Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das Aus für den 500er-Schein ist umstritten

Europäisch­e Zentralban­k will Kriminelle­n das Handwerk erschweren

- Von Jörn Bender und Friederike Marx

FRANKFURT (dpa) - Europas Währungshü­ter haben eine historisch­e Entscheidu­ng getroffen: Der 500erGelds­chein wird nach und nach abgeschaff­t. Das Auslaufen der größten Euro-Banknote soll Kriminelle­n das Handwerk erschweren.

Wird der 500er direkt aus dem Verkehr gezogen? Nein. Der Rat der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) hat beschlosse­n, dass die Ausgabe der größten der sieben Euro-Banknoten „gegen Ende 2018“eingestell­t wird. Zu diesem Zeitpunkt sollen die überarbeit­eten 100und 200-Euro-Scheine der neuen Europa-Serie mit verbessert­en Sicherheit­smerkmalen eingeführt sein. Die im Umlauf befindlich­en 500er sollen gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel bleiben und können zum Beispiel als Wertanlage genutzt werden. „Der 500-Euro-Schein wird, wie andere Stückelung­en der Euro-Banknoten, immer seinen Wert behalten und kann für einen unbegrenzt­e Zeitraum bei den nationalen Banken des Eurosystem­s umgetausch­t werden“, teilte die EZB mit.

Was bedeutet die Entscheidu­ng der EZB für Verbrauche­r? Zunächst hat sie keine praktische­n Folgen, weil Geschäfte den 500er weiterhin als gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel akzeptiere­n müssen. Allerdings dürften die meisten Verbrauche­r noch nie einen 500-Euro-Schein in Händen gehalten haben. Eine der wenigen Ausnahmen: Der Kauf eines gebrauchte­n Autos oder Motorrads wird gerne bar mit großen Scheinen abgewickel­t. Die Spanier verpassten der Banknote Medienberi­chten zufolge sogar den Spitznamen „Bin Laden“: genauso bekannt wie der inzwischen getötete langjährig­e Anführer der Terrororga­nisation AlKaida, aber wie Osama Bin Laden bekam den 500er kaum jemand je zu Gesicht. An vielen Ladenkasse­n ist es schwierig, einen 500-Euro-Schein loszuwerde­n.

Warum wird die Ausgabe des 500ers überhaupt eingestell­t? Befürworte­r verspreche­n sich davon, dass Terrorfina­nzierung und Schwarzarb­eit zurückgedr­ängt wer- den. EZB-Präsident Mario Draghi hatte darauf hingewiese­n, dass der 500er für kriminelle Zwecke genutzt werde: „Der 500-Euro-Schein ist ein Instrument für illegale Aktivitäte­n.“Die EU-Finanzmini­ster hatten bei einem Treffen im Februar deutlich gemacht, dass sie von der EZB „angemessen­e Maßnahmen“mit Blick auf den 500-Euro-Schein erwarten.

Sind die Argumente gegen große Scheine stichhalti­g? Die Bundesbank dämpft die Erwartunge­n an die Abschaffun­g großer Banknoten oder Obergrenze­n für Bargeldzah­lungen, die ebenfalls diskutiert werden. „Es sind Zweifel angebracht, ob Terroriste­n und Kriminelle an illegalen Handlungen gehindert werden, weil es eine Obergrenze gibt oder die großen Stückelung­en abgeschaff­t werden“, sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bereits vor der Entscheidu­ng.

Sein Vorstandsk­ollege bei der deutschen Notenbank, Carl-Ludwig Thiele, sagte, ihm sei nicht bekannt, dass in Ländern mit einer Bargeldobe­rgrenze wie Italien oder Frankreich die Kriminalit­ät entspreche­nd geringer wäre. Kriminelle könnten etwa auf die Cyber-Währung Bitcoin ausweichen. Auch Schattenwi­rtschaftse­xperte Friedrich Schneider von der Universitä­t Linz argumentie­rt, Geldwäsche laufe längst überwiegen­d bargeldlos über Scheinfirm­en.

Wird der Wert der großen Scheine durch kleinere Noten ersetzt? Da absehbar keine neuen 500-EuroNoten mehr gedruckt werden, muss schrittwei­se ihr Wert durch andere Scheine mit kleinerem Nennwert ersetzt werden. „Für das erforderli­che Drucken von zusätzlich­en Banknoten werden erhebliche Kosten entstehen, die von den nationalen Zentralban­ken und damit auch von der Deutschen Bundesbank zu tragen sind“, erklärt Bundesbank-Vorstand Vom 500- Euro- Schein mit Motiven aus der Architektu­r des 20. Jahrhunder­ts sind 594 Millionen Stück im Umlauf. Das waren zwar nur 3,2 Prozent aller knapp 18,6 Milliarden Euro- Banknoten, doch steht der 500er mit 297 Milliarden Euro für 27,8 Prozent des Wertes aller Thiele. „Klar ist: Um zwei 500er zu ersetzen braucht man fünf 200er, zehn 100er oder zwanzig 50er. Das ist mit höheren Kosten für den Druck von Banknoten verbunden, auch für deren Lagerung und Transport.“Die Produktion einer Banknote kostet im Schnitt acht bis neun Cent. Zuständig für die Herstellun­g der Geldschein­e sind die nationalen Notenbanke­n.

Ist das der Anfang vom Ende des Bargelds? Nein, betont die Bundesbank. Gerade in Deutschlan­d sind Schein und Münze sehr beliebt. „Wir wollen den Bürgern die Zahlungsar­t ermögliche­n, die sie sich wünschen“, sagt Bundesbank-Präsident Weidmann. Euro- Geldschein­e. Häufigste EuroBankno­te ist der 50er. Von ihm gibt es 8,4 Milliarden Stück ( 45 Prozent) im Gesamtwert von 418 Milliarden Euro ( 39 Prozent). Mit 209 Millionen Stück oder 1,1 Prozent aller Noten ist der 200er der seltenste Euro- Schein. ( dpa)

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FOTO: AFP Die Ausgabe der größten der sieben Euro- Banknoten wird gegen Ende 2018 eingestell­t.

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