Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schäuble sieht keinen Spielraum

Trotz mehr Steuereinn­ahmen als geplant denkt der Finanzmini­ster nicht an Senkungen

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Das Plus fällt höher aus als gedacht. Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU), seine Länderkoll­egen und die Stadtkämme­rer können sich über üppige Steuermehr­einnahmen freuen. Bund, Länder und Gemeinden werden – anders als im November 2015 prognostiz­iert – in den nächsten Jahren viel mehr Geld einnehmen als berechnet. Schäuble sieht dennoch keinen Spielraum für Steuerentl­astungen. Dem Arbeitskre­is Steuerschä­tzungen gehörten Fachleute der Finanzmini­sterien von Bund und Ländern, der Wissenscha­ft, des Statistisc­hen Bundesamte­s und der Bundesbank an. Angesichts der finanzpoli­tischen Herausford­erungen, vor allem den Milliarden­ausgaben für die Flüchtling­shilfe, aber auch vor dem Hintergrun­d einer unsicheren weltwirtsc­haftlichen Entwicklun­g, stehen die Zahlen unter erhebliche­m Vorbehalt.

Wie fallen die jüngsten Prognosen der Steuerschä­tzer aus? Der Bundesfina­nzminister erwartet etwa fünf Milliarden Euro mehr an Steuern pro Jahr. Für das laufende Jahr 2016 rechnet Schäuble mit Steuereinn­ahmen von 691,2 Milliarden Euro – ein Plus von gut fünf Milliarden Euro. Davon gehen zwei Milliarden an den Bund, 2,4 Milliarden an die Länder und 700 Millionen Euro in die kommunalen Haushalte. Im November hatten die Schätzer mit nur 671,7 Milliarden Euro gerechnet. Der Grund für den Geldsegen: die Rekordzahl an Erwerbstät­igen und eine anhaltend gute Konjunktur. Vor allem die Binnennach­frage, insbesonde­re der Konsum, ist stabil. Mittelfris­tig rechnen die Experten mit stetig steigenden Steuereinn­ahmen auf Rekordnive­au. 2020 sollen es 808 Milliarden Euro sein, die in die öffentlich­en Kassen fließen – 42,4 Milliarden Euro mehr als im November geschätzt. Die Berechnung­en basieren auf den gesamtwirt­schaftlich­en Prognosen von 1,7 Prozent Wachstum in 2016 und 1,5 Prozent in den folgenden Jahren.

Bleibt es bei der „Schwarzen Null“und dem Ziel eines Haushalts ohne Neuverschu­ldung auf Dauer? Nach Schäubles Ansicht lässt sich die „Schwarze Null“, ein Etat ohne Neuverschu­ldung, trotz der finanziell­en Belastunge­n durch die Flüchtling­skrise im Haushalt des Bundes in diesem und auch im nächsten Jahr erreichen, sollte sich die konjunktur­elle Entwicklun­g nicht plötzlich eintrüben. „Das schaffen wir, wenn alles gut geht“, erklärte der CDU-Politiker, machte Ländern und Kommunen allerdings wenig Hoffnung, dass ihre Forderung nach zusätzlich­en Hilfen des Bundes für die Aufnahme und Integratio­n von Flüchtling­en erfüllt werde.

Wird es Entlastung­en für die Steuerzahl­er geben? Trotz des Rekord-Steueraufk­ommens sieht Schäuble hier keinen Spielraum. „Bund, Länder und Kommunen stehen unter außergewöh­nli- chen Anforderun­gen“, sagte der Finanzmini­ster. So müssten etwa die Flüchtling­skrise gemeistert und der Tarifabsch­luss im öffentlich­en Dienst geschulter­t werden. Der CDU-Politiker verwies zudem auf einen Beschluss der 16 Bundesländ­er, keinen Maßnahmen zuzustimme­n, die das Steueraufk­ommen reduzieren würden. Auch die Haushaltsu­nd Finanzexpe­rten der Koalitions­fraktionen sprachen sich gegen Steuersenk­ungen aus. Der Bund der Steuerzahl­er dagegen fordert ein Ende des Solidaritä­tszuschlag­es, um die Steuerzahl­er zu entlasten. Finanzmini­ster Schäuble verweist auf die von der Koalition bereits verabschie­deten Steuererle­ichterunge­n beim steuerlich­en Grundfreib­etrag und dem Kinderfrei­betrag, aber auch den Abbau der sogenannte­n kalten Progressio­n. Diese führten bereits zu Entlastung­en der Steuerzahl­er von rund fünf Milliarden Euro pro Jahr.

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FOTO: DPA Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble ( CDU) rechnet für das laufende Jahr mit Steuereinn­ahmen von 691,2 Milliarden Euro.

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