Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Görges und Petkovic sorgen für sportliche und verbale Glanzlichter
Die deutschen Tennisspielerinnen glänzen bei den French Open weiterhin – Kohlschreiber gewinnt nach Unterbrechung kein Spiel mehr
PARIS (dpa/SID) - „Halt die Fresse!“Mit einem Weckruf an sich selbst hat Andrea Petkovic das ZweitrundenAus bei den French Open abwenden können. Die deutsche Nummer 1 war gegen die Spanierin Lourdes Dominguez Lino auf dem Weg in die Niederlage, ehe sie sich zu Beginn des zweiten Satzes selbst zur Räson rief. „Ich war die ganze Zeit nur am Jammern. Dabei finde ich mich selbst unerträglich, wenn ich so bin“, gestand Petkovic nach ihrem 4:6, 6:4, 6:4Sieg. Keinerlei Grund zur Klage hatte dagegen Julia Görges. Die Norddeutsche zeigte gegen die dänische Weltranglistenfünfte Caroline Wozniacki eine ganz starke Leistung und gewann etwas überraschend 6:4, 7:6 (7:4). Damit stehen fünf deutsche Damen in Runde drei – so viele wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr.
Für die deutschen Männer ist das Turnier dagegen bereits vorbei. Philipp Kohlschreiber verlor sein Zweitrundenmatch gegen den Spanier Pablo Andujar am Donnerstag mit 1:6, 6:7 (5:7), 6:3, 6:3, 4:6. Das Match war tags zuvor wegen Dunkelheit beim Stand von 4:2 im fünften Satz für Kohlschreiber unterbrochen wor- den. Bei der Fortsetzung gelang dem Augsburger dann kein Spielgewinn mehr. „Gestern hätte ich die Partie wahrscheinlich für mich entschieden, da habe ich überragendes Tennis gespielt und war in einem Flow.“Kohlschreiber kritisierte die späte Ansetzung am Mittwoch. „Das ist unfair den Spielern gegenüber.“Kol- lege Benjamin Becker musste seine für heute angesetzte Partie gegen den Japaner Kei Nishikori wegen einer Muskelverletzung in der rechten Schulter absagen.
Das Aus in der französischen Hauptstadt kam auch für Carina Witthöft. Die 20-Jährige verlor gegen Sara Errani aus Italien trotz coura- gierter Leistung mit 3:6, 6:4, 2:6. Auch die 21-Jährige Anna-Lena Friedsam schied aus. Die Nummer 105 der Welt schnupperte gegen die Weltranglistenerste Serena Williams aber an einer Überraschung, verlangte der großen Favoritin beim 7:5, 3:6, 3:6 alles ab. „Ich bin sehr stolz auf dieses Match. Nicht viele Spielerinnen können von sich behaupten, einen Satz gegen Serena gewonnen zu haben“, sagte Friedsam. „Sie hat sich unheimlich teuer verkauft“, lobte Bundestrainerin Barbara Rittner, „diese Erfahrung ist unbezahlbar für ihre weitere Entwicklung.“
Petkovic erlebte im Stade Roland Garros „ein Wechselbad der Gefühle“. Die Darmstädterin hatte Probleme mit ihrem lädierten rechten Oberschenkel. Vor allem wenn es darum ging, einen der vielen Stopps ihrer Gegnerin zu erlaufen, tat sich die 27-Jährige sehr schwer. „Ich hatte richtig Angst vor diesen Sprints. Ich bin gelaufen wie ein Elefant.“Beim Stand von 4:6, 1:2 ließ sich Petkovic lange behandeln, spielte fortan mit einem dicken Verband. Doch es bedurfte der Selbstgeißelung, um zurück ins Match zu finden. „Damit ha- be ich mich irgendwie von mir selbst befreit“, sagte Petkovic, die fortan etwas ruhiger agierte und den Satzausgleich schaffte. Im dritten Satz geriet sie zwar noch einmal ein Break in Rückstand, doch angetrieben von den vielen deutschen Fans machte sie den Sieg nach 2:20 Stunden doch noch perfekt. „Jetzt geht es erst einmal in die Eistonne“, sagte Petkovic. „Mal sehen, wie sich mein Oberschenkel morgen anfühlt.“Am Samstag kommt es dann zur Neuauflage des letztjährigen Viertelfinals gegen Errani, das Petkovic vor einem Jahr klar für sich entscheiden konnte.
Görges hatte mit Wozniacki auf dem Court Central etwas weniger Mühe. Von Beginn an diktierte die 26-Jährige mit aggressivem Spiel das Duell mit der dänischen Dauerläuferin. „Du bekommst gegen sie keinen Punkt geschenkt und musst alles selbst erzwingen.“Im achten Vergleich mit der ehemaligen Weltranglistenersten war es Görges’ vierter Erfolg. Jetzt trifft sie auf Irina Falconi aus den USA. „Ich muss wieder auf mich schauen, und dann gucken wir mal, ob ich es hier erstmals in die vierte Runde schaffe.“