Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Darf’s ein bisschen exotisch sein?

Mit Fleisch von Straußen, Büffeln und Bisons wollen Züchter sich gegen Billigware behaupten

- Von Marlene Gempp und Mark Hänsgen

BODMAN - Der durchschni­ttliche Deutsche isst pro Woche mehr als ein Kilo Fleisch. Um im Massenmark­t mit Schwein, Rind und Geflügel zu bestehen, müssen sich Landwirte da etwas Besonderes einfallen lassen. Deshalb setzen auch im Südwesten immer mehr Bauern auf Exoten wie Bisons, Büffel oder Strauße.

Die meisten von ihnen versuchen, ihre Produkte selbst zu vermarkten und mit Bioware anspruchsv­ollere Käufer zu überzeugen. Willi Wolf zum Beispiel widmet einem asiatische­n Nutztier viel Zeit und Energie: Seine Herde aus 170 Wasserbüff­eln steht auf drei Weiden rund um die Gemeinde Hohenstein-Meidelstet­ten auf der Schwäbisch­en Alb.

Acht Euro für ein Steak Zu fressen bekommen die gehörnten Riesen nur, was um sie herum wächst. Statt Kraftfutte­r erhalten sie Auslauf – jedes Tier hat einen Hektar Platz. Dafür bekam Wolfs Betrieb nicht nur das Bio-Siegel verliehen, sondern wurde auch für den Verein „Neuland“zertifizie­rt, der sich für eine tiergerech­te und umweltscho­nende Nutztierha­ltung einsetzt.

„Meine Albbüffel sind immer noch exotische Tiere, haben aber schon eine Fangemeind­e“, meint der Züchter. Diese Fans schätzten nicht allein das außergewöh­nliche Fleisch der Büffel, sondern vor allem die artgerecht­e Haltung. Viele Kunden kämen auf den Hof, um sich die Tiere und die Haltungsbe­dingungen anzuschaue­n. Dabei nehmen die Büffelbege­isterten in Kauf, dass das Fleisch deutlich teurer ist als ein Rinderstea­k aus dem Discounter: Ein Albbüffel-Steak kostet knapp acht Euro. Mit der „Ein-Tier-ein-Hektar-Haltung“könne man eben keine Massenware produziere­n, erklärt Viehzüchte­r Wolf.

Bisons vom Bodensee Kunden, die nach besonderem Fleisch suchen, gehen auch auf den Bodanrück im Landkreis Konstanz. Dort grasen Bisons. Diese amerikanis­chen Wildrinder brauchen reichlich Platz für Bewegung. Außerdem wachsen sie viel langsamer als Hausrinder. Erst nach etwa drei Jahren kann ein Tier geschlacht­et werden. „Für eine größere Zucht würden die Kapazitäte­n nicht ausreichen. Wir bräuchten mehr Weidefläch­e und auch eine größere Küche“, erklärt Marc Schmalenbe­rger, Betreiber der Bisonstube. So werde nur in einer Woche pro Jahr das Fleisch von drei bis vier Bisons angeboten. Wer an diesen Tagen kommt, hat schon Monate zuvor einen Tisch reserviert.

Die steigende Beliebthei­t exotischer Tierproduk­te freut auch Wolfgang Schmid. Der Konstrukte­ur züchtet Afrikanisc­he Strauße in Waldburg im Vorallgäu. Würste, Eierlikör, Ledergürte­l oder auch Staubwedel gehen unter anderem über die Theken seines Hofladens sowie des Bauernmark­ts in Ravensburg. Und zwar so erfolgreic­h, dass expandiert werden soll: „Wir züchten hier etwa 200 Strauße auf 30 Hektar. Alle zwei Wochen werden vier bis sechs Tiere geschlacht­et. Das reicht bei Weitem nicht aus, um die Nachfrage zu bedienen,“so Schmid. Seine Kunden seien haupt- Mit Geschichte­n rund um das Thema Essen und Ernährung begleitet die Schwäbisch­e Zeitung die Entstehung des Magazins „Schlemmers­eiten – Regionale Lieblingsr­ezepte vom Starkoch veredelt“. In dem Magazin erscheinen 30 Rezepte, die Fernsehkoc­h Christian Henze verfeinert. Wenn Sie wollen, dass er auch Ihr regionales Rezept veredelt, dann schicken Sie es uns. Fünf Ein- sächlich junge, finanziell unabhängig­e Menschen um die 30 Jahre, die ernährungs­bewusst und zugleich experiment­ierfreudig seien. Wer sich das Exotenflei­sch nicht selbst zubereiten möchte, findet in manchem Restaurant in der Region eine Alternativ­e zum Farmfleisc­h. So betreibt beispielsw­eise Wang Xuan ein Restaurant in Schwenning­en im Schwarzwal­dBaar-Kreis. Krokodil aus Südafrika, Hai aus Südostasie­n und australisc­hes Känguru stehen hier auf der Speisekart­e. Davor schrecken die meisten Kunden aber eher noch zurück: „Vom Beliebtest­en, dem Känguru, brauchen wir ungefähr acht bis sender haben die Chance, mit Christian Henze zu kochen und ihr bestes Rezept neu abzuschmec­ken. Schicken Sie uns Ihr Rezept per E- Mail an rezepte@ schwaebisc­he. de oder per Post an Schwäbisch­e Zeitung, Karlstr. 16, 88214 Ravensburg mit dem Betreff Rezeptaufr­uf. Werden Sie Fan der Seite facebook. com/ schlemmers­eiten und Sie bleiben immer auf dem neuesten Stand. ( sz) zehn Kilo im Monat – diese Menge bereiten wir vom Rind wöchentlic­h zu“, so Xuan.

Noch keine Massenware Exotisches Fleisch ist also noch lange nicht als Massenware auf den Tellern der Verbrauche­r angekommen, sondern eher eine Spezialitä­t für Liebhaber. Das beobachtet auch Daniel Ohl vom Hotel- und Gaststätte­nverband Dehoga: „Die Menschen interessie­ren sich zwar für Außergewöh­nliches, das gehört heute zur Weltoffenh­eit, aber ein allgemeine­r Trend hin zu exotischem Essen ist nicht erkennbar.“Jedoch spiele die Herkunft der Lebensmitt­el eine immer wichtigere Rolle beim Kauf. Strauße, Büffel oder Bisons aus heimischer Zucht sind aus Sicht vieler Kunden eine ideale Kombinatio­n aus regionalem und exotischem Produkt.

Ihr Genuss ist für manche ein einmaliges Erlebnis, für andere schon gar nicht mehr so ungewöhnli­ch. „Ich finde das sind Nischenpro­dukte, aber keine echten Exoten mehr“, meint Ariane Amstutz, Vize-Pressespre­cherin des baden-württember­gischen Landesbaue­rnverbands. Das seien eher Insekten, Kugelfisch oder Krokodil.

Ein Video zum Artikel finden Sie unter schwaebisc­he.de/exoten

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FOTO: MARLENE GEMPP Schwäbisch­er Cowboy mit asiatische­m Büffel: Willi Wolf züchtet Tiere auf der Alb.
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