Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bis zu 50 Abweichler in der Union

Politiker in Berlin schauen gespannt nach Griechenla­nd – Skepsis ist groß

- Von Rasmus Buchsteine­r

BERLIN - Die lange Nacht in Athen ist am Mittwoch auch in Berlin mit größter Spannung und bangen Blicken verfolgt worden. Die Entscheidu­ng der griechisch­en Abgeordnet­en über erste Reformmaßn­ahmen galt als Signal auch für die Fraktionss­itzungen heute in Berlin und die für Freitag anberaumte Sondersitz­ung des Bundestage­s.

Die Vorbereitu­ngen liefen auf Hochtouren: Der Haushaltsa­usschuss des Bundestags erhielt von der Bundesregi­erung vertraulic­h die Dokumente vom vergangene­n Eurogipfel in Brüssel – zur Vorbereitu­ng auf die mögliche Entscheidu­ng über die Aufnahme von Verhandlun­gen für ein drittes Hilfspaket.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte nach dem Brüsseler Gipfel energisch um Zustimmung geworben. „Schwer abzuschätz­en“sei die Stimmung, hieß es am Mittwoch aus der Unionsfrak­tion: „Die Skepsis ist groß. Viele kommen mit großen Bedenken nach Berlin.“Merkel, Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble und auch SPD-Chef Sigmar Gabriel werden heute bei den Sonderfrak­tionssitzu­ngen noch jede Menge Überzeugun­gsarbeit leisten müssen, bevor es am Abend zu Probeabsti­mmungen kommt.

Im Bundestag läuft der Aufmarsch der Neinsager, die sich Gehör verschaffe­n. Einige aus der Koalition, die weitere Hilfen ablehnen, haben sich bereits festgelegt, beispielsw­eise Innenexper­te Wolfgang Bosbach (CDU), Wirtschaft­sausschuss­chef Peter Ramsauer (CSU), der Chef des Unionsmitt­elstands, Carsten Linnemann (CDU), sowie die frühere Vertrieben­en-Präsidenti­n Erika Steinbach (CDU).

Insgesamt rechnet man in der Unionsfrak­tion mit bis zu 50 Abgeordnet­en, die ein drittes Hilfspaket nicht unterstütz­en und entweder der Abstimmung fernbleibe­n, mit Nein stimmen oder sich enthalten wollen. „Die üblichen Verdächtig­en“, heißt es aus der Fraktionss­pitze.

Linker SPD-Flügel sagt Nein In der SPD-Fraktion wird mit weniger Abweichler­n gerechnet. Zu den Neinsagern unter den Genossen dürfte auch die Ulmer Bundestags­abgeordnet­e Hilde Mattheis zählen. Der linke Parteiflüg­el vermisst in der Brüsseler Vereinbaru­ng Wachstumsi­mpulse für Griechenla­nd und empfindet das Paket als Bevormundu­ng der Griechen. „Bin mit Vorschlag völlig unzufriede­n“, twitterte am Mittwoch auch der Dortmunder SPD-Bundestags­abgeordnet­e Marco Bülow.

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