Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Darf’s ein bisschen exotisch sein?
Mit Fleisch von Straußen, Büffeln und Bisons wollen Züchter sich gegen Billigware behaupten
BODMAN - Der durchschnittliche Deutsche isst pro Woche mehr als ein Kilo Fleisch. Um im Massenmarkt mit Schwein, Rind und Geflügel zu bestehen, müssen sich Landwirte da etwas Besonderes einfallen lassen. Deshalb setzen auch im Südwesten immer mehr Bauern auf Exoten wie Bisons, Büffel oder Strauße.
Die meisten von ihnen versuchen, ihre Produkte selbst zu vermarkten und mit Bioware anspruchsvollere Käufer zu überzeugen. Willi Wolf zum Beispiel widmet einem asiatischen Nutztier viel Zeit und Energie: Seine Herde aus 170 Wasserbüffeln steht auf drei Weiden rund um die Gemeinde Hohenstein-Meidelstetten auf der Schwäbischen Alb.
Acht Euro für ein Steak Zu fressen bekommen die gehörnten Riesen nur, was um sie herum wächst. Statt Kraftfutter erhalten sie Auslauf – jedes Tier hat einen Hektar Platz. Dafür bekam Wolfs Betrieb nicht nur das Bio-Siegel verliehen, sondern wurde auch für den Verein „Neuland“zertifiziert, der sich für eine tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung einsetzt.
„Meine Albbüffel sind immer noch exotische Tiere, haben aber schon eine Fangemeinde“, meint der Züchter. Diese Fans schätzten nicht allein das außergewöhnliche Fleisch der Büffel, sondern vor allem die artgerechte Haltung. Viele Kunden kämen auf den Hof, um sich die Tiere und die Haltungsbedingungen anzuschauen. Dabei nehmen die Büffelbegeisterten in Kauf, dass das Fleisch deutlich teurer ist als ein Rindersteak aus dem Discounter: Ein Albbüffel-Steak kostet knapp acht Euro. Mit der „Ein-Tier-ein-Hektar-Haltung“könne man eben keine Massenware produzieren, erklärt Viehzüchter Wolf.
Bisons vom Bodensee Kunden, die nach besonderem Fleisch suchen, gehen auch auf den Bodanrück im Landkreis Konstanz. Dort grasen Bisons. Diese amerikanischen Wildrinder brauchen reichlich Platz für Bewegung. Außerdem wachsen sie viel langsamer als Hausrinder. Erst nach etwa drei Jahren kann ein Tier geschlachtet werden. „Für eine größere Zucht würden die Kapazitäten nicht ausreichen. Wir bräuchten mehr Weidefläche und auch eine größere Küche“, erklärt Marc Schmalenberger, Betreiber der Bisonstube. So werde nur in einer Woche pro Jahr das Fleisch von drei bis vier Bisons angeboten. Wer an diesen Tagen kommt, hat schon Monate zuvor einen Tisch reserviert.
Die steigende Beliebtheit exotischer Tierprodukte freut auch Wolfgang Schmid. Der Konstrukteur züchtet Afrikanische Strauße in Waldburg im Vorallgäu. Würste, Eierlikör, Ledergürtel oder auch Staubwedel gehen unter anderem über die Theken seines Hofladens sowie des Bauernmarkts in Ravensburg. Und zwar so erfolgreich, dass expandiert werden soll: „Wir züchten hier etwa 200 Strauße auf 30 Hektar. Alle zwei Wochen werden vier bis sechs Tiere geschlachtet. Das reicht bei Weitem nicht aus, um die Nachfrage zu bedienen,“so Schmid. Seine Kunden seien haupt- Mit Geschichten rund um das Thema Essen und Ernährung begleitet die Schwäbische Zeitung die Entstehung des Magazins „Schlemmerseiten – Regionale Lieblingsrezepte vom Starkoch veredelt“. In dem Magazin erscheinen 30 Rezepte, die Fernsehkoch Christian Henze verfeinert. Wenn Sie wollen, dass er auch Ihr regionales Rezept veredelt, dann schicken Sie es uns. Fünf Ein- sächlich junge, finanziell unabhängige Menschen um die 30 Jahre, die ernährungsbewusst und zugleich experimentierfreudig seien. Wer sich das Exotenfleisch nicht selbst zubereiten möchte, findet in manchem Restaurant in der Region eine Alternative zum Farmfleisch. So betreibt beispielsweise Wang Xuan ein Restaurant in Schwenningen im SchwarzwaldBaar-Kreis. Krokodil aus Südafrika, Hai aus Südostasien und australisches Känguru stehen hier auf der Speisekarte. Davor schrecken die meisten Kunden aber eher noch zurück: „Vom Beliebtesten, dem Känguru, brauchen wir ungefähr acht bis sender haben die Chance, mit Christian Henze zu kochen und ihr bestes Rezept neu abzuschmecken. Schicken Sie uns Ihr Rezept per E- Mail an rezepte@ schwaebische. de oder per Post an Schwäbische Zeitung, Karlstr. 16, 88214 Ravensburg mit dem Betreff Rezeptaufruf. Werden Sie Fan der Seite facebook. com/ schlemmerseiten und Sie bleiben immer auf dem neuesten Stand. ( sz) zehn Kilo im Monat – diese Menge bereiten wir vom Rind wöchentlich zu“, so Xuan.
Noch keine Massenware Exotisches Fleisch ist also noch lange nicht als Massenware auf den Tellern der Verbraucher angekommen, sondern eher eine Spezialität für Liebhaber. Das beobachtet auch Daniel Ohl vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga: „Die Menschen interessieren sich zwar für Außergewöhnliches, das gehört heute zur Weltoffenheit, aber ein allgemeiner Trend hin zu exotischem Essen ist nicht erkennbar.“Jedoch spiele die Herkunft der Lebensmittel eine immer wichtigere Rolle beim Kauf. Strauße, Büffel oder Bisons aus heimischer Zucht sind aus Sicht vieler Kunden eine ideale Kombination aus regionalem und exotischem Produkt.
Ihr Genuss ist für manche ein einmaliges Erlebnis, für andere schon gar nicht mehr so ungewöhnlich. „Ich finde das sind Nischenprodukte, aber keine echten Exoten mehr“, meint Ariane Amstutz, Vize-Pressesprecherin des baden-württembergischen Landesbauernverbands. Das seien eher Insekten, Kugelfisch oder Krokodil.
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