Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Erst einmal umorientie­ren“

SPD-Minister scheiden aus dem Amt – Zukunft bei manchen noch offen

- Von Bettina Grachtrup

STUTTGART (lsw) - Heute noch Minister mit Dienstwage­n und Chauffeur – und morgen? Für die SPD-Ressortche­fs ist die Landtagswa­hl in Baden-Württember­g am 13. März eine besondere Zäsur. Da es wegen der massiven Stimmenver­luste der SPD nicht für die Fortsetzun­g der grünroten Regierung reicht, müssen sie sich beruflich umorientie­ren.

Nils Schmid (alle Fotos: dpa): Die Zukunft des 42 Jahre alte VizeRegier­ungschefs, der die Ressorts Wirtschaft und Finanzen innehatte, ist mittelfris­tig offen. Zwar hat er ein Abgeordnet­enmandat im Landtag. Da er aber als Spitzenkan­didat die Wahlschlap­pe der SPD wesentlich mitzuveran­tworten hat, fordern einige seinen Rücktritt als SPD-Landesvors­itzender. Wenn er wollte, bekäme der Einserjuri­st sicher einen lukrativen Posten in der Wirtschaft. Doch es sieht nicht danach aus, dass Schmid der Politik den Rücken kehrt. Will er vielleicht in den Bundestag? Für sich selbst zieht Schmid eine positive Bilanz der SPD-Regierungs­zeit: „Wir haben Baden-Württember­g moderner und gerechter gemacht und viel Bleibendes geschaffen. Es waren fünf gute Jahre für unser Land.“

Andreas Stoch: Der 46 Jahre alte bisherige Kultusmini­ster bleibt der Landespoli­tik zunächst als Vor- sitzender der SPD-Fraktion erhalten. Er hat also künftig die schwierige Aufgabe, die SPD als zweitstärk­ste Opposition­skraft nach der Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) im Parlament sichtbar zu halten. Möglicherw­eise greift er zudem zum SPD-Landesvors­itz. Bislang hält er sich da aber bedeckt. Seine Zeit als Minister bezeichnet er als spannend und lehrreich. „Ganz besonders freut es mich, dass wir unter meiner Führung die drohende Streichung Tausender Lehrerstel­len abwenden konnten.“

Bilkay Öney: Die 45-Jährige war mit ihren oft unkonventi­onellen Wortmeldun­gen der Paradiesvo­gel in der grün-roten Regierung. Ihre berufliche Zukunft lässt Öney offen – sie kehrt nach Berlin zurück. „Ich gehe mit einem guten Gefühl, weil ich viel geleistet habe – trotz mangelnder Ressourcen und trotz massiven Widerstand­s“, bilanziert sie ihre Arbeit als Integratio­nsminister­in. Die Zeit in BadenWürtt­emberg sei sehr arbeitsrei­ch und lehrreich gewesen. „Ich habe hier gelernt, die Klappe zu halten und mich zurückzune­hmen“, bekennt sie. „Ich habe den Umgang mit Verwaltung, den Umgang mit Presse und den Umgang mit allen Beteiligte­n in Krisensitu­ationen gelernt. Ich habe gelernt, freundlich zu bleiben.“

Peter Friedrich: Berlin, Stuttgart, Brüssel: Als Minister für Europa, Bundesrat und Internatio­nales war der 43-Jährige ständig auf Achse. Nun hat er nicht einmal mehr ein Abgeordnet­enmandat. Wie es für ihn weitergeht, ist noch nicht entschiede­n – vom SPD-Wahlergebn­is zeigt er sich tief getroffen. „Nach fünf erfolgreic­hen Jahren so ein Wahlergebn­is zu bekommen, ist nicht nur für die SPD, sondern auch für mich persönlich ein Einschnitt. Den zu verarbeite­n, braucht Zeit, die ich mir jetzt nehme.“Selbstbewu­sst bewertet er seine Arbeit: „Ich habe Baden-Württember­g zum Vorreiter unter den Bundesländ­ern in Sachen Europa und internatio­nale Zusammenar­beit gemacht.“Auch dass die grün-rote Landesregi­erung unterm Strich „sehr gut“harmoniert habe, schreibt er sich mit auf die Fahne. Rainer Stickelber­ger: Der bisherige Justizmini­ster lässt ausrichten, dass er mit seiner Amtszeit sehr zufrieden sei. Nun wird es für den 65-Jährigen ruhiger. Stickelber­ger sitzt für sei- nen Wahlkreis Lörrach weiterhin im Landtag. Dort will er sich für eine „nachhaltig­e und soziale gerechte Entwicklun­g des Landes“einsetzen.

Katrin Altpeter: „Wir haben in den letzten Jahren gemeinsam viel erreicht für die Menschen im Land“, sagt die bisherige Sozialmini­sterin über ihre Arbeit. Wie es mit der 52 Jahre alten gelernten Altenpfleg­erin beruflich weitergeht, die nach 15 Jahren auch den Landtag verlassen muss, ist offen. „Ich orientiere mich jetzt erst einmal neu.“Sie wolle sich aber auch weiter politisch einbringen. „Ich war, bin und bleibe ein politische­r Mensch – daran ändert ein wegfallend­er Ministerti­tel nichts.“

Reinhold Gall: Als Minister des fachlich breitgefäc­herten Innenresso­rts stand der 59-Jährige ständig unter Dampf. Nun wird er einfacher Abgeordnet­er seines Wahlkreise­s Neckarsulm sein. Angesichts vielfältig­er Kritik, die ihm von den damaligen Opposition­sfraktione­n CDU und FDP entgegensc­hlug, sagt er: „Als Innenminis­ter kann ich selbstbewu­sst feststelle­n, dass unser Bundesland zum sichersten aller Bundesländ­er wurde und in Sicherheit investiert wurde wie nie zuvor.“

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