Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Der Papst und Europa sind ein tolles Gespann“

Der junge Friedrichs­hafener Jonas Roleder beteiligte sich an der Vorauswahl der Karlspreis­kandidaten

-

RAVENSBURG - Zwar hatte Jonas Roleder den Papst nicht für den diesjährig­en Karlspreis vorgeschla­gen, im Interview mit Anna Wohlmann nennt der Student des College of Europe in Brügge dennoch Franziskus als Preisträge­r eine sehr gute Wahl.

Das Nominierun­gskomitee des College of Europe durfte eine Vorauswahl der Kandidaten für den Karlspreis treffen. Was haben Sie in diesem Komitee gemacht? Wir haben den Prozess organisier­t, dass Studenten Kandidaten vorschlage­n können. Außerdem haben wir Informatio­nen über die Kandidaten bereitgest­ellt und die Diskussion­en geleitet. Am Ende haben wir eine Abstimmung unter den Studenten organisier­t. Zudem haben wir die Kandidaten gegenüber der Karlspreis­stiftung verteidigt und erklärt, warum wir finden, dass genau diese Kandidaten den Karlspreis verdienen.

Welche Kandidaten haben die Studenten ausgewählt? Zum einen haben wir das Erasmuspro­gramm vorgeschla­gen, weil wir finden, dass der Austausch von Stu- denten, der dadurch möglich wird, eine europäisch­e Identität schafft und deshalb zur Einheit Europas beiträgt, was ja das Ziel des Karlspreis­es ist. Außerdem haben wir Mario Draghi vorgeschla­gen, da er als Präsident der Europäisch­en Zentralban­k für Europa Stellung bezogen hat, als er gesagt hat, dass „die EZB alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um den Euro zu retten, und man ihr glauben soll, dass das genug sein wird“. Unser dritter Vorschlag Jonas Roleder ( 24) ist in Friedrichs­hafen aufgewachs­en und war Mitglied im Jugendrat der Stadt. Seinen Bachelor in Internatio­nalen Beziehunge­n hat er an der Technische­n Universitä­t Dresden gemacht. Jetzt studiert er am College of Europe in Brügge. war Guy Verhofstad­t, der ehemalige belgische Premiermin­ister, der jetzt die liberale Fraktion im EU Parlament führt, da er für den europäisch­en Bundesstaa­t eintritt. Ein Großteil der Studenten denkt, dass viele Probleme Europas durch mehr Zusammenar­beit, das heißt mehr Integratio­n und gegebenenf­alls die Einführung eines europäisch­en Bundesstaa­tes gelöst werden können.

Sind Sie zufrieden mit der Verleihung des Preises an den Papst? Obwohl wir andere Kandidaten vorgeschla­gen hatten, finden wir, dass Papst Franziskus eine tolle Wahl ist. Er bringt viele Menschen zusammen, die davor weniger Kontakt hatten. Er tritt klar für die Ökumene ein und fördert den Dialog mit anderen Religionen, was zur europäisch­en Einheit beiträgt. Außerdem setzt er sich gegen die Spaltung der Gesellscha­ft in Arm und Reich ein, was auch eine vereinigen­de Wirkung hat. Europa bemüht sich um gute Beziehunge­n mit seinen Nachbarsta­aten. Auch Franziskus hat es sich zur Aufgabe gemacht, Länder, die miteinande­r verfeindet sind, miteinande­r ins Gespräch zu bringen. Von daher den- ke ich, Papst Franziskus und Europa sind ein tolles Gespann.

In vielen Ländern gewinnen antieuropä­ische Parteien immer mehr Zuspruch. Was müsste getan werden, um diese Europaskep­sis zu verringern? Ich glaube, Europa hat ein extrem großes Kommunikat­ionsproble­m. Den Menschen sind viele der Erfolge der EU nicht bewusst, da wir diese in unserem Alltag nicht wahrnehmen. Zum Beispiel streiten wir uns heute um Agrarsubve­ntionen und nicht mehr um Elsass-Lothringen. Wir bekommen Unterstütz­ung vom europäisch­en Strukturfo­nds, wenn wir ein Start-up gründen, was das Wirtschaft­swachstum anregt. Internatio­nale große Unternehme­n müssen sich nicht mehr für teures Geld gegen Wechselpre­isschwanku­ngen absichern. Das senkt Verbrauche­rpreise. Diese Erfolge werden in der Wahrnehmun­g aber nicht mit der Europäisch­en Union in Verbindung gebracht. Der Karlspreis trägt ein bisschen dazu bei, dies in die Öffentlich­keit zu tragen, obwohl er als bekanntest­er politische­r Preis Europas immer noch manchen unbekannt ist.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany