich, dass nur noch 17 Prozent aller Kinder in den Kindergarten laufen, wo es doch vor 40 Jahren noch 90 Prozent waren. Woran das nur liegen mag? Könnte es vielleicht sein, dass der Alltag Eltern und Kindern heute einiges mehr abverlangt als noch vor 40 Jahren? Dass es sehr viel mehr berufstätige Mütter gibt, die auf dem Weg zur Arbeit keine Zeit haben, noch in den Kindergarten zu spazieren? Und dass sie einfach unter einem ungleich höheren (Zeit-)Druck stehen? Es ist wirklich oft nicht einfach, alles unter einen Hut zu bringen. Noch mehr Druck aufzubauen, ist da alles andere als hilfreich. Dass gerade Elternvertreterinnen so etwas nicht im Blick haben, erstaunt wirklich sehr. Leider sieht das Projekt aus der Sicht der Kinder nicht viel besser aus. Ein Kind trifft ja die Entscheidung, wie es zum Kindergarten kommt, nicht selbst. Dennoch wird es für diese Entscheidung seiner Eltern, es nicht mit dem Auto zu bringen, mit einem Stempel belohnt oder eben auch nicht. Und es muss sich gegebenenfalls noch vor seinen Freunden rechtfertigen, warum es keinen Beitrag im Eis-Wettbewerb leistet. Eine sinnvolle Pädagogik kann ich darin nicht erkennen. Die Idee, die hinter diesem Projekt steht, finde ich gut. So wie es durchgeführt werden soll, reglementiert es Familien völlig ungerechtfertigt auf dem Rücken der Kinder und geht an der Lebenswirklichkeit von berufstätigen Eltern vorbei. Sabine Hemberger, Ravensburg