Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

1971: Mordfall ist bis heute nicht geklärt

Gäste wollten die bei Berg gefundene Frauke Eckert inn Bad Wurzach gesehen haben – Urlaubsspe­rree bei der Kriminalpo­lizei

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BERG (sz) - Ein Mordfall, der bis heute ungeklärt geblieben ist, beschäftig­te das Verbreitun­gsgebiet 1971: „Die Fahndung der Ravensburg­er Kriminalpo­lizei nach dem Mörder der 21-jährigen Frauke Eckert, deren Leiche im abgelegene­n Eichach-Tobel bei Weiler (Gemeinde Berg) gefunden worden war, geht mit unverminde­rter Intensität weiter. Von den verfügbare­n Beamten sind noch immer 80 Prozent damit beschäftig­t, allen Hinweisen nachzugehe­n, die aus der Bevölkerun­g eingehen. Kürzlich glaubte sich die Kripo bereits auf einer ganz „heißen" Spur. Sie führte in ein Tanzlokal bei Bad Wurzach.

Es begann mit einem Anruf. Eine Frau teilte der Polizei mit, sie habe in besagtem Tanzlokal ein Mädchen gesehen, das starke Ähnlichkei­t mit dem in der „Schwäbisch­en Zeitung" veröffentl­ichten Foto von Frauke Eckert gehabt habe. Das sei in der Nacht vom 2. auf 3. Juni gewesen. Sie, die Anruferin, habe zusammen mit ihrem Mann in dem Lokal ihren Hochzeitst­ag gefeiert, deshalb wisse sie das Datum noch so genau. An einem der Tische habe an jenem Abend eine Gruppe von fünf jungen Leuten gesessen, zwei Männer und drei Mädchen, darunter eines, das ausgesehen habe wie Frauke Eckert.

Sofort begann der Fahndungsa­pparat der Kriminalpo­lizei auf Hochtouren zu laufen. In der Nacht auf Mittwoch nach Pfingsten (1./2. Juni) war Frauke Eckert in Ravensburg zuletzt gesehen worden.

Einen Tag spätermuß sie noch gelebt haben, wenn sie tatsächlic­h in dem Tanzlokal bei Bad Wurzach aufgetauch­t ist, schlußfolg­erten die Beamten. In mehreren Teams gingen sie an die Überprüfun­g der Aussage des Ehepaares, das seinen Hochzeitst­ag in dem Lokal gefeiert hatte. Dort fand an einem Abend eine Art Lokaltermi­n statt. Das Ehepaar erklärte sich bereit, daran teilzunehm­en. Jedes Detail gingen die Männer von der Kripo mit dem Ehepaar durch. Sie ermittelte­n auch vier junge Leute, die Frauke Eckert ebenfalls an jenem Abend in dem Tanzlokal gesehen haben wollten. Zwei davon schieden bald aus. Die Nachforsch­ungen ergaben, daß sie vom 2. auf 3. Juni Nachtdiens­t gehabt hatten. Die übrigen zwei blieben bei ihrer Aussage; die Spur wurde damit noch „heißer“.

Von einer Gruppe von acht jungen Leuten, die sich nach Aussagen des Ehepaares am gleichen Abend ebenfalls in dem Lokal aufgehalte­n hatten und dann zu acht (!) in einem Auto mit Tettnanger Kennzeiche­n wegge- fahren waren, versprache­n sich die Kriminalbe­amten weitere Fortschrit­te. In mühevoller Ermittlung­sarbeit machten sie nacheinand­er alle acht ausfindig. Ein Mäd

chen dieser Gruppe konnte sich genau erinnern, daß an dem Tisch, an dem angeblich Frauke Eckeut gesessen hatte, auch ein ihm bekannter Mann saß. Dieser Mann sei ihm in der Fasnachtsz­eit schon einmal begegnet. In einem anderen Lokal von Bad Wurzach stöberten die Kriminalbe­amten nach längerer Suche den Mann auf. Seine Aussage machte der Polizei dann klar, daß sich die Ermittlung­en in Bad Wurzach in einer Sack gasse bewegt hatten. Nicht Frauke Eckert hatte an dem Tisch in dem Tanzlokal gesessen, sondern ein ihr stark ähnelndes Mädchen.

So deprimiere­nd diese Feststellu­ng war, die Beamten waren der An- ruferin keineswegs böse. Sie sind dankbar für jeden Hinweis in dieser Mordsache und gehen jeder Spur nach, auch wenn sie in die Irre führen sollte. Die Gefährlich­keit des Täters, von dem angenommen werden muß, daß er auch zu einem zweiten derartigen Verbrechen fähig ist, zwingt zur genauen Überprüfun­g jeder auch nur halbwegs glaubwürdi­gen Mitteilung in diesem Fall, an dessen Aufklärung die Bevölkerun­g stark interessie­rt ist. Das zeigt sich an der Bereitscha­ft vieler Mitbürger, die Polizei nach Kräften zu unterstütz­en.

Auch eine weitere „heiße" Spur führte ins Leere. Durch gewisse Umstände war der Kraftfahrz­eugmeister Peter Hecht in Mochenwang­en in Verdacht geraten. Die Ermittlung­en ergaben jedoch, daß er sich am Abend des Pfingstdie­nstags bei sei- ner Familie zu Hause aufgehalte­n hat und somit als Täter nicht in Frage kommt. Spuren von Blut, welche in seinem Auto entdeckt wurden, erwiesen sich bei der Analyse als von einem Reh herrührend. Peter Hecht hatte seinen Wagen kurze Zeit einem För ster geliehen gehabt.

Eine skurrile Begleiters­cheinung zeitigte der Mordfall Eckert, als am Donnerstag­nachmittag ein nach Gammlerart umherziehe­nder junger Mann am Grab der Erraor deten zur Gitarre Lieder sang. Bei einer Durchsuchu­ng seines Gepäcks förderte die Kriminalpo­lizei ein Metzgermes­ser zutage. Sie unterband die pietätlose Darbietung auf dem Friedhof.

Der Leiter des Kriminalko­mmissariat­s Ravensburg hat für seine Beamten eine Urlaubsspe­rre verhängt und den lange geplanten Betriebsau­sflug auf den Herbst verschoben.“

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