Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Südschiene gegen Diebesbanden
Bayern und Baden-Württemberg brauchen dringend Erfolge für die Kriminalstatistik
STUTTGART - Die Zahlen für 2014 sind schlecht: Fast 20 Prozent mehr Einbrüche in Baden-Württemberg, knapp 30 Prozent mehr in Bayern. Solch drastische Wachstumsraten bringen jeden Innenminister in Erklärungsnot: Selbst wenn er darauf verweisen kann, dass die statistische Gefahr, Opfer eines Einbruchs zu werden, in vielen nördlichen Bundesländern nach wie vor weit höher liegt.
Gall: „Tendenz ist eine positive“Besonders Baden-Württembergs Ressortchef Reinhold Gall (SPD) muss angesichts des anrollenden Landtagswahlkampfs beim Thema Innere Sicherheit bald Erfolge vermelden. Und das könnte schon bald passieren, möglicherweise bereits am 24. Juli, wenn Gall zusammen mit seinem Münchner Kollegen Joachim Herrmann (CSU) eine engere Zusammenarbeit gegen mobile Einbrecherbanden vereinbaren wird. Gall setzt auch darauf, dass die bisher eingeleiteten Maßnahmen endlich greifen: So wurden unter anderem die Kontrollen verstärkt und spezielle Ermittlungsgruppen gebildet. Es zeichne sich ab, dass die Aufklärungsquoten im ersten Halbjahr 2015 gestiegen seien, sagt Gall am Mittwoch unserer Zeitung und schiebt vorsichtig hinterher: „Die Tendenz ist eine positive.“
Bayerns Ruf ist gefährdet Eine positive Tendenz braucht auch Galls bayerischer Kollege Joachim Herrmann dringend. Denn für die CSU steht angesichts der jährlich dramatisch steigenden Zahlen der Nimbus des besonders sicheren Bundeslandes auf dem Spiel: Die oft international operierenden Diebesbanden müssten merken, dass sich Beutezüge im Süden Deutschlands nicht lohnen, sagt Ministeriumssprecher Michael Siefener.
Und dazu brauche es auch grenzüberschreitende Zusammenarbeit: „Die Einbrecher halten sich ja auch nicht an Landesgrenzen“, sagt Siefener. Viele Banden operieren hingegen entlang größerer Verkehrskorridore, wie die A 6, A 7, A 8 und A 96, über die man schnell mit der Beute verschwinden kann. Nun sei es wichtig, „ohne politische Scheuklappen“vorzugehen, heißt es aus München.
Der Freistaat bietet den Nachbarn unter anderem Hilfe bei Prognoseprogrammen an. Dabei sagt der Computer anhand bisheriger Erfahrungen voraus, an welchen Orten Banden vermutlich demnächst zuschlagen. Die Polizei kann dann dort verstärkt patrouillieren. Im Gegenzug interessieren sich die Bayern für Präventionsprojekte aus BadenWürttemberg.
Auf den ersten Blick mag die Kooperation seltsam anmuten, denn zuletzt hatten die Nachbarländer mehr durch Streitereien als durch Zusammenarbeit für Schlagzeilen gesorgt. Erst im Juni hatte Südwest-SPD-Chef Nils Schmid der CSU vorgeworfen, die lang gepflegte Südschiene zwischen Baden-Württemberg und Bayern im Stromtrassenstreit und bei der Atommüll-Zwischenlagerung „bewusst“gegen die Wand zu fahren.
Kretschmann lobt Kooperation Jenseits dieser Streitpunkte klappt die Kooperation beider Länder aber oft besser und geräuschloser, als es die Öffentlichkeit bemerkt. „Die Zusammenarbeit mit Bayern ist in der Regel sehr, sehr gut und sehr, sehr professionell“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf die Frage nach dem Zustand der Südschiene.
In einer interaktiven Karte sehen Sie, wo zwischen April 2014 und April 2015 in der Region eingebrochen wurde: schwaebische.de/einbruch