Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das Aus für den 500er-Schein ist umstritten
Europäische Zentralbank will Kriminellen das Handwerk erschweren
FRANKFURT (dpa) - Europas Währungshüter haben eine historische Entscheidung getroffen: Der 500erGeldschein wird nach und nach abgeschafft. Das Auslaufen der größten Euro-Banknote soll Kriminellen das Handwerk erschweren.
Wird der 500er direkt aus dem Verkehr gezogen? Nein. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat beschlossen, dass die Ausgabe der größten der sieben Euro-Banknoten „gegen Ende 2018“eingestellt wird. Zu diesem Zeitpunkt sollen die überarbeiteten 100und 200-Euro-Scheine der neuen Europa-Serie mit verbesserten Sicherheitsmerkmalen eingeführt sein. Die im Umlauf befindlichen 500er sollen gesetzliches Zahlungsmittel bleiben und können zum Beispiel als Wertanlage genutzt werden. „Der 500-Euro-Schein wird, wie andere Stückelungen der Euro-Banknoten, immer seinen Wert behalten und kann für einen unbegrenzte Zeitraum bei den nationalen Banken des Eurosystems umgetauscht werden“, teilte die EZB mit.
Was bedeutet die Entscheidung der EZB für Verbraucher? Zunächst hat sie keine praktischen Folgen, weil Geschäfte den 500er weiterhin als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptieren müssen. Allerdings dürften die meisten Verbraucher noch nie einen 500-Euro-Schein in Händen gehalten haben. Eine der wenigen Ausnahmen: Der Kauf eines gebrauchten Autos oder Motorrads wird gerne bar mit großen Scheinen abgewickelt. Die Spanier verpassten der Banknote Medienberichten zufolge sogar den Spitznamen „Bin Laden“: genauso bekannt wie der inzwischen getötete langjährige Anführer der Terrororganisation AlKaida, aber wie Osama Bin Laden bekam den 500er kaum jemand je zu Gesicht. An vielen Ladenkassen ist es schwierig, einen 500-Euro-Schein loszuwerden.
Warum wird die Ausgabe des 500ers überhaupt eingestellt? Befürworter versprechen sich davon, dass Terrorfinanzierung und Schwarzarbeit zurückgedrängt wer- den. EZB-Präsident Mario Draghi hatte darauf hingewiesen, dass der 500er für kriminelle Zwecke genutzt werde: „Der 500-Euro-Schein ist ein Instrument für illegale Aktivitäten.“Die EU-Finanzminister hatten bei einem Treffen im Februar deutlich gemacht, dass sie von der EZB „angemessene Maßnahmen“mit Blick auf den 500-Euro-Schein erwarten.
Sind die Argumente gegen große Scheine stichhaltig? Die Bundesbank dämpft die Erwartungen an die Abschaffung großer Banknoten oder Obergrenzen für Bargeldzahlungen, die ebenfalls diskutiert werden. „Es sind Zweifel angebracht, ob Terroristen und Kriminelle an illegalen Handlungen gehindert werden, weil es eine Obergrenze gibt oder die großen Stückelungen abgeschafft werden“, sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bereits vor der Entscheidung.
Sein Vorstandskollege bei der deutschen Notenbank, Carl-Ludwig Thiele, sagte, ihm sei nicht bekannt, dass in Ländern mit einer Bargeldobergrenze wie Italien oder Frankreich die Kriminalität entsprechend geringer wäre. Kriminelle könnten etwa auf die Cyber-Währung Bitcoin ausweichen. Auch Schattenwirtschaftsexperte Friedrich Schneider von der Universität Linz argumentiert, Geldwäsche laufe längst überwiegend bargeldlos über Scheinfirmen.
Wird der Wert der großen Scheine durch kleinere Noten ersetzt? Da absehbar keine neuen 500-EuroNoten mehr gedruckt werden, muss schrittweise ihr Wert durch andere Scheine mit kleinerem Nennwert ersetzt werden. „Für das erforderliche Drucken von zusätzlichen Banknoten werden erhebliche Kosten entstehen, die von den nationalen Zentralbanken und damit auch von der Deutschen Bundesbank zu tragen sind“, erklärt Bundesbank-Vorstand Vom 500- Euro- Schein mit Motiven aus der Architektur des 20. Jahrhunderts sind 594 Millionen Stück im Umlauf. Das waren zwar nur 3,2 Prozent aller knapp 18,6 Milliarden Euro- Banknoten, doch steht der 500er mit 297 Milliarden Euro für 27,8 Prozent des Wertes aller Thiele. „Klar ist: Um zwei 500er zu ersetzen braucht man fünf 200er, zehn 100er oder zwanzig 50er. Das ist mit höheren Kosten für den Druck von Banknoten verbunden, auch für deren Lagerung und Transport.“Die Produktion einer Banknote kostet im Schnitt acht bis neun Cent. Zuständig für die Herstellung der Geldscheine sind die nationalen Notenbanken.
Ist das der Anfang vom Ende des Bargelds? Nein, betont die Bundesbank. Gerade in Deutschland sind Schein und Münze sehr beliebt. „Wir wollen den Bürgern die Zahlungsart ermöglichen, die sie sich wünschen“, sagt Bundesbank-Präsident Weidmann. Euro- Geldscheine. Häufigste EuroBanknote ist der 50er. Von ihm gibt es 8,4 Milliarden Stück ( 45 Prozent) im Gesamtwert von 418 Milliarden Euro ( 39 Prozent). Mit 209 Millionen Stück oder 1,1 Prozent aller Noten ist der 200er der seltenste Euro- Schein. ( dpa)