Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Wir haben oft bis Mitternacht an den Kulissen gemalt“
Nach 43 Jahren hört Peter Kohler beim Rutentheater auf – Selbst seine Bühnenbild-Modelle waren kleine Meisterwerke
RAVENSBURG – Schon sein Vater war in der Rutenfestkommission, er selber hat noch nie ein Rutenfest versäumt. Und wer schon einmal in einer der Inszenierungen des Rutentheaters über die detailverliebten Kulissen und Bühnenbilder gestaunt hat, der hat sich an seinen Ideen erfreut: Peter Kohler. Ein kreativer Kopf. Und Bühnenbildner beim Rutentheater, über 43 Jahre hinweg.
Im Rutenfesthaus lassen sich die Stationen seines Ideenreichtums gut nachvollziehen. In einem raumhohen Regal stehen dicht an dicht die puppenstubigen Modelle, in denen Peter Kohler im Maßstab eins zu zehn auf Sperrholz gebracht hat, was er sich zum jeweiligen Rutentheaterstück als Bühnenhintergrund vorstellte. Ob für „Turandot“oder „Robin Hood“, für „Carmencita“oder „Peter Pan“– für jedes Rutentheaterstück machte sich der Bühnenbildner meist schon im Januar Gedanken. Er ließ mit dem Regisseur die Fantasie fliegen. Und bastelte bis März die aussagekräftigen Modelle. In stundenlanger Handarbeit. Immer neben seinem Hauptberuf her.
Natürlich liegen dem heute 75jährigen Kohler die schönen Künste. Anders lassen sich der märchenhafte Einfall für Hunderte von Rosengir- landen –bis hinauf zu den Logen – für „Dornröschen“oder der Bühnenapplaus für eines der schönsten Bühnenbilder zu „Ein Sommernachtstraum“gar nicht erklären. Als findiger Dekorateur hatte er im Laufe seines Arbeitslebens zuerst im Modehaus Möhrlin in der Schulstraße die Schaufenster gestaltet, dann in Hechingen und später im Kaufhaus „X“für ansprechende und überraschende Werbeszenen gesorgt.
Bei seinen Freunden hoch begehrt waren und sind seine sehr persönlichen und handgemachten Grußkarten. Die hübscht er nicht selten mit einem Aquarell auf. Oder versieht sie augenzwinkernd mit einer mobilen Garage, wie im Fall einer lieben Bekannten, die als ungeübte Fahrerin häufig die Garageneinfahrt streift.
Selbst an Peter Kohlers Schrift, die aus simplen Buchstaben kalligrafische Kugelschreiberwerke macht, ist abzulesen, wie viel Esprit und Schwung in seinen Kreationen stecken. Dass auf die Ideensuche („Bei vielen Opernbesuchen oder auch mal aus einem Märchenbuch hab ich mir Inspirationen geholt“) immer ein zeitintensiver Arbeitseinsatz folgte, daraus macht Kohler keinen Hehl. „Wir haben oft bis Mitternacht die Kulissen bemalt“, erinnert sich Kohler an Nachtschichten mit seinen Freunden Eugen und Siegfried Reutlinger.
Dass seine verstorbene Ehefrau Grit sich darüber nie mokierte, im Gegenteil sogar die Urlaubsplanung aufs Rutentheater-Jahr abstimmte und sich selbst im Kostümfundus einbrachte, das macht ihn heute noch dankbar. „Und wir haben immer für Gotteslohn gearbeitet – wie alle anderen auch“, huldigt Kohler dem immens großen Pool an Ehrenamtlichen rund um das Rutentheater.
Seit diesem Jahr und mit dem neuen Stück „Ratatouille“hat der bisherige Requisitenbauer Marcus Bendel die Federführung und die Verantwortung für die Bühnenbilder übernommen. „Wenn man so einen guten Nachfolger hat, dann fällt das Aufhören leicht“, sagt Kohler und klingt trotzdem ein bisschen wehmütig dabei. Begeistert hingegen hört sich Regisseur Bodo Klose an, der mit Kohler insgesamt 13 Stücke entwickelt hat. „Ich bin ein bekennender PeterFan“, sagt Klose, der sowohl dessen „unkomplizierte und freundlich-väterliche Art“schätzte als auch Kohlers grandiose Ideen. RFK-Chef Dieter Graf lobt Kohlers Zuverlässigkeit und erinnert sich daran, „dass er nie aus der Ruhe gekommen ist“. Und Martina Zeller, die die Gesamtleitung des Rutentheaters innehat, schwärmt: „Mich hat an ihm seine Selbstständigkeit und Kreativität am meisten begeistert“.