Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Länder fordern Notmaßnahmen für Bauern
Agrarministerkonferenz will Mengenreduzierung der Milch mit Entschädigung
BERLIN - Angesichts gesunkener Milchpreise fordert NordrheinWestfalen vom Bund Notmaßnahmen für die deutschen Bauern. „Bundesminister Christian Schmidt muss schnellstmöglich die Forderungen der Agrarministerkonferenz umsetzen und eine freiwillige Vereinbarung zwischen Molkereien und Milchbauern zur Milchmengenreduzierung auf den Weg bringen“, erklärte NRW-Agrarminister Johannes Remmel (Bündnis 90/Grüne) im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Für das Einfrieren oder die Reduzierung der Produktion sieht die EUKommission in ihren Beschlüssen befristete Beihilferegelungen vor: „Wenn diese Maßnahmen bis zum Sommer nicht funktionieren, muss der Bund eine entschädigungslose Mengenbegrenzung europäisch durchsetzen und endlich umsetzen."
Die Milchpreise seien „ruinös“, weil zu viel Milch auf dem Markt sei. „Von Erzeugerpreisen um die 20 Cent pro Liter kann keine bäuerliche Familie leben“, sagte Remmel. „Das ist kein Strukturwandel mehr, sondern bedeutet Strukturbruch mit katastrophalen Folgen für den ländlichen Raum und unsere nordrheinwestfälischen Grünlandregionen.“Wenn sich das fortsetze, werde bald keine Kuh mehr auf der Weide grasen: „Hier werden am Ende die Verbraucherinnen und Verbraucher die- se Preispolitik der Discounter und Zwischenhändler zahlen.“Die Discounter Aldi und Norma hatten die Preise für einen Liter frische Vollmilch von 59 auf 46 Cent gesenkt – um fast 25 Prozent. Die Bauern erhalten derzeit je Liter rund 20 Cent, in einigen Regionen auch weniger.
Bayern sieht Brüssel in der Pflicht Auch Niedersachsen fordert Notmaßnahmen. „Wir befinden uns mitten in einer dramatischen Marktkrise, die Niedrigpreise sind für immer mehr Milchbauern existenzbedrohend. Der Bund muss endlich handeln und die Forderungen der Länder umsetzen“, so Landesagrarminister Christian Meyer (Bündnis 90/ Grüne). „Die Milchmenge am Markt ist zu hoch und muss runter.“Die Agrarministerkonferenz (AMK) habe ein Programm zur freiwilligen Mengenreduzierung mit Entschädigung gefordert. Alle Hilfen an die Bauern, etwa Bürgschaften, müssten an Mengenkürzungen gekoppelt werden: „Wenn der Erzeugerpreis bis zur nächsten AMK im Herbst nicht steigt, muss es eine EU-weite staatliche Mengenreduzierung geben, die befristet sein wird, aber auch mit Sanktionen für Bauern verbunden ist, die sich nicht daran halten.“
Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) erklärte, bei den Soforthilfen für die Bauern sei in erster Linie Brüssel gefragt, denn man habe es mit einer europaweiten Krise zu tun. „Aber auch der Bund ist gefordert, einen Beitrag zu leisten: indem er eigene zusätzliche Mittel für Liquiditätshilfeprogramme bereitstellt, auf Dauer höhere Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung gewährt und den Betrieben steuerliche Erleichterungen ermöglicht – beispielsweise eine steuerfreie Rücklagenbildung für Krisenzeiten“, so Brunner weiter.