Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Legitime Frage
Zum Artikel „ Die Tötung neu definieren“( 29.6.): Jeder Student der Rechtswissenschaften lernt bereits im zweiten Semester, dass es im Strafrecht eine Selbstverständlichkeit ist, bei jedem Tatbestand die Gesinnung zu prüfen und somit je nach Entscheidung auch zu bestrafen. Dieser subjektive Tatbestand erschöpft sich nicht im bloßen Vorsatz, und das nicht nur im Falle des Mordes. Davon zu sprechen, eine Gesinnung zu bestrafen sei mit einem modernen Strafrechtsverständnis nicht vereinbar, ist da etwas befremdlich und rechtsfremd.
Der Haustyrannenmord wird überdies weniger beim Mordmerkmal Heimtücke gerne als Beispiel angeführt, sondern vielmehr bei der Diskussion, wie weit das Merkmal der Gegenwärtigkeit bei der Notwehr zu fassen ist, folglich gerade bei einem rechtlichen Instrument, welches die Strafbarkeit ausschlösse. Die Frage, ob es nicht besser wäre, auch alternative Strafmaße als die lebenslange Freiheitsstrafe zuzulassen, ist durchaus legitim; dabei aber mit derart überzogenem Positivismus zu argumentieren und die Bewertung der Gesinnung gänzlich abzulehnen, ist fehl am Platze, genauso, wie eine der Qualifikationen ausgerechnet beim Delikt der Tötung abzuschaffen. Um bei nicht ganz gerechtfertigten Nazibezügen zu bleiben: Der Rechtspositivismus, das stumpfe Abarbeiten objektiver Maßstäbe, hat dort ebenfalls einigen Schaden angerichtet. Dietmar Schaude, Pfullendorf
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