Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das große Loch ist zu, der große Streit geht weiter
Seit 2007 zanken sich zwei Schweizer und die Stadt Kempten um eine Baustelle in der Kemptener Innenstadt
KEMPTEN - Es war einmal ... so könnte diese Geschichte beginnen, und um es gleich vorweg zu nehmen: Darin geht es ums Geld. Um viel Geld, Millionen Euro. Und um eine unbeglichene Schuld, einen seit acht Jahren andauernden Streit und um eine ehemalige Grube: das Große Loch zu Kempten. Seit 2007 schwelt der Streit zwischen zwei Schweizer Geschäftsleuten und der Stadt Kempten. Im Mittelpunkt stehen die Pläne für ein Geschäftshaus, das aber nie entstanden ist. Irgendwann im Jahr 2011 ließen die Eigentümer die Arbeiten einstellen, zweieinhalb Geschosse der Tiefgarage waren da gerade fertig. Richard Ritter und Peter Kyburz wollten im großen Stil Einzelhandel in ihrem Geschäftshaus unterbringen, die Stadt war dagegen. Inzwischen ist die Tiefgarage fertig, allerdings zwangsweise gebaut und mit über drei Millionen Euro Steuergeld bezahlt. Diese Summe will die Stadt nun eintreiben, entweder per Zwangsversteigerung oder per Zwangsvollstreckung. Eine Spezialkanzlei prüfe gerade die Möglichkeiten. Schlusspunkt der unendlichen Geschichte ums Ex-Loch von Kempten?
Schwimmbad. Sommerloch. Sommertheater. Unendliche Geschichte. Großes Loch – über die Jahre haben die Kemptener der berühmtesten Baustelle der Stadt viele Namen gegeben. In Spalte drei der Unterlagen im Kemptener Grundbuchamt steht ein weiterer: 709/2, die Flurnummer des 2000 Quadratmeter großen Grundstücks zwischen einem Kino und dem Einkaufszentrum Forum Allgäu. 25 000 Kunden zieht das Zentrum jeden Tag an, vom Kuchen wollten auch die Schweizer etwas abhaben. Doch die Stadt lehnte den Wunsch der Eigentümer nach Einzelhandel stets ab. Auch dann, als ein Gericht den ersten Bebauungsplan kippte. Die Begründung: Noch mehr Handel gefährde das Zentrum, reiße es gar auseinander. Diese Fronten sind über die Jahre verhärtet geblieben, die Grube dümpelte jahrelang vor sich hin. Im Winter 2011/2012 stand dann das erste Mal im Raum, wie sicher sie überhaupt noch ist, es folgten Messungen mit Lasertechnik. Experten stellten fest: Die Grube ist einsturzgefährdet. Danach ging es Schlag auf Schlag: Das Amtsgericht setzte einen Zwangsverwalter ein, die Schweizer Eigentümer verlegten ihre Büroadresse von Kempten nach Berlin, waren zeitweilig gar nicht mehr zu erreichen. Kurz darauf stellte ein geprellter Geschäftspartner Anzeige, Rechnungen seien nicht bezahlt worden. Die Stadt finanzierte den Weiterbau, inzwischen ist der Tiefgaragen-Rohbau fertig. Wann gibt es Neues zu einer möglichen Zwangsversteigerung? Frühestens in ein paar Wochen. Ausmaße: Die Baugrube war 18 Meter tief, 37 Meter lang, 55 Meter breit und zeitweilig mit Wasser gefüllt. 20 000 Kubikmeter Erde wurden abtransportiert. Eigentümer: Das Kemptener Loch gehört der Gesellschaft zweier Schweizer, Richard Ritter und Peter Kyburz. Die Eigentümer haben an der Grube aber nicht mehr das Sagen. Das Grundstück wird zwangsverwaltet, da sie offene Rechnungen bei der Stadt nicht mehr beglichen haben. Zeitrahmen: Im Frühjahr 2011 haben lediglich Sicherheitsarbeiten an der Grube stattgefunden. Dann wurde auf Anweisung des Zwangsverwalters die Tiefgarage gebaut.