Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Hillary Clinton nimmt Kampf gegen Trump auf
Ex-Außenministerin stellt sich auf Finale im Wettlauf um die US-Präsidentschaft gegen Immobilienmagnaten ein
WASHINGTON - Hillary Clinton steht vor den chromglänzenden Tanks einer Mikrobrauerei in Athens, Ohio, und erzählt von ihrer Reise durch die Kohleregion der Appalachen mit ihrem Lokalpatriotismus, ihrer mancherorts bitteren Armut. „Ich habe Leute getroffen, die zu Recht Dank erwarten dafür, dass sie, ihre Eltern und Großeltern dieses Land aufgebaut haben“, sagt sie.
Es ist der Tag, an dem Donald Trump die Kandidatur der Republikaner fürs Weiße Haus gewinnt. Es ist der Tag, an dem er die Vorwahlen in Indiana, im Rostgürtel-Milieu der fragmentarisch vorhandenen Industrie, so klar für sich entscheidet, dass seine Kontrahenten Ted Cruz und John Kasich aufgeben. Es ist der Tag, an dem praktisch feststeht, wer im Herbst das Finale ums Weiße Haus bestreitet: Eine frühere First Lady, Senatorin und Außenministerin wird gegen einen Immobilienmagnaten antreten, der noch nie ein Wahlamt innehatte. Eine Symbolfigur des Establishments gegen einen Seiteneinsteiger, der das Establishment zur Wurzel allen Übels erklärt.
Auch wenn die Favoritin der Demokraten noch nicht ganz am Ziel ist, auch wenn sich ihr hartnäckiger Rivale Bernie Sanders noch nicht geschlagen gibt, an ihrem Sieg im parteiinternen Wettlauf gibt es kaum noch Zweifel. Clinton ist mit ihren Gedanken längst beim Finale, ihr Gegner heißt nunmehr Trump, und schon ihr Auftritt in Jackie O’s Brewery deutet an, mit welchen Waffen sie ihn zu schlagen gedenkt.
Schrille Stimme der Vergessenen „Ich habe verstanden“, signalisiert sie den Malochern, von denen viele in dem Milliardär aus New York ihren neuen Helden gefunden haben, der auf politische Korrektheit pfeift und dem sie es zutrauen, den Status quo aufzumischen. Trump gibt der Enttäuschung der wirtschaftlich Abgehängten, ihrer Verzweiflung an einem Politikbetrieb, in dem Demokraten und Republikaner einander nur noch blockieren, eine schrille Stimme. Clinton versucht, die Vergessenen zurück auf ihre Seite zu ziehen. „Ich weiß, so viele Politiker haben so viele Versprechen gegeben, die dann nicht gehalten wurden. Bei mir wird das anders sein“, beteuert sie in Athens. Und sie fordert Trump auf, konkret darzulegen, wie er praktisch durchsetzen wolle, was er in großen Sprüchen verkünde.
Eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen und die Mexikaner dafür zahlen lassen? Wie soll das gehen? Den Exporteur China mit 45-prozentigen Zöllen ausbremsen, ohne einen Handelskrieg mit unabsehbaren Folgen vom Zaun zu brechen? In welcher Welt lebt der Mann eigentlich? Trump, bringt Hillary Clinton es am Mittwochabend in einem Interview auf den Punkt, bedeute ein großes Risiko, das sich Amerika einfach nicht leisten könne. Der Mann sei unberechenbar, „eine lose Kanone, und lose Kanonen neigen zu Fehlzündungen“, sagt die Demokratin.