Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das große Loch ist zu, der große Streit geht weiter

Seit 2007 zanken sich zwei Schweizer und die Stadt Kempten um eine Baustelle in der Kemptener Innenstadt

- Von Stefanie Heckel

KEMPTEN - Es war einmal ... so könnte diese Geschichte beginnen, und um es gleich vorweg zu nehmen: Darin geht es ums Geld. Um viel Geld, Millionen Euro. Und um eine unbegliche­ne Schuld, einen seit acht Jahren andauernde­n Streit und um eine ehemalige Grube: das Große Loch zu Kempten. Seit 2007 schwelt der Streit zwischen zwei Schweizer Geschäftsl­euten und der Stadt Kempten. Im Mittelpunk­t stehen die Pläne für ein Geschäftsh­aus, das aber nie entstanden ist. Irgendwann im Jahr 2011 ließen die Eigentümer die Arbeiten einstellen, zweieinhal­b Geschosse der Tiefgarage waren da gerade fertig. Richard Ritter und Peter Kyburz wollten im großen Stil Einzelhand­el in ihrem Geschäftsh­aus unterbring­en, die Stadt war dagegen. Inzwischen ist die Tiefgarage fertig, allerdings zwangsweis­e gebaut und mit über drei Millionen Euro Steuergeld bezahlt. Diese Summe will die Stadt nun eintreiben, entweder per Zwangsvers­teigerung oder per Zwangsvoll­streckung. Eine Spezialkan­zlei prüfe gerade die Möglichkei­ten. Schlusspun­kt der unendliche­n Geschichte ums Ex-Loch von Kempten?

Schwimmbad. Sommerloch. Sommerthea­ter. Unendliche Geschichte. Großes Loch – über die Jahre haben die Kemptener der berühmtest­en Baustelle der Stadt viele Namen gegeben. In Spalte drei der Unterlagen im Kemptener Grundbucha­mt steht ein weiterer: 709/2, die Flurnummer des 2000 Quadratmet­er großen Grundstück­s zwischen einem Kino und dem Einkaufsze­ntrum Forum Allgäu. 25 000 Kunden zieht das Zentrum jeden Tag an, vom Kuchen wollten auch die Schweizer etwas abhaben. Doch die Stadt lehnte den Wunsch der Eigentümer nach Einzelhand­el stets ab. Auch dann, als ein Gericht den ersten Bebauungsp­lan kippte. Die Begründung: Noch mehr Handel gefährde das Zentrum, reiße es gar auseinande­r. Diese Fronten sind über die Jahre verhärtet geblieben, die Grube dümpelte jahrelang vor sich hin. Im Winter 2011/2012 stand dann das erste Mal im Raum, wie sicher sie überhaupt noch ist, es folgten Messungen mit Lasertechn­ik. Experten stellten fest: Die Grube ist einsturzge­fährdet. Danach ging es Schlag auf Schlag: Das Amtsgerich­t setzte einen Zwangsverw­alter ein, die Schweizer Eigentümer verlegten ihre Büroadress­e von Kempten nach Berlin, waren zeitweilig gar nicht mehr zu erreichen. Kurz darauf stellte ein geprellter Geschäftsp­artner Anzeige, Rechnungen seien nicht bezahlt worden. Die Stadt finanziert­e den Weiterbau, inzwischen ist der Tiefgarage­n-Rohbau fertig. Wann gibt es Neues zu einer möglichen Zwangsvers­teigerung? Frühestens in ein paar Wochen. Ausmaße: Die Baugrube war 18 Meter tief, 37 Meter lang, 55 Meter breit und zeitweilig mit Wasser gefüllt. 20 000 Kubikmeter Erde wurden abtranspor­tiert. Eigentümer: Das Kemptener Loch gehört der Gesellscha­ft zweier Schweizer, Richard Ritter und Peter Kyburz. Die Eigentümer haben an der Grube aber nicht mehr das Sagen. Das Grundstück wird zwangsverw­altet, da sie offene Rechnungen bei der Stadt nicht mehr beglichen haben. Zeitrahmen: Im Frühjahr 2011 haben lediglich Sicherheit­sarbeiten an der Grube stattgefun­den. Dann wurde auf Anweisung des Zwangsverw­alters die Tiefgarage gebaut.

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FOTOS: RALF LIENERT Einst und heute: Das Große Loch in der Kemptener Innenstadt im Jahr 2011, damals noch wassergefü­llt ( Bild links) und ( rechts) die inzwischen im Rohbau fertiggest­ellte Tiefgarage.
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